Piercings etc. in Zukunft meldepflichtig? Was haltet ihr davon?

[Nicht_der_Papa]

Datensammlungen der Krankenkassen erneut in der Diskussion

Mit der Diskussion um die ärztliche Meldepflicht "selbst verschuldeter Krankheiten" sind die Datensammlungen der Krankenkassen wieder in die Diskussion geraten. Kritiker befürchten, dass die Verpflichtung der Ärzte, Schönheitsoperationen oder Tattoos an die Krankenkassen zu melden, nicht nur das Vertrauen der Patienten in die ärztliche Schweigepflicht zerstört. Vielmehr würden die Kassen so Daten aus dem allgemeinen Sozial- und Lebensumfeld erhalten, die im Verbund mit anderen Daten zum gläsernen Patienten führen könnten.
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Am vergangenen Wochenende meldeten Spiegel und Tagesschau die Pläne aus dem Gesundheitsministerium, Ärzte mit einer Meldepflicht bei Kassenpatienten zu belegen, die ihre Gesundheit mit Schönheitsoperationen, Tätowierungen oder Piercings gefährden. Im Wesentlichen drehen sich diese Pläne um eine Änderung des § 294a im fünften Sozialgesetzbuch, der Ärzte derzeit dazu verpflichtet, Schäden zu melden, die in Zusammenhang mit Straftaten, ärztlichen Fehlern oder betrügerischen Unfallfolgen stehen. Mit der Verschärfung des § 294a sollen künftig "vorsätzliche" Fälle medizinisch nicht notwendiger Maßnahmen wie Piercings und Tattoos gemeldet werden. Sollten diese Körpergestaltungen Folgen haben, die medizinisch behandelt werden müssen, würden die Patienten in Regress genommen und ihnen das Krankheitsgeld verweigert, sieht der aktuelle Gesetzesentwurf im Gesundheitswesen vor.

Die Konsequenz: Ärzte müssten jede Tätowierung oder auffällige äußerliche Veränderung melden, weil sie potenziell zu einer Erkrankung führen kann. Zu den Plänen meldete sich unter anderem Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer, zu Wort. Gegenüber dem Ärzteblatt betonte Hoppe, dass Ärzte keine Hilfspolizisten der Krankenkassen seien. Eine andere Position bezog die Ärztezeitung mit einem Beitrag, der aufzählte, was die Krankenkassen heute schon alles von ihren Beitragszahlern wissen. Der Beitrag befasste sich zudem mit der Frage, ob die Kassen dafür den Murks mit der Gesundheitskarte brauchen, der allein von den Kassen vehement gefordert wird.

Mit der Debatte beschäftigt sich auch die tageszeitung. Sie greift noch einmal die Kritik von Bundesdatenschützer Peter Schaar an den Datensammlungen der Krankenkassen auf, die dieser in seinem jüngsten Tätigkeitsbericht geäußert hatte. In dem Bericht hatte Schaar insbesondere die von den Kassen häufig geforderte "Einwilligungserklärung zur Datenerhebung und Datenweitergabe" angeprangert. Sie sei schlicht rechtswidrig, weil der Patient damit der Kasse gestatte, Inhalte der Pflegedokumentation zu übermitteln. Wie gering dabei der Datenschutz durch die Kassen geachtet werde, machte Schaar an dem Beispiel deutlich, dass Kassen Sozial- und Diagnosedaten an die Hersteller von Rollstühlen weitergeleitet haben.

Im Bundesgesundheitsministerium gibt man sich von der neu entfachten Diskussion überrascht. Eine Sprecherin betonte, man wolle etwas für die Beitragszahler tun, die sich nicht selbst verletzen. Die ärztliche Schweigepflicht werde nicht angetastet, weil nur Maßnahmen ergriffen würden, die für die Umsetzung der beschlossenen Gesundheitsreform notwendig seien, so die Sprecherin. (Detlef Borchers) / (pmz/c't)
news 05.10.2007 19:00 heise online
http://www.heise.de/newsticker/meldung/97006

[Exuser50]

Diesen Beitrag dazu fand ich besser

http://www.zeit.de/online/2007/41/me...icht-patienten

Besonders diesen Absatz:
Auf jeden Fall hässlich. Es wäre ein Staat, der seinen Bürgern vorschreibt, auf welche Weise sie mit ihrem Ureigensten, ihrer höchstpersönlichen Physis zu verfahren haben - beim ***, beim Sport, beim Essen, beim Glühbirnenwechsel im Badezimmer - letztlich bei jeder denkbaren Alltagsbewegung. Nicht ohne Grund verfügen wir über ein Rechtssystem, das es bei Strafe verbietet, andere Menschen zu verletzen oder auch nur zu gefährden, während Selbstgefährdungen bis hin zur Selbsttötung straflos bleiben. Die Kernidee der Demokratie wurzelt in jenem kleinen, intimen Bereich, in dem der Mensch frei ist, also die volle Hoheitsgewalt über sich selbst besitzt. Eigentlich sprechen wir hier nicht von "Kostenkontrolle", sondern von "Menschenwürde".

