Günther GraSS

[boyfrank]

Das mußte mal niedergeschrieben werden!
Und das schönste ist die Bemerkung von Walter Kempowski zum Thema, nachdem er sein Unverständnis über das späte "Geständnis" (mit dem GraSS seine Autobiographie "etwas verkäuflicher" machen wird, meiner Meinung nach) geäußert hat:
"wer ohne Schuld sei, werfe den ersten Stein".
Einigermaßen pikant, GraSS ist doch als "erster" Steinewerfer der ersten Stunde bekannt...

[KatinkaRosenrot]

Ich find es erbärmlich, zumal die Waffen-SS, zumindest bis Kriegsende, aus Freiwilligen bestand.
Da zählt auch die Ausrede "Ich war 17" nicht.

Und ich stimme zu: Was für ein Zufall das er das 50 Jahre später erzählt, ZUFÄLLIG zeitgleich zur Veröffentlichung seines neuen Buches.

[Exuser50]

Ist ein gutes Verkaufsargument.

Und ich war 17, ist auch ein Argument, aber was hat den Wandel gebracht? Ich wurde älter, reicht einfach nicht aus.

Bisschen mehr Erklärung ist wünschenswert.

[Nicht_der_Papa]

Original geschrieben von boyfrank
Das mußte mal niedergeschrieben werden!
Und das schönste ist die Bemerkung von Walter Kempowski zum Thema, nachdem er sein Unverständnis über das späte "Geständnis" (mit dem GraSS seine Autobiographie "etwas verkäuflicher" machen wird, meiner Meinung nach) geäußert hat:
"wer ohne Schuld sei, werfe den ersten Stein".
Einigermaßen pikant, GraSS ist doch als "erster" Steinewerfer der ersten Stunde bekannt...

Man kann das so sehen oder auch anders.
Möglicherweise war es Grass jetzt einfach ein Bedürfnis darüber zu schreiben.

Ich fühle mich nicht berufen, dass zu be- oder verurteilen.

Die jungen Menschen wurden damals in allen möglichen Einrichtungen (wie Schule etc.) und auch durch die Medien entsprechend beeinflußt. Auch die Teilnahme in der Hitlerjugend war Pflicht und kein Wahlprogramm.

Wie sollte ich mir da ein Urteil anmaßen können.

[boyfrank]

@Paris:Also, ich glaube, dass Herr Grass ohnehin soviel verdient hat, dass er diese Verkaufförderung nicht mehr nötig hätte. Andererseits - gerade vermögende Leute werden ja immer ...verlangender, warum sollte er da eine Ausnahme bilden? Aber der eigentlich Grund ist mMn, er ist gierig nach Publicity, sein Nobelpreisruhm ist unterdessen etwas matt geworden und er sieht eine gute Chance, mit einer solchen "sensationellen" Geschichte wieder in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses zurückzukehren; mit anderen Worten zahllose Talkshowauftritte und das langweilige Rentnerdasein wird mal wieder nett unterbrochen und aufgepeppt.

@NdP:
Ich maße mir ebenfalls nichts an, hat GraSS ja schon genug gemacht, ich spotte (wie immer!)
Allerdings hat Grass selbst ausgesagt, seine Teilnahme in der WaffenSS sei gerade freiwilig (+antibürgerlich) gewesen.

gr v bf

[Nicht_der_Papa]

Südtirol Online:

Der dpa sagte er auf die Frage, warum er sich erst jetzt öffentlich bekennt: „Ich habe das, im Rückblick, immer als einen Makel empfunden, der mich bedrückt hat und über den ich nicht sprechen konnte. Das musste mal geschrieben werden.“ In der Zeit seines Einsatzes von Februar/März 1945 bis zu seiner Verwundung am 20. April 1945 habe er aber keinen einzigen Schuss abgegeben.

