Vielen Dank für all diese lieben Worte Ich war beim Lesen jetzt ganz gerührt von eurer Anteilnahme
Zur rechtlichen Situation bzw. dem Sorgerecht
. An dem Tag, wo wir das Kind zum ersten Mal gesehen haben, ging es den Behörden nur darum, ihn vorübergehend unterzubringen. Man sagte uns auch, dass es üblich ist, Kinder bei Verwandten unterzubringen, bis geklärt ist, was mit den Eltern weiter geschieht.
Deshalb haben sie in dem Moment auch keine besonders große Sache draus gemacht. Uns wurde nur gesagt, dass der Bruder meines Freundes unbedingt wollen würde, dass wir das Kind nehmen und ob wir bereit dazu wären. Er möchte unbedingt das Sorgerecht für den Kleinen haben, er sagt auch, dass er an der Vernachlässigung nicht schuld wäre, weil er das Kind nie sehen durfte
. Dass das alles an der Mutter liegen würde.Er hat Angst, dass er den Kleinen nie wiederkriegt, wenn er erstmal in der Obhut des Jugendamtes ist. Er hat uns angefleht ihm zu helfen und auf das Kind aufzupassen, bis er sich darum kümmern kann.
Lügt er? Macht er uns was vor? Meint er es ernst?
Ich weiß es nicht. Ich kann das heute immer noch nicht beurteilen.
Mir ging und geht es im Augenblick nur um den Kleinen selbst. Ich fand uns in diesem Moment damals weder besonders mutig noch heldenhaft, als wir uns dann dafür entschieden
denn was das eigentlich alles bedeutet, ist uns erst später klargeworden.
Für mich war es in diesem Augenblick so, wie Nelly in ihrem Beitrag von sich sagte der Helferinstinkt. Ich sah diesen kleinen Jungen, wie er da in seiner Babywippe saß und mich mit großen Augen anstarrte, als wollte er mich fragen: Und was wird jetzt aus mir? Er war ganz unruhig, wahrscheinlich wegen der vielen Menschen um ihn rum, er saß jedenfalls barfuß in der Wippe und hat die ganze Zeit nervös mit seinen kleinen Zehen gewackelt
In diesem Moment wurde mir ganz warm ums Herz und ich empfand für den Kleinen so eine große Zuneigung, dass für mich feststand, dass wir ihn erstmal mitnehmen. Ich habe mir null Gedanken über das wie und was gemacht
. ich habe einfach nur gedacht, es MUSS irgendwie gehen.
Man hat uns von den Behörden aus schon Adresse und Nummer der zuständigen Stelle beim Jugendamt gegeben, falls etwas ist. Damit war wohl gemeint, falls wir mit dem Kind nicht fertig werden und ihn doch dort in Obhut geben möchten.
Wir haben natürlich Hilfe gesucht, allerdings nicht dort. Wir haben uns an anderen Stellen beraten lassen. Natürlich erstmal bei Anwälten, um alles Rechtliche abzuklären und uns zu informieren. Dann waren wir mit ihm natürlich beim Kinderarzt, nicht nur, um ihn untersuchen zu lassen und uns in erster Linie natürlich medizinischen Rat zu holen, in zweiter aber auch einen menschlichen. Dieser Kinderarzt kennt meinen Freund seit es ihn gibt, er war einer der engsten Freunde seines verstorbenen Vaters und er kennt auch die Familie durch und durch. Er hat uns sehr geholfen
. Uns auch viele gute Verbindungen verschafft, zu anderen, die uns ebenfalls geholfen haben.
Rein rechtlich gesehen sind uns momentan aber einfach die Hände gebunden, weil vieles davon abhängt, wie es mit den Eltern weitergeht. Das wird erst in den nächsten Wochen entschieden.
