Eva Herman wettert gegen die 24-Std.-KiTa

[Darcie]

Natürlich ist die 24h Kita nicht die Wurzel des Übels. Aber das kreidet die Herman auch nicht an. Will man heute mit Kind und ohne staatliche Hilfe über die Runden kommen, braucht es häufig zwei voll Erwerbstätige. Und für die Kinder muss dann halt eine Lösung her. Das soll die 24h Kita sein.

Ich sehe das sehr kritisch. Zunächst mal stehe ich Kinder- und Jugendverwahranstalten generell skeptisch gegenüber. Ich benenne da mal nur die ganzen Missbrauchsfälle. Die werden durch solche Strukturen doch sehr begünstigt. Sicher, Missbrauch findet vorwiegend im häuslichen Umfeld statt. Aber da bilde ich mir ein, noch ein wenig mehr Kontrolle zu haben, als in einer solchen Einrichtung, wo ich die Betreuer nur vom flüchtigen Kontakt her kenne.

Und dann zu den Strukturen. Will jemand leugnen, dass Kinder und auch Jugendliche feste Strukturen und Rituale brauchen? Dann schaut mal in den "Hilfe, mein Kind macht mich wahnsinnig"-Thread. Was wird den Müttern da empfohlen, damit das Kindchen gut schläft? Das selbe Ritual, jeden Abend.

Sagen wir mal solche Einrichtungen würden Schule machen. "Dürfte" eine Frau denn dann guten Gewissens überhaupt noch zuhause bleiben und ihr Kind selbst erziehen? Oder würde es dann nicht noch mehr heißen: "Ach die ist nur zu faul zum Arbeiten" ? Auch darüber mal bitte Gedanken machen.

Solche Einrichtungen sind _nicht_ die optimale Lösung. Es ist eine. Aber eine sehr arbeitgeberfreudnliche und nicht eine familienfreundliche Lösung.
Und jetzt fragt mich nicht, was meiner Meinung nach die bessere Aternative wäre. Ich weiß es nämlich nicht.

[Beautybuendel]

Natürlich ist die 24h Kita nicht die Wurzel des Übels. Aber das kreidet die Herman auch nicht an. Will man heute mit Kind und ohne staatliche Hilfe über die Runden kommen, braucht es häufig zwei voll Erwerbstätige.

Und genau da sehe ich das Problem. Solange es solche Zustände gibt (und DIE prangere ich an), muss es auch die passenden Strukturen dazu geben. Wie sähe sonst die Lösung aus?

Da soll Frau Hermann mal die Parteien wählen, die nicht dafür sorgen, dass eine Frau auch arbeiten gehen muss, weil der Mann mit seiner Arbeit die Familie nicht ernähren kann!

[Darcie]

Oh, das Beautybündel und ich sind fast mal einer Meinung.

Wirklich eine "Wahl" hätte man nur, wenn ein 40h Job, egal ob der von Mann oder Frau, sei es als Friseur, Sekretärin, Kassierer, Bauzeichner oder was weiß ich, genügend Geld einbringen würde, um eine Familie mit 2 Kindern durchzubringen und es dennoch Beutreungsangebote gäbe

Dann könnte man ganz entspannt entscheiden, ob Mann, Frau oder beide arbeiten gehen, sich eine Tagesmutter besorgen etc.

Aber das ist eine Utopie. Ebenso so wie die Vorstellung, diese Einrichtungen würden dazu dienen, dass sich Frau beruflich entfalten kann.

[Cara]

Und dann zu den Strukturen. Will jemand leugnen, dass Kinder und auch Jugendliche feste Strukturen und Rituale brauchen? Dann schaut mal in den "Hilfe, mein Kind macht mich wahnsinnig"-Thread. Was wird den Müttern da empfohlen, damit das Kindchen gut schläft? Das selbe Ritual, jeden Abend.

