Haben wir denn schon Sommerloch?
Ich empfehle das Buch „Die Sache mit dem Hund“ von Gert Haucke.
Darin beschreibt der Autor (übrigens ein mittlerweile verstorbener Schauspieler und Kynologe), wie bis in die 80-er einige Hunderassen systematisch immer aggressiver gezüchtet wurden, und man noch Anzeigen wie „knallharte Bullterrier-Welpen“ oder „aggressiver Pitbull-Terrier“ im Tiermarkt fand. Rassen wie beispielsweise der Mastino Napoletano wurden beschrieben mit „Der Hund, der das Maschinengewehr ersetzt“
Spiegel-Bericht von 1986. (Schon damals wurde der Hunde-Führerschein gefordert). Sowas käme heute zum Glück bestimmt niemandem mehr öffentlich über die Lippen. Das gibt aber zumindest mir zu denken, wie es denn heute um die Aggressionsschwelle mancher Hunderassen bestellt ist.
Ich würde die Zucht von einigen Rassen generell verbieten, weil sie körperlich und höchstwahrscheinlich auch seelisch einfach kaputt sind. Rassen wie der Bernhardiner, der im Alter von seinem eigenen Gewicht erdrückt wird. „Barry“ wog einst 45 Kilo, ein Bernhardiner, der den heutigen Rassestandard von teilweise über 100 Kilo erfüllt, käme die Schweizer Alpen nicht mehr hoch. Rassen mit riesigen Lefzen und Halswammen, die dem Hund die Unterlider herunterziehen, so dass sie chronisch entzündet sind (Bassett Hound, Bloodhound, in GB noch sehr verbreitet). Verzwergte Hunde von 1-3 Kilo, die eine lebenslang offene Fontanelle haben und sich beim Sprung von Frauchens Schoß das Rückgrat brechen… und ja, auch die „süüüüßen“ Shar Peis, die jetzt so in Mode sind, und die sich mit ihrer Riesenhaut nur selbst im Weg sind. Hat der Mensch das Recht, Kreaturen zu schaffen, die zwangsläufig lebenslang einem Leidensdruck ausgesetzt sind? Wie kann man sowas schön finden?
Jeder kennt einen Pitbull (ich auch), der sanft wie ein Lamm ist und niemandem was tut.
Jeder kennt einen 100-Kilo-Bernhardiner, der fit ist wie ein junges Reh.
Jeder kennt einen 100-jährigen Kettenraucher.
Jeder kennt einen Raser, der unbeschadet mit 100 Sachen durch die Haarnadelkurve brettert.
Bei so viel Unverstand, der im Zusammenhang mit Hunden verbrochen wird, wundert es mich, dass nicht noch viel mehr passiert, und Fälle wie in diesem Thread besprochen, seltene Ausnahmen bleiben.
Es gibt mittlerweile über 500 Hunderassen. Wozu? Warum muß man kaputtgezüchtete Rassen unbedingt weiterzüchten (deren Hündinnen oftmals auf natürlichem Wege nicht mehr gebären können, wie zb der Boston Terrier, weil diese Rasse einen unproportional großen Kopf hat und deshalb oft nur mit Kaiserschnitt „werfen“ kann)? Warum kann man sie nicht „auslaufen“ lassen? Weil viele Rassen „Tradition haben?“ Weil sie unersetzliche rassetypische Eigenschaften haben? Wenn ich das schon höre: „Ja, die Rasse neigt zu Ekzemen in den Hautfalten, und zu Hüftgelenksdysplasie, und im Sommer ersticken die Hunde wegen ihrer zurückgezüchteten Nasen (Mops), aber die Rasse ist sooooo kinderlieb“. JEDER Hund ist kinderlieb, wenn man ihn kinderfreundlich erzieht, und er keine geistigen Erbschäden mitbringt. Ich unterstelle kaum einer Rasse schlechte Charaktereigenschaften. Außer vielleicht bestimmten armen Kreaturen, die in polnischen/tschechischen „Aubildungslagern“ „scharf gemacht“ werden, um sie dann an „Liebhaber“ in Deutschland zu verkaufen. Körperliche Verstümmelung von Hunden (Ohren-Kupieren) steht in Deutschland mittlerweile unter Strafe, geistige Verstümmelung sieht man erst dann wenn es zu solch dramatischen Vorfällen kommt und lässt sich daher nicht so einfach verbieten.
Und was die Politik angeht: Klar, wenn so was passiert, und sei es auch nur ein einziger Fall in fünf Jahren… dann kochen die Gemüter dank BILD & Co. über, dann ist wieder jeder brave Zamperl ein verkappter T-Rex. Und dann muß die Politik drauf reagieren, egal wie. Dann gibt es eben wieder ein verschärftes Maulkorbgesetz, höhere Hundesteuern, pipapo. Hauptsache man hat IRGENDWAS getan, ob das sinnvoll ist oder nicht, ist zweitrangig. Sind eigentlich Hundebesitzer keine Wähler? Ach doch. Hysteriker aber auch. Und Raucher und Nichtraucher.