Das Gutachten wegen extremer Vernachlässigung das auch grumby erwähnt hat wurde bereits erstellt. Die Frage ist, ob wir es knallhart verwenden und damit auch gegen den Bruder meines Freundes vorgehen sollen
oder ist er tatsächlich unschuldig (im Zusammenhang mit dem Kind) und wir würden am Ende dazu beitragen, dass ihm zu Unrecht das Sorgerecht entzogen würde. Da komme ich schon in den ersten Gewissenskonflikt, weil ich ein sehr gerechter Mensch bin und es mir das Herz brechen würde, wenn es tatsächlich so ist, dass ihm bisher der Kontakt zu dem Kleinen mehr oder weniger verwehrt wurde. Oder sagt er es einfach nur so? Ich habe Tage und Nächte verbracht, darüber nachzugrübeln, wer und was dieser Mensch eigentlich wirklich ist
.
Aber trotz all diesen Problemen muss ich immer noch sagen, dass es nicht die größten Probleme sind, die wir haben
. Wir kriegen sehr viel Hilfe
. Unglaublich viel. Das größte Problem bin wie ich im ersten Beitrag geschrieben habe irgendwie ich selbst.
Ich möchte das Beste für den Jungen
. und unser Anwalt hat uns schon klargemacht, dass sich eventuell die Chance ergeben würde, dass wir das Sorgerecht für ihn bekommen. Das heißt, wir müssen unsere Zukunft ordentlich überdenken
und das mache ich auch. Ich denke Tag und Nacht darüber nach. Ich weiß, dass wir diesem kleinen Jungen das geben können, was ein Kind braucht
. Zuneigung, Liebe, Geborgenheit, eine Familie. Und ich möchte, dass er das Beste von allem hat!!!!
Mein Freund und ich sind bestimmt nicht als die perfekten Eltern vom Himmel gefallen
. Aber wie sagte ein weiser Mann so schön: Man ist nicht. Man WIRD. Ich weiß, dass auch wir es werden könnten
.
Und andererseits weiß ich nicht, ob ich bereit dafür bin! Und diese Frage stelle ich mir genau dann, wenn ich mich in manchen Momenten so eingeengt fühle. Ich kann mich in einer Minute total gut und souverän in dieser Aufgabe fühlen, in der nächsten kann ich Rotz und Wasser heulen und hab das Gefühl, ich mache alles falsch und bin total überfordert. Ich weiß, man sagt solche wechsellaunigen Gefühlszustände Frauen nach, die schwanger waren und grad ein Kind gekriegt haben
nun ja, schwanger war ich nicht, aber das mit den Launen, das hab ich trotzdem.
Es hat mir unglaublich geholfen, was auch du dazu geschrieben hast, comyashon, dass es trotz Wunschkind, trotzdem quasi alle Voraussetzungen perfekt waren, immer wieder Momente gab, wo du am liebsten geheult und die Decke über den Kopf gezogen hättest. Es war genau das, was ich mich gefragt habe
.gibt es den absolut idealen Zeitpunkt? Gibt es diesen Zeitpunkt, wo es so perfekt passen würde, dass man KEINE Zweifel hätte? Denke ich nur jetzt so, oder wäre es in 5-10 Jahren vielleicht doch genauso?
Ich fühle mich so unvorbereitet, was das Thema "Erziehung" angeht. Wie macht man es am besten? Ich habe oft Zweifel, ob das, was wir machen, richtig ist. Mein Freund sagt dann immer, dass diese Zweifel okay wären....dass andere Eltern genauso erst in diese Aufgabe reinwachsen müssten und dass es ihnen genauso ergeht. Ist das so?
