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Thema: Tokio

  1. #1
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    Standard Tokio

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    Hallo Britta,

    entschuldige, dass ich einfach so untergetaucht bin, war aber einige Zeit in Deutschland (ohne Laptop), danach im Urlaub und hatte nun laengere Zeit eine Freundin hier Tokio zu Besuch, mit der ich nur noch on the road war. Vor einigen Wochen fragtest Du mich, was hier in Japan beautymaessig so los ist. Ist die Frage noch aktuell? Falls ja, schreibe ich Dir gerne ueber die japanischen ladies und gentlemen.

    Liebe Gruesse
    Rita

  2. #2
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    Hallo Rita,

    schön, dich wieder zu sehen/lesen!

    Ja, das Thema interessiert mich immer noch!

    Wäre toll, wenn du da mal ein bisschen aus dem "Nähkästchen " plaudern könntest...

    Viele Grüße
    Britta

  3. #3
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    Hallo Britta,

    Mode, Kosmetika und alles, was mit dem Thema Beauty zu tun hat, ist wichtig in Tokio. Ebenso wichtig wie Leistung, aber das nur mal nebenbei. Make-up traegt hier fast jede Frau und zwar bis ins hohe Alter. Das Schoenheitsideal weicht ein wenig von unserem ab. So wird eine z. B. helle Haut bevorzugt, knackig braune Haut ist verpoent. Es gibt hierfuer spezielle Bleichcremes, viele Kosmetikhersteller haben sich darauf eingestellt und stellen diese seit langem fuer den japanischen Markt her. Eine Ausnahme bilden die ganzen jungen Maedchen (ca. 15 – 25 Jahre), die absolut solarienverbrannt sind. Die Solarien sind uebrigens eine Katastrophe, es handelt sich um Geraete, die bei uns vor ca. 15 Jahren in den Sonnenstudios waren. Die wenigen Sonnenstudios, die es hier gibt, bieten auch Sonnenbaenke an, in denen man stehen muss. So stehen die Maedels also teilweise 1 Stunde, na ja, aber Japaner sind diszipliniert und abgehaertet … Der bekannteste Einkaufsbunker, der Mode genau fuer diese Zielgruppe anbietet, ist im Stadtteil Shibuya und heisst 109. Das Kaufhaus hat auf 7 Stockwerken die verrueckteste Mode der Welt, wenn man es nicht selbst gesehen hat, kann man es sich kaum vorstellen. Als mich letztes Jahr meine 22-jaehrige Tochter hier besuchte, sind wir natuerlich ins 109. Sie kam aus dem Staunen nicht mehr raus und jeder zweite Satz war: Das glaub ich nicht. Die Maedchen tragen extreme Miniroecke und Schuhe bis zu 25 cm Absatzhoehe, alles ist schrill, bunt, teuer. Jedes Detail ist wichtig. Die Handtasche hip, Pelzkragen um den Hals, extrem lange Naegel, die Haare nach der neuesten, verruecktesten Mode. Ueberall sieht man perfekt eingearbeitete Haarteile, falsche Wimpern, pastellige Lippenstifte und weiss oder hellblau umrandete Augen. Dort laufen sie dann oder sitzen bei einer Tasse Kaffee und telefonieren auf ihren winzig kleinen bunten Handys – es wirkt alles so futuristisch, man kommt sich vor wie in einer Kunstwelt. Diese Verbrauchergruppe gibt das meiste Geld fuer Beauty aus. An dieser Stelle interessant: die Frauen suchen dringend einen Ehemann, denn sie stehen unter dem gesellschaftlichen Zwang, bis zum ca. 25ten Lebensjahr verheiratet zu sein. Der wirtschaftliche Erfolg und die High Tech Entwicklung stehen im kolossalen Kontrast zum Traditionsbewusstsein. Damit die Maedchen attraktiv und auf dem Heiratsmarkt begehrt sind, geben sie alles, aber auch wirklich alles Geld dafuer aus. Diese ausgeflippte Teeniezeit ist allerdings nur ein zeitlich begrenzter Abschnitt im Leben einer japanischen Frau, den sie auf dem Weg zur erwachsenen Frau wieder aufgibt. Es ist hier also nicht wie in Europoa oder Amerika beispielsweise, wo eine ausgeflippte 20-Jaehrige eventuell noch als 50-Jaehrige diesen verrueckten Stil beibehaelt. Es ist wie eine Schuluniform, sie ist nur fuer eine bestimmte Zeit vorgesehen und wird dann eben wieder abgelegt. Individualitaet gibt es nicht in Japan. Japaner haben ein absolut uniformiertes Aussehen und auch Verhalten und wollen unter gar keinen Umstaenden auffallen.
