Nervige Verwandtschaft

[deelite]

ja, das ist mein Thema momentan und regt mich gerade ein mal wieder herzlich drüber auf.
ich frage mich gerade, ob ich nun besonders hartherzig bin oder einfach nur besonders deutsch.
Ja, ich bin deutsch, die Verwandtschaft meines Freundes ist ja türkisch.
Er ist kein Moslem, der Rest schon.
Mit der türkischen Familienmentalität, immer und überall Familie um jeden Preis kann ich leider mal herzlich wenig anfangen, ich bin so nicht erzogen, bei uns zu Hause z. B. waren Freunde mindestens gleichwertig, wenn nicht sogar wichtiger.

Letzten Sonntag ist ausgerechnet die Schwägerin, die ich sowieso wenig leiden kann wg. mMn vorsintflutlicher Ansichten (Kinder dürfen bloß keine Deutschen mit nach Hause bringen, Mann spricht nach so vielen Jahren in D noch nicht mal brockenweise unsere Sprache etc.) und ihrer sehr aufdringlichen Art wie eine Furie auf mich los zur Begrüßung.
Ich würde sie NIE anrufen, ich wäre jünger und hätte mich gefälligst zu melden und was mir einfallen würde... das Ganze in keifendem Ton.
Ich hab nur noch sagen können "so schon gar nicht", hab mich rumgedreht und den Raum verlassen.
Wenn nicht gerade Muttertag gewesen wäre und wir bei seiner Mum gewesen wären, wäre ich wahrscheinlich ganz gegangen.
die letzten paar Male hat sie mir vorgeworfen, ich hätte noch eine Tupperdose von ihr, wo die denn wäre, es sei ja schließlich MEINE Küche und ICH müsste da Bescheid wissen... Hallo? ich bin kein Hausmütterchen!
Unsere Küche ist "uns" und nicht mir!

Meine Lust, zu der Schwägerin noch irgendwelchen Kontakt aufrechtzuerhalten, ist jetzt natürlich komplett auf Null und ich sehe das irgendwie auch nicht ein.
Uns verbindet nichts, ich hab mit dieser Frau keinerlei Gesprächsthemen, ich mag sie nicht.
Ich hab keine Lust mehr auf diese Anstandsbesuche an türkischen Feiertagen, an denen die "Jüngeren" zu den "Älteren" gehen müssen, ich bin keine Muslimin und muss mich nicht jeder Tradition beugen, die ganze Zeit hab ich das aus Höflichkeit gemacht, will das jetzt aber nicht mehr.
Ich sitze da jedes Mal rum wie Falschgeld und verstehe noch nicht mal ein Wort, da nur Türkisch gesprochen wird.
Bin mal gespannt, wie mein Freund darauf reagieren wird, wenn ich ihm das mitteile.
Gerne besuche ich weiterhin seine alte Mum an solchen Tagen und vielleicht auch noch die andere Schwester und ihren Mann, die sind nämlich ziemlich in Ordnung.

danke fürs Zuhören... muss mich gerade mal abreagieren.
seh ich das so falsch

[selvie]

Nein, das siehst du nicht falsch!
Ich habe auch den Kontakt zu meiner Schwägerin abgebochen, allerdings auch erst nach dem ich mich viele Jahre geärgert habe.

[Cara]

Dass du dich abreagieren musst, kann ich gut verstehen.

Aber das wird nicht die Frage sein. Die Frage ist, wie dein Freund darauf reagiert. Er ist in diesem Kontext groß geworden. Es ist eine andere Mentalität, nicht besser, nicht schlechter. Anders eben. Damit muss man umgehen, damit beide Seiten zurechtkommen. Denn es sind seine Verwandten.

[selvie]

Da muss ich Cara Recht geben.
Mein Mann kann damit umgehen, aber wir sind auch alle deutsch und da ist die familiäre Bindung nicht so eng.

[nyx]

ja genau, es sind SEINE verwandte...
ich würde mich aus solchen 'pflichtveranstaltungen' raushalten, sofern es deinen freund nicht zu sehr verletzt.
wie sieht er denn das?

ich selber bin gehe nie an familien-veranstaltungen, ob in meiner oder der familie meines freundes- abgsehen von beerdigungen.

[Aura]

Und wenn es noch so verletzend für den Freund ist, wenn sie nicht mehr hingeht: es ist ihre Lebenszeit, die sie mit Menschen verschleudert, die ihr null Wertschätzung entgegen bringen.

Sie sprechen untereinander türkisch, sie versteht kein Wort und soll sich weiterhin dazu setzen und - tja, was eigentlich genau tun?

Als ich jünger war, habe ich mir auch zu viele Pflichtveranstaltungen angetan, heute finde ich das Leben zu kurz für small talk.

[deelite]

prinzipiell versteht er mich ja und da sind wir auch einer Meinung.

Er im Gegensatz ist das, was ich voll integriert nenne, ansonsten wären wir auch nicht zusammen.
Er hat mir ausdrücklich gesagt, dass ich ruhig meine Meinung sagen soll, wenn mir etwas nicht passt und hat sich für das Verhalten seiner Schwester entschuldigt.
Ich merke, dass er oft zerrissen ist, von seiner Familie ebenfalls einerseits total angenervt ist (da sind noch mehrere andere "Faktoren"), andererseits ist es eben seine Familie, er ist mit denen groß geworden, man hat viel zusammen erlebt, aber das ist bei mir nun mal nicht der Fall und ich kann nicht einfach Leute "lieben" nur weil sie auf einmal da sind und ansonsten wenig Gemeinsamkeiten.

Ich weiß nur nicht, was er am nächsten Feiertag sagen wird, wenn ich ihm mitteilen werde, dass ich dahin eben nicht mitgehe.
Aber ich finde, dafür sollte er Verständnis haben, ich hätte es nämlich auch, zu Freunden von mir, die er nicht sonderlich mag, schleppe ich ihn nämlich auch nicht mit sondern sage vorher schon "bleib zu Hause"

[vivian]

Damit muss man umgehen, damit beide Seiten zurechtkommen. Denn es sind seine Verwandten.

Man muß überhaupt nicht. Ich hätte auch keine Lust, meine wertvolle Freizeit mit solchen Menschen zu verschleudern. Wenn es deinem Freund so wichtig ist, seine Schwester weiterhin zu sehen, dann heißt das ja nicht, daß du zwingend mitgehen mußt. Zumal wenn du eh nichts verstehst.
Ich würde mir das auch nicht antun.

[deelite]

ich glaube, cara hat es anders gemeint, nämlich dass mein Freund und ich damit zurechtkommen müssen, wie auch immer unsere Lösung dafür aussehen mag.

[selvie]

ich glaube, cara hat es anders gemeint, nämlich dass mein Freund und ich damit zurechtkommen müssen, wie auch immer unsere Lösung dafür aussehen mag.

So seh ich das auch,
ich mach mir selbst manchmal ein schlechtes Gewissen, weil ich gewisse Familienfeiern meide, obwohl mein Mann wie gesagt sehr gut mit der Sache umgehen kann.