Letztens habe ich ein 16-jähriges Mädchen getroffen, das ich sehr gut kenne. Sie ist gerade Mutter geworden. Mit dem Vater ist sie nicht mehr zusammen, sie besucht nebenher die Abendschule um das Abitur zu machen, finanziell ist das Ganze mehr als knapp
. aber wie souverän sie das alles meistert
.wie sie mit dem Kind umgeht, mit der Situation im Allgemeinen und auch damit, dass sie doch noch sehr jung ist und nun eben ein Kind hat
.und so schaffen das so viele andere Eltern auch. Großer Gott. Ich hab mich so geschämt in diesem Moment, dass ich oft so zickig und so zweifelnd bin. Und so egoistisch. Meine Voraussetzungen sind so viel besser als ihre
. Ich habe einen Freund, der mit mir gemeinsam diese Verantwortung übernommen hat und sie auch gemeinsam mit mir trägt, der versucht, mir den Rücken freizuhalten, dass ich trotzdem noch anderes machen kann, dann haben wir meine Familie, die uns unterstützt, Freunde die dahinter stehen und uns helfen wo sie können
. Dann sind wir dazu noch finanziell abgesichert
.eigentlich passt alles! Ich schäme mich dann sehr, wie ICH mich dann so anstellen kann.
Und dann gibt es eben viele Momente, wo es super ist und ich mich der Aufgabe gewachsen fühle. Ich weiß auch, dass das Ganze nur eine Frage der Organisation ist und dass wir vieles auch MIT dem Kleinen verwirklichen können, sodenn er bei uns bleiben könnte/würde.
Es stimmt schon auch, was du sagst, Maja. Es müsste auch möglich sein, trotzdem ein Praktikum im Ausland zu machen. Vielleicht nicht gerade jetzt, weil der Kleine derzeit einfach ZU klein ist
aber etwas später...
Manchmal quälen mich auch so entscheidende Fragen wie zB wie der Kleine uns mal nennen wird. Er kommt ja dann bald ins Alter wo er anfängt zu sprechen
.Bitte nicht lachen
aber
. was bringen wir ihm nun bei? Dass wir Missie und Missie-Freund sind? Oder Mama und Papa? Klar hängt das eben davon ab, wie sich die Situation entwickelt
aber genau deshalb quält mich auch die Ungewissheit so, weil ich nicht weiß, welche Rolle wir spielen werden
und demnach wir auch nicht wissen, wie wir manche Entscheidungen treffen sollen.
Dann gibt es so Situationen wie letztens, als wir im Wartezimmer beim Kinderarzt saßen. Neben mir, eine junge Mutter,ein Wort ergibt das andere und irgendwann fragt sie (das war grad das Thema): Und wie war die Schwangerschaft bei Ihnen damals?
Ich saß da, stocksteif. Was sollte ich jetzt sagen? Äh
nun ja
ehrlich gesagt
also
ich war noch nie schwanger?Oder soll ich einer wildfremden Person innerhalb einer Minute eine gekürzte Fassung der Geschichte ins Gesicht klatschen: Nun ja also,das ist nicht mein Kind, also irgendwie doch
schon
.der Bruder meines Freundes ist ein Junkie, seine Freundin hätte sich fast umgebracht, jetzt gerade sind sie in einer Anstalt auf Entzug bzw. in der Klapse und wir sind dann innerhalb von 10 min Eltern geworden? Nun ja.Ich möchte niemandem einen Herzinfarkt bescheren.Schon gar nicht wem Fremden.Wie beantwortet man aber dann eine Frage nach der Schwangerschaft? Zu meinem eigenen Entsetzen hörte ich mich selbst murmeln: Na ja, ging schon
war nicht so schlimm.
Mein Freund konnte das Lachen kaum verbergen.Ich wusste nicht, ob ich jetzt auch mitlachen oder weinen sollte.
Ich könnte natürlich noch ewig viel weiterschreiben, aber ich habe den Rahmen bereits gesprengt
vielen Dank nochmal für alles was ihr geschrieben habt. Es beruhigt mich einfach so, wenn ich höre, dass andere diesen Zustand normal finden
. und dass das nicht nur jene in meinem Umfeld sagen, die mich und die Situation kennen und miterleben, sondern dass Außenstehende genau dasselbe finden
LG
Missie
Twenty years from now you will be more disappointed by the things that you didn't do than by the ones you did do. So throw off the bowlines. Sail away from the safe harbor. Catch the trade winds in your sails. Explore. Dream. Discover. (Mark Twain)