    Aus dem Teeniealter heraus, traegt die Japanerin zur Zeit nur noch Roecke in der neuen Laenge bis zum Knie. Ein Mini in meinem Alter (43 Jahre) ist hier nicht denkbar, die Leute wuerden sich schlapplachen. Mit meinen Sportschuhen, die ich sonst in Deutschland tagsueber gern mal trage, wirke ich hier, wie wenn ich gerade vom Sport komme. Die Ladies tragen schwindelerregende High Heels, ich inzwischen auch. Dazu Struempfe mit Naht, gemusterte Struempfe und Netzstruempfe – alles am hellichten Tag. Man geht so – ohne Uebertreibung – in den Supermarkt zum Einkaufen.
    Es gibt hier nur kleine Groessen, meist ist bei 38 Schluss.Die Menschen sind sehr schlank, haben teilweise Kinderfiguren.
    Auf Schmuck, Uhren, Handtaschen, Schirme und Brillen wird sehr viel Wert gelegt, am liebsten Gucci, Pollini, Prada und aehnliches. Ein Regenschirm von Fendi ist hier nichts Besonderes. Viele haben nur Markenartikel und legen auch Wert darauf, dass die anderen es sehen. So wird die Handtasche schon so geschickt abgestellt, dass das Label auch gut zu lesen ist. Dies findet nicht nur in bestimmten Kreisen statt, sondern ist allgemein ueblich.
    Die verheiratete Japanerin arbeitet in der Regel nicht und hat deshalb viel Zeit fuer Beauty. Das Make-up der Japanerin ist top gepflegt, viel Wert wird auf perfekte Augenbrauen gelegt, die “mittelalte” Japanerin traegt zurueckhaltende Farben als Lidschatten und Lippenstift, die aeltere ab und an sehr kraeftigen Lippenstift, was fuer meinen Geschmack clownmaessig zu der sehr hellen Haut wirkt. Auch bei der Kosmetik (pflegende und dekorative) spielen Marken eine grosse Rolle: Am gefragtesten sind Chanel, Dior, Clarins, Shu Uemura, Shiseido – um einige zu nennen. In den Luxuseinkaufsbunkern – z. B. Takashimaya, Isetan oder Mitsukoshi – sind die Kosmetikabteilungen sehr edel und stark frequentiert. Hier wird beraten, geschminkt, es werden Hautanalysen gemacht und es wird irre viel eingekauft. Die Preise in Tokio sind utopisch und man zahlt das Doppelte oder gar das Dreifache als in Deutschland. Das gilt nicht nur fuer Kosmetika und Bekleidung, sondern fuer fast alles. Beauty ist ja auch gute Ernaehrung und deshalb hier ein kleines Preisbeispiel: 1 Stueck Apfel bekommst Du ab 3,00 DM aufwaerts.
    Sehr viel Zeit und Geld wird auch investiert in Gesichts- und Koerpermassagen/-packungen sowie Fitness. Es gibt sehr viele Beautysalons. Koerperbehaarung ist indiskutabel, Achselhaare bei Frauen total undenkbar. Die Japaner bekommen einen Schock, wenn sie auslaendische Frauen mit Achselhaaren sehen.
    Die Haarpracht, ich meine jetzt die auf dem Kopf, wird extrem gepflegt, die meisten haben sehr glaenzende Haare. Friseursalons gibt es hier schier ohne Ende. Es ist zur Zeit modern, die Haare ganz glatt zu tragen und sie an den Spitzen sehr auszuduennen. Die ausgefransten Spitzen finde ich scheusslich. Einige Frauen faerben sich die Haare braun oder in einer dezenten Rotnuance. Einige Maenner lassen sich die Haare platinblond faerben und zupfen ihre Augenbrauen. Manch einen habe ich dabei beobachtet, wie er seinen Handspiegel aus der Tasche zieht und seine Haare zurechtzupft oder sich genau mustert, ob noch alles in Ordnung ist. Oftmals wirkt der japanische Mann weiblich auf mich. Der “Normalmann” traegt ein helles Hemd und einen dunklen Anzug – sehr einheitlicher Look. In Gruppen kann man sie kaum voneinander unterscheiden.
    Eine Info noch zur Babykleidung. Nur das Beste. Wer unbedingt Dior-Babykleidung braucht, findet sie hier.
    Noch interessant: 45 % der Luxusartikel dieser Welt gehen nach Japan! Das muss man sich mal vorstellen.