„Ein bisschen spät kommt das“, sagte Schriftsteller Walter Kempowski (77) dem Berliner „Tagesspiegel“ (Samstag). Doch Kempowski fügte hinzu, dass auch für Grass das Bibel-Wort gelte: „Wer selbst ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein.“ Grass selber sagte der FAZ, er wisse nicht, ob er den richtigen Zeitpunkt verpasst habe. „Es ist sicher so, dass ich glaubte, mit dem, was ich schreibend tat, genug getan zu haben.“

Nach Ansicht von Ralph Giordano (83) kommt das Bekenntnis von Grass keinesfalls zu spät. „Ich habe Leute gekannt, die erst mit 80 oder 85 Jahren bekannt haben, was sie falsch gemacht haben“, sagte der Autor der dpa. Schlimmer als einen Irrtum zu begehen, sei es, keine Konsequenz daraus zu ziehen und das habe Grass ja schon lange gemacht. „Für mich verliert er durch diese Öffnung nicht an moralischer Glaubwürdigkeit - in keiner Weise, das möchte ich hier ganz klar und unmissverständlich sagen.“

http://www.dolomiten.it/nachrichten/...be&ArtID=80807

Über die Ansichten des damaligen Abgeordneten und späteren SPD-Kanzlers Helmut Schmidt schrieb die Waffen-SS-Zeitung „Wiking Ruf“ 1953: „Oberleutnant der Reserve Schmidt, SPD, erklärte, dass er persönlich niemals mit der Waffen-SS in Berührung gekommen sei, jedoch müsse er als alter Kriegskamerad aus seiner Fronterfahrung heraus sagen, dass er immer das Gefühl besonderer Zuversicht gehabt habe, wenn eine Division der Waffen-SS neben seiner Einheit lag.
Leider verwechsle man die ehemalige Waffen-SS mit der geheimen Staatspolizei und belaste sie mit der Schuld anderer Runenträger. Ihre Angehörigen dürfen nur unter dem Gesamtthema ‘Deutscher Soldat’ gesehen werden.“

[Evchen]

Also ein Urteil anmassen, das möchte ich mir auch weiß Gott nicht. Man kann sich seine Meinung bilden, hoffentlich sogar, aber das heißt noch lange nicht, dass gerade 'wir' heute arrogant aburteilen sollten.

Was mich einfach maßlos ärgert, ist die Tatsache, dass dieser Zeigefinger-MoralSaubermann auf einmal mit sowas um die Ecke kommt. Was soll einem das nun sagen, nachdem er jahrzehntelang im exklusiven Auftrag der moralischen Aufklärung etlichen seiner Zeitgenossen nachgestiegen ist?

Ich fand den Mann immer schon unsympathisch und hochmütig, und das passt jetzt irgendwie voll in jegliches meiner Vorurteile.

[Cara]

@Evchen: Absolut richtig. Ich gehe aber schon soweit, das kritisch zu beurteilen. Und auch - zu verurteilen.

Dieses "das musste mal gesagt werden..." Ja, warum eigentlich? Und warum jetzt? Das lag ihm auf der Brust? Nie im Leben! Der Mann hat jahrelang den Ankläger mit erhobenem Finger gespielt und nun zeigt sich, dass er selbst zur Waffen SS gehörte. Da läuft war gehörig verkehrt. Und dann hinterher noch zu sagen: "... Wer mehr darüber erfahren möchte, der sollte und muss es in meinem Buch lesen..." Ich finde, das ist eine absolut miese Marketingmasche.

Er hätte es entweder verschweigen sollen, das gelang ihm die ganzen Jahre recht gut. Da konnte er ja auch noch andere verurteilen. Oder früher reden sollen. Das konnte und wollte er offenbar nicht. Er tut sich und seinen Lesern mit seiner "Beichte" keinen, aber auch gar keinen Gefallen.

[boyfrank]

Original geschrieben von Cara
Ich finde, das ist eine absolut miese Marketingmasche.... Er tut sich und seinen Lesern mit seiner "Beichte" keinen, aber auch gar keinen Gefallen.

Naja, wie man's nimmt - er ist bei Amazon jetzt auf Verkaufsrang 3 - ich glaube, so schnell ist in Deutschland ein Buch noch nie zum Bestseller geworden. Der Rückenwind durch die ARD (heute abend bei "Wickert") und sämtliche ihrer "Dritten" und Radioprogramme hat dabei wohl auch nicht geschadet ist vermutlich durch Nibelungentreue zu erklären....

[Cara]

Stimmt, boyfrank, zum Bestseller wird das Buch sicherlich. Aber - ich finde diese Art von "Werbung" absolut unmoralisch. Es bedeutet für mich, mit seiner Waffen-SS-Vergangenheit zu kokettieren, und das ist absolut verabscheuungswürdig.