Sagen wir mal solche Einrichtungen würden Schule machen. "Dürfte" eine Frau denn dann guten Gewissens überhaupt noch zuhause bleiben und ihr Kind selbst erziehen? Oder würde es dann nicht noch mehr heißen: "Ach die ist nur zu faul zum Arbeiten" ? Auch darüber mal bitte Gedanken machen..

Darcie, Kinder brauchen Rituale. Aber sie brauchen auch Bezugspersonen, sie brauchen warmes Essen und Schlaf. Das alles könnte eine Kita 24 Stunden bieten.

Ob eine Frau für ihre Kinder zu Hause bleiben dürfte? Was heißt das, "darüber bitte mal Gedanken machen"? Natürlich darf sie, wenn sie es möchte und es die finanziellen Verhältnisse zulassen. Es würde sonst doch im Umkehrschluss bedeuten, nur, weil mehr Äpfel auf dem Markt sind, darf man keine Birnen mehr essen. So ist es nicht. Man hat nur die Wahl.

Und das ist wichtig: Die Wahl. Die Wahl muss die Familie haben. Die Wahl muss die Frau haben. Das ist auch Emanzipation. Denn entweder spricht sich die Familie ab und die Frau bleibt zu Hause, so sie es sich finanziell leisten können oder sie gehen beide arbeiten. Und dann muss dafür gesorgt werden, dass es eben Betreuungsmöglichkeiten gibt, die nicht nur die klassischen Zeiten bedienen. Denn die klassischen Bürozeiten sind ein Relikt von gestern. Nicht jede Mutter kann ihr Kind mit zur Arbeit bringen, oftmals ist der Verdienst in der Nachtschicht etwas höher, was die Familie als willkommen ansieht, wenn eine Anschaffung ins Haus steht.

Denn sonst dürfte die Krankenschwester, die Nachtschicht auf der Intensiv hat, keine Kinder mehr bekommen. Das Kinderkriegen würden wir Leuten überlassen, die keine Arbeit haben. Die haben Zeit. Und bekommen dann ja auch noch das Geld, das sie sparen, weil sie ihre Kinder nicht in die "Verwahrungsanstalten" geben. Das kann nicht der Weisheit letzter Schluss sein.

Edit: Wir sprechen hier alle von "Wahl". Das meine ich auch. Aber ist es nicht auch utopisch zu denken, dass ein Mann, Kassierer, so viel verdienen könnte, dass er alleine eine Familie ernähren kann? Das ist nicht nur eine Utopie, das wäre auch ein Schlag ins Gesicht für alle, die jahrelang lernen, viel Verantwortung tragen. Ich denke manchmal, hier in diesem Land wird oftmals vergessen, dass es auch eine Mittelschicht gibt, die leider wegbricht. Von genau dieser Mittelschicht, die lange gelernt hat, sich fortgebildet hat, heute Verantwortung trägt, lebt dieses Land. Jeder sollte seinen Fähigkeiten entsprechend bezahlt werden. Richtig. Aber nicht nur im HInblick auf Familienbildung.

[Darcie]

Man hat nur die Wahl.

Und das ist wichtig: Die Wahl. Die Wahl muss die Familie haben. Die Wahl muss die Frau haben. Das ist auch Emanzipation.

Und wenn man die Sache näher betrachtet, hat man eben nicht die Wahl. Diese Situation der scheinbaren Wahlmöglichkeit wird sich noch verschärfen. Denk mal an mich.

Wenn ein Gehalt nicht ausreicht, was hat man dann für eine Wahl. Keine Kinder oder Zwangskita. Das ist keine Wahl.

[Beautybuendel]

Oh, das Beautybündel und ich sind fast mal einer Meinung.

*ImKalenderanstreich*

[Cara]

Und wenn man die Sache näher betrachtet, hat man eben nicht die Wahl. Diese Situation der scheinbaren Wahlmöglichkeit wird sich noch verschärfen. Denk mal an mich.