    Britta, ich hoffe, mein Gequatsche ist Dir nicht zu viel geworden, aber das Thema Beauty in Tokio ist so ueberwaeltigend, dass ich es nicht kuerzer hingekriegt habe.

    Liebe Gruesse
    Rita


    [Diese Nachricht wurde von rita am 27-11-2000 editiert.]

  4. #4
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    Hallo Rita,

    vielen, vielen Dank für die ausführliche Schilderung - das liest sich ja wie ein spannender Roman! Ich fand alles sehr interessant.... [img]/forum/smile.gif[/img]

    Ich habe allerdings auch gehört, dass Japaner kein Parfum tragen - es zwar viel kaufen und dann verschenken als Statussymbol, aber bei dem Beschenkten steht es dann auch unbenutzt im Schrank herum...?

    Viele Grüße
    Britta

  5. #5
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    Hallo Rita,

    ich finde deinen Bericht sehr interessant. So einen detaillierten beautymäßigen Einblick in das Leben der Japaner bekommt man sonst nicht.

    Wie lange bleibst du denn noch in Tokio?

    Viele Grüße
    Martina

  6. #6
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    Hallo Britta,

    das stimmt, was Du gehoert hast. Japaner benutzen wenig Parfum und wenn, dann sehr sparsam und sehr zurueckhaltende Duefte. Die japanischen Damen erklaerten mir das so, dass sich sonst die Leute hier belaestigt fuehlen wuerden. Man muss sich diese Stadt mal vorstellen: 13 Millionen Menschen, nirgends ist Platz, ueberall muss man sich vorbeiquetschen, die Bahnen, das Hauptverkehrsmittel eines Japaners (weil keine Autoparkplaetze vorhanden) sind zu bestimmten Zeiten brechend voll. Wenn ich Pech habe und zu dieser Zeit fahren muss, komme ich mir wie eine Sardine in der Buechse vor. Man wuerde wohl einfach die vielen Duefte nicht ertragen.

    Liebe Gruesse
    Rita

  7. #7
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    Hallo Martina,

    freut mich, dass mein Bericht ein interessantes Thema fuer Dich war.

    Ich werde noch ungefaehr 2 Jahre hierbleiben und ich versuche, so viele Eindruecke wie nur moeglich mitzunehmen. Dazu gehoert auch, dass ich sehr viel im asiatischen Raum reise. Das ist wirklich spannend.

    Liebe Gruesse
    Rita

  8. #8
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    Hallo Rita!

    Danke für Deinen interessanten Bericht.
    Hat Spaß gemacht, ihn zu lesen.
    Hast Du eigentlich arbeitsmäßig in Japan zu tun?(Ich hoffe, ich bin nicht zu neugierig!)

    Schöne Grüße
    Andrea

  9. #9
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    Hallo Rita,

    du bist zu beneiden! Ich wünsche dir alles Gute bei deinen Reisen.

    Viele Grüße
    Martina

  10. #10
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    @andrea

    ich kann schon verstehen, dass man sich dafuer interessiert, was jemand so in Tokio macht. Mein Mann arbeitet hier fuer eine deutsche Firma, ich selbst ruhe mich nach 18 Jahren Berufstaetigkeit und 20 Jahren Kindererziehung als alleinstehende Mutter aus. Meinen jetzigen Mann habe ich vor 3 Jahren kennengelernt und von der Stelle weg geheiratet!

    Gruss, Rita

    @martina
    Es ist wirklich sehr interessant hier, doch es gibt auch Schattenseiten. Die Menschen in Japan sind sehr fremd fuer uns "Weisse", Freunde in Japan findet man fast nie. Die Menschen sind zwar superfreundlich und sehr hilfsbereit, doch sie sind unbeschreiblich reserviert, scheu und zurueckhaltend. Der soziale Schnitt ist enorm. Du siehst, es ist nicht alles so rosig, wie es sich liest.

    Liebe Gruesse
    Rita

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