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Thema: Moralisches Problem im Job (Thema "Rüstungsindustrie")

  1. #1
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    Standard Moralisches Problem im Job (Thema "Rüstungsindustrie")

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    Hallo Ihr,

    gleich vorneweg bitte ich um Entschuldigung, dass ich mir extra für dieses Problem einen neuen Namen zugelegt habe, aber keinesfalls möchte ich, dass durch irgendeinen dummen Zufall dieser Beitrag meinem Arbeitgeber mit realem Namen bekannt wird. Ich bin schon viele Jahre hier, durch Treffen und Tausch ist mein echter Name vielen bekannt.

    Zu meinem Dilemma.
    Ich arbeite seit einigen Jahren in einer Unternehmensberatung, bin direkt meinem Chef zugeteilt als Assistentin und bereite mit und für ihn Projekte vor.
    Es ist recht klassisch, er ist der Mann vor Ort, ich bin die Frau im Hintergrund (nicht seine Sekretärin).
    Letztes und vorletztes Jahr hatten wir eine ziemliche Flaute umso dankbarerer sind wir alle, dass es seit Winterbeginn richtig brummt (wir sind quasi dankbar für jedes Projekt).
    Mein Chef hat zum Winter einen neue Kunden an Land gezogen, der startete mit uns ein Projekt, mittlerweile sind es fünf.
    Bei dem Kunden handelt es sich um Rüstungsindustrie.
    Ich versuche das emotionslos zu beschreiben, gleichzeitig kommt mir die Galle hoch!
    Ich lese worüber sie in den Meetings diskutieren, welche Ergebnisse sie erzielen möchten, was sie bereits geschafft haben... es geht um Mörser, Zünder, Patronen, Raketen... und wir "beraten" sie darin wie sie höher, schneller, weiter (was? schießen???) können?
    Meinem Chef geht es nicht ums Produkt, er kann seine beratende Tätigkeit in allen Bereichen ausführen, genauso hatten wir bereits Krankenhäuser oder Behörden als Kunden.

    Ich merke wie ich damit ganz schlecht klar komme
    Ich bin Pazifist, ich lehne das von ganzem Herzen ab und nun bin ich ganz unverhofft hinein gerutscht.
    Zwar nicht als aktiver Part (ich bin nicht beim Kunden, ich mache ja "nur" die Hintergrundarbeit), aber dennoch arbeite ich da in eine Richtung, die ich moralisch für mich überhaupt nicht vertreten mag.

    Für mich ist das aktuell ein unlösbares Dilemma.
    Anfangs dachte ich "okay, ein Projekt, das geht vorüber", auch wenn es mich abstieß, aber jetzt lese ich den ganzen Tag nichts anderes, da die Firma uns gut beschäftigt.
    Ich weiß nicht wie mein Chef persönlich darüber denkt, aber ich weiß, dass er aus wirtschaftlichen Gründen keinesfalls die Aufträge ablehnen könnte.
    Gleichzeitig weiß ich auch, dass ICH aus wirtschaftlichen Gründen keinesfalls meinen Job einfach aufgeben könnte. (nein, so leicht würde ich definitiv nichts Neues finden - abgesehen davon, dass ich meinen Job sehr mag)

    Mir macht das ziemlich zu schaffen mittlerweile, früher habe ich Zielvereinbarungen des Kunden bearbeitet wie am Fließband, jetzt läuft mein Kopfkino, wenn ich die Ziele lese (Ihr wisst schon, höher schneller weiter...)

    Warum ich das hier schreibe kann ich gar nicht so genau sagen, die große Lösung wird mir keiner bieten können, aber