Wenn ein Gehalt nicht ausreicht, was hat man dann für eine Wahl. Keine Kinder oder Zwangskita. Das ist keine Wahl.

Doch. Das ist Wahl. "Zwangskita" - was ist das? Ein Kindergarten, der keine starren Öffnungszeiten hat, ist ein Zwangskita?

Wer bekommt denn hier in unserem Land noch Kinder? Die, die einen Beruf haben und Karriere machen wollen, nehmen Abstand. Obwohl sie Geld hätten. Das kann es also nicht sein. Und soll bitte der Lagerist das gleiche verdienen wie der Firmeninhaber?

Nicht falsch verstehen. Ich denke mir, dass sich der Kapitalismus in seiner jetzigen Form nicht mehr lange hält. Das ist das eine. Aber man muss auch realistische Gehaltsvorstellungen haben. Und auch alleinerziehende können ihren Kindern Rituale bieten, wenn sie nicht die klassischen 9to5-Zeiten bedienen.

[Exuser67]

es gibt auch Frauen die ihren Beruf sehr gern machen und nicht so einfach ein paar Jahre aussetzen können weil sie dann ganz weit weg vom beruflichen Fenster wären und kaum noch Möglichkeiten haben wieder einzusteigen.

gut - da könnte man sagen: jetzt sei nicht so egoistisch , du kannst im Leben nicht alles haben , jetzt entscheide dich mal: Kinder oder Karriere.

das ausschlaggebende Argument für mich ist dass ich mich nie auch nur einen Tag von einem Partner finanziell abhängig machen will und auch und vor allem deshalb arbeite.

Das Thema ist hier schon öfters ausführlich besprochen worden , und ich will diese Diskussion bestimmt nicht wieder anheizen , aber das Argument scheint mir wichtig genug um es in diesem Strang zu erwähnen.

[Darcie]

Aber _früher_ , liebe Cara, hat der Lagerist doch seine Familie auch ernähren können, als Frauen noch nicht arbeiten gehen durften bzw. es nicht üblich war. Jetzt "darf" Frau nicht nur, sie muss. Und das alles wird unter dem Stichwort "Emanzipation" gefeiert. Emanzipation ist gut und schön und ich bin natürlich auch eine Verfechterin davon. Aber wenn wir mal ganz genau hinsehen, haben wir zwar sehr viel gewonnen in den letzten 30 Jahren, sind aber gleichzeitig, leise, still und heimlich verarscht worden.

Und ich gebe dir Recht. Der Kapitalismus in dieser Form wird sich nicht mehr lange halten können.

[soere72]

Das könnte wieder ein Thema werden, was ausufert.

Ich war in einer 24h-Kita. Anfang der 70er Jahre gab es die im Osten, die nannten sich Wochenkrippe. Natürlich kann ich mich nicht mehr daran erinnern, aber ich nehme es meiner Mutter übel, dass ich von montags bis freitags dort war. Ihre Begründung: es war so umständlich nach Feierabend noch quer durch die Stadt zu fahren...

Ich fände es schlimm, wenn meine Kinder die Erzieherinnen als Bezugsperson hätten und nicht in 1. Linie mich.
Hier haben die Kitas von 7-17 Uhr auf, manche auch von 6-18 Uhr.
In unserem Kiga kommt der Großteil der Kinder zwischen 8 und 9 Uhr und nach 16 Uhr sind auch nur noch wenige da.

Vor ein paar Jahren kam im TV mal eine Reportage. Ich dächte es war in/bei Cottbus gewesen, wo es eine 24h-Kita gab. Über Nacht durften nur die Kinder bleiben, wo es keine andere Möglichkeit gab, z.B. alleinstehende Mütter im Spät- oder Nachtdienst, etc.. Und es gab auch Auflagen, kein Kind durfte mehr als 2 oder 3 Nächte/Woche bleiben.
Weil die Erzieherinnen eben der Meinung waren, dass das nicht zum Vorteil des Kindes wäre.

LG