[Winterelfe]

Original geschrieben von Nicht_der_Papa

"Im Bundesgesundheitsministerium gibt man sich von der neu entfachten Diskussion überrascht. Eine Sprecherin betonte, man wolle etwas für die Beitragszahler tun, die sich nicht selbst verletzen. "
news 05.10.2007 19:00 heise online
http://www.heise.de/newsticker/meldung/97006 [/B]

ok.
Nach dieser Logik des Ministeriums bekäme auch niemand mehr Geld für Unfall-/langfristige Folgen nach:

Bungeejumping
Surfen
Klettern
Snowboarden
zu schnellem Autofahren
alkoholisiertem Autofahren
Rauchen
Trinken (beides egal ob ab und zu oder immer. Somit schon mal nicht vermutlich 95% aller Abgeordneten und Ministerumsmitarbeiter)
bei Rot über die Ampel gehen
"falscher" Ernährung (warum werden dann nicht Lebensmittelhersteller verklagt?)
in die Disco gehen (Hörschäden)
Haarefärben (wegen der extremen Chemikalien, die langfristig Nervenschäden auslösen könnten)
Medikamentenmissbrauch

etc ....


Leider kann man aber auch nicht zu Hause den ganzen Tag im Bett liegen bleiben, das wäre auch ungesund und selbstschädigend ;D

[Exuser50]

Nein, Winterelfe vom letzteren wirst du fett und krank, aber auch wieder durch Selbstverschulden und dann wirst du auch nicht behandelt.

[Winterelfe]

das meinte ich ja
Leben ist gefährlich

[Nicht_der_Papa]

Original geschrieben von Winterelfe
das meinte ich ja
Leben ist gefährlich

Du meintest wohl lebensgefährlich.
Ich hab noch keinen getroffen, der es auf die Dauer überlebt hätte.

[Exuser50]

Woody Allen, mein Haus- und Hofphilisophe meinte auch mal treffend: Das Leben ist eine Krankheit, die tödlich endet.

Und ich hoffe wirklich der Schwachsinn kommt nicht durch.

[HopiStar]

*** kann auch sehr gefährlich sein und zur Arbeit kann ich dann auch nicht mehr, was da alles passieren kann oder auf dem Arbeitsweg....sehr betrüblich alles
Gartenarbeit adé...

[Exuser50]

Man darf auch keinen mehr ärgern, weil was wenn derjenige auf mich losgeht.

Der Artikel in der Zeit, mehr ein Kommentar, hat mich heute nachmittag sehr aufgeregt, auch wenn wir es gerade hier lustig auffassen.

Ich fand es gut, dass betont wird, dass damit das Recht auf Selbstbestimmung verletzt wird.

[Winterelfe]

Was mir noch dazu gerade einfällt: derselbe Vorschlag kam doch vor ein paar Jahren auch schon mal, nur da auf die Sport-Industrie bezogen, wurde aber wieder fallengelassen.

Eine Selbstversicherung für Segelfliegen, surfen etc würde der Reise- und Sportartikelbranche ja auch mächtig wehtun, wohingegen es nicht so viele Tattooer und Piercer gibt, jedenfalls ist es im Vergleich dazu eine kleine Branche mit wenig Lobby.
Das mit den Schönheitsoperationen kommt wohl z.T. auch daher, dass sich viele im Ausland "günstiger" operieren lassen, und die Nachbehandlung oft in Deutschland stattfinden muss. Aber in D gibt es wohl auch genug Pfuscher.

Statt das jetzt alles aber zu verdammen, könnte man auch was Gutes tun, nämlich mehr zur Vermeidung beitragen:

Niemand der nicht offiziell eine Ausbildung in plastischer Chirurgie hat, mit Zertifikat und drei Sternen, sollte sowas operieren dürfen. Da soll sich halt mal jemand im Ministerium damit befassen, das offiziell zu regeln. Soweit ich weiss, ist "Schönheitschirurg" kein geschützer Betriff.

So was ähnliches dann auch für Tätowierer und Piercer: Berufsausbildung mit Prüfung und Stempel. Zwar haben sich einige zu einem Verband (dot.ev) zusammengeschlossen, und dort muss man sich an Richtlinien halten, aber das alles ist freiwillig.
Mit einer besseren Ausbildung könnte man wohl viele Gesundheitsprobleme verhindern.

Aber da sagt die Regierung wohl lieber, dass man ein "Schattengewerbe" nicht legalisieren darf


Meine Ohrlöcher hab ich mir vor seligen Zeiten übrigens im Juweliergeschäft machen lassen... gab noch keine Piercer