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Thema: tradition rechtfertigt alles??

  1. #1
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    Standard tradition rechtfertigt alles??

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    hallo,

    ich bin mir sicher, hier hat noch jemand die galileo-sendung gesehen, in welcher ein deutscher ex-häftling und zahnarzt nun ureinwohner bereist und diese fotografiert und filmt und deren traditionen erforscht.

    geläufig waren mir natürlich die lippenpflöcke und lippenteller, tätowierungen und "piercings" der ureinwohner. damit habe ich natürlich kein problem - da dieser schmuck zwar nicht wirklich freiwillig angelegt wird - wird ja den kindern schon erstmal gemacht. ("giraffenhalsfrauen").

    allerdings hat mich eine tradition doch ziemlich schockiert. hier wurde gezeigt, dass den frauen dieses stammes als zeichen der trauer, wenn ein angehöriger verstorben war, jedesmal das vordere stück des fingers abgehackt wird - vom mann.

    viele frauen hatten nur mehr diese dicken, kurzen finger, da ihnen schon viele bzw. alle abgehackt worden waren.

    das geht so vor sich, dass wenn das familienmitglied verstorben ist, der mann die frau ins haus nimmt, ihr einen sack über den kopf stülpt, den finger abbindet und schließlich abhackt. ich fand das ganz furchtbar, wie die frau die hand dann zurückzog als hätte sie sich ganz stark verbrannt.

    ich finde das ganz furchtbar und frage mich, ob die tradition dies nun tatsächlich rechtfertigen kann. hier wird doch auch die motorik und gefühlsechtheit der frau stark eingeschränkt!! noch dazu kommt, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass diese frauen die freiwillig tun (allein der sack über dem kopf).

    ich frage mich, darf man so etwas dulden und respektieren nur weil es tradition ist??? (siehe beschneidung in afrika, gegen die ja schon aktiv gekämpft wird).

    pecki

  2. #2
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    Tradition ist leider oft ein Deckmäntelchen für soziale Grausamkeit und Frauenfeindlichkeit (siehe auch Dein Beispiel mit der Beschneidung). Auch Sklaverei hatte eine lange Tradition, und ************** in der Ehe war auch lange nicht strafbar

    Meine Meinung: Tradition rechtfertigt nicht alles! Es liegt allerdings an den Menschen des Stammes, etwas ändern zu wollen. Missionarischer Eifer von Weißen kommt da wohl weniger an.

  3. #3
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    hi daughty,

    ich denke aber, dass auch im afrikanischen raum, der stamm an sich die beschneidung als ganzes noch immer nicht ablehnt!!
    in beiden fällen (finger-abtrennung und beschneidung) werden die frauen wohl insgeheim nicht einverstanden sein.

    aber um nicht ausgestoßen zu werden, machen sie das spiel mit!
    den männern ist es sowieso egal, sie müssen die einbußen und schmerzen nicht ertragen!

    in den beschneidungsgebieten versucht man doch auch vor allem den müttern beizubringen, welche schlimmen folgen das beschneidungsritual hat und auch der weiße mann schreitet ein bzw. vielleicht auch schwarze die aus den stämmen ausgestiegen sind!

    da diese rituale, wie oben beschrieben wohl einen art teufelskreis darstellen, denke ich nicht, dass eine initiative vom stamm ausgehen wird! man müsste mit den frauen dort tiefgehender sprechen und herausfinden, dass sie diese tradition in wirklichkeit gar nicht gutheißen!!

  4. #4
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    Original geschrieben von pecki
    da diese rituale, wie oben beschrieben wohl einen art teufelskreis darstellen, denke ich nicht, dass eine initiative vom stamm ausgehen wird! man müsste mit den frauen dort tiefgehender sprechen und herausfinden, dass sie diese tradition in wirklichkeit gar nicht gutheißen!!
    Ja, da könntest Du recht haben, aber es sollte nicht eine Art "Aufzwängen der weißen Kultur" sein, sondern die Frauen müßten auch ihr OK zum Ändern geben.

  5. #5
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    Hi!

    Ohne jetzt chauvinistisch klingen zu wollen, aber das Problem wird doch von den Männern verursacht, die keine unbeschnittene Frau heiraten wollen, weil sie dann keine "Reinheitsgarantie" mehr hat. Da die Frauen von ihnen als Ernährer abhängig sind, müssen die das üble Gemetzel mitmachen.

    Also entweder bietet man den Frauen eine Möglichkeit, sich von den Männern finanziell und sozial unabhängig zu machen oder man klärt die Männer auf, was den Frauen da eigentlich angetan wird - wenn sie sich das überhaupt vorstellen können!

    @pecki, ich habe den Bericht auch gesehen und quasi an der gleichen Stelle gewütet, warum sich der Knilch nicht gefälligst selbst die Finger abhackt! Tradition schön und gut, aber wieso hört man eigentlich überwiegend, dass Frauen verstümmelt werden?

    Den Herrn Ex-Zahnarzt finde ich allerdings sehr sympathisch. Der kennt wirklich keine Scheu

    Liebe Grüße
    Silke
    These violent delights have violent ends.


  6. #6
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    Hi,

    ich finde die Beschneidungen in vielen Ländern verabscheuungswürdig und pervers. Aber die Frauenorganisationen haben festgestellt, dass es eigentlich weniger ein Problem war die Männer zu überzeugen sondern, dass vielmehr die Frauen selbst an dieser Tradition festhalten wollen !

    Fragt mich nicht warum - das geht in meinen Kopf nicht ´rein warum gerade eine Frau ihrer Tochter oder sonstwem sowas antun möchte

    Mit finanzieller Unabhängigkeit hat das nichts zu tun - auch in Ländern in denen die Frau das Bestimmungsrecht über das Familienvermögen hat, finden Beschneidungen statt.

    Ganz im Gegenteil - ich habe vor ein paar Wochen gelesen, dass viele Projekte total in die Hose gegangen sind weil sie eben von "weißen Aufklärern" durchgeführt wurden und die Menschen aus Trotz, Überzeugung oder sonstwas, ablehnend reagierten.

  7. #7
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    Dies ist sicher ein sehr schwieriges Thema.

    Anhand der in Indien immer noch quasi tradionell erfolgenden Tötung von weiblichen Babies und ungeliebten Ehefrauen, die schon länger von der dortigen Regierung verboten sind, sieht man das ein reines Verbot sich gerade in ländlichen Gegenden nicht so einfach durchsetzen lässt.
    Damit sich die Ächtung menschenfeindlicher Rituale in einem Land umfassend durchsetzen kann, ist imho erst ein gesellschaftlicher Wandel notwendig. Am Beispiel von Indien sieht man aber auch das gerade betroffene, politisch aktive Frauen diesen Wandel beschleunigen können.

    Man sieht leider an den Statisken, dass es hier in D, trotz des Verbotes seine Kinder zu schlagen, immer noch eine relativ hohe Zahl von Kindern gibt, die von ihren Eltern regelmäßig schwer geschlagen werden.
    Gemessen daran, dass auch hier bis vor gut 100-150 Jahren (Preußen:1839: Verbot der Fabrikarbeit für Kinder unter 9 Jahren; 1853...unter 12 Jahren; 1903 wird auch die Verwendung von Kindern in gewerblichen Betrieben (Handel, Gaststätten, Austragedienste....) entscheidend eingeschränkt. Ausgeklammert blieb hier immer noch die landwirtschaftliche Beschäftigung von Kindern ) die Kinderarbeit zum normalen Leben gehörte, hat sich in Sachen Kinderrechte dennoch viel getan.
    Und Leibeigene gab es in D auch noch bis 1848. In der Schweiz existierte Leibeigenschaft in Form der Verdingung bis etwa 1950.

    Jede Entwicklung kann imho nur von innen heraus erfolgen.

    Ureinwohner fremder Länder mögen 1000 Jahre und mehr hinter unserer Entwicklung zurück sein. Daher sind sie mit unseren Maßstäben weder messbar, noch begreifbar.
    Für diese Menschen kommen wir quasi von einem anderen Stern.
    Eine zwangsweise Einführung unserer Vorstellung von Menschenrechten und Moral hätte wohl nicht nur die Zerstörung ihrer Kultur, sondern auch ihrer Identität zur Folge.

  8. #8
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    Hi!

    Das hier steht bei Wiki:

    Tradition und sozialer Druck spielen bei der Durchführung von FGM eine große Rolle. So ist es in Gesellschaften, die FGM praktizieren, fast unmöglich, seine Tochter nicht der Praktik zu unterziehen. Diese Mädchen werden andernfalls sozial ausgegrenzt und stigmatisiert. Sie haben keine Stellung in der Gesellschaft, ganz zu schweigen davon, dass kein Mann sie heiraten wird. Das ist in einer Gesellschaft, in der Frauen ökonomisch abhängig von den Männern sind, fatal. So haben Eltern, kaum eine andere Wahl als ihre Töchter zu einer Beschneiderin zu bringen, auch wenn sie selbst wissen, wie qualvoll ein solcher Eingriff ist.

    Genau das meinte ich. Selbst wenn man über ein Familienvermögen bestimmen kann, verdienen können es die Frauen dort nicht, d.h. sie sind sehr wohl auf eine "gute Partie" angewiesen.

    Liebe Grüße
    Silke
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  9. #9
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    Original geschrieben von Nicht_der_Papa


    Jede Entwicklung kann imho nur von innen heraus erfolgen.

    Daher sind sie mit unseren Maßstäben weder messbar, noch begreifbar.
    Für diese Menschen kommen wir quasi von einem anderen Stern.
    Eine zwangsweise Einführung unserer Vorstellung von Menschenrechten und Moral hätte wohl nicht nur die Zerstörung ihrer Kultur, sondern auch ihrer Identität zur Folge.

    Tja, daran kann es liegen. Ich denke auch, dass ein Wandel nur von "Innen" erfolgen kann..

    Jetzt stelle ich mir aber den Umkehrschluss vor: Da kommt so eine Frau zu mir und frägt ob ich denn keine Ehre im Leib habe ? Warum hätte ich meine Tochter nicht beschneiden lassen ?
    Ich würde ihr bestimmt sagen, dass sie sich gefälligst um ihren eigenen Kram kümmern soll und meine Kultur das nicht gutheisst und sie die Verblendete ist und nicht ich.

    Silke, du hast natürlich absolut Recht - die Sache mit dem Familienvermögen ist ein zweischneidiges Schwert. Solange eine Frau - egal in welcher Kultur - nicht über ihre Ausbildung oder Lebensunterhalt selber entscheiden kann, ist es absolut egal ob sie die Kuh, Töpfe oder die Hütte besitzt. Wichtig ist wer zum Lebensunterhalt beiträgt (aber das sind meistens auch die Frauen)
    Und noch wichtiger ist es, dass Frauen ihren Lohn auch behalten dürfen.

  10. #10
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    Für einen Wandel von innen müssten halt die, die von sich aus schon nicht mehr mitmachen wollen, die Möglichkeit dazu haben, ohne sich dadurch selbst aus ihrer Kultur auszustoßen.
    Solange das nicht geht ...

    Die Frauen, die jetzt den Mund aufgemacht haben/aufmachen und erzählen, was sie Schreckliches durchgemacht haben, leben doch alle nicht mehr zu Hause und haben, glaube ich, auch keinen guten Kontakt mehr zu ihren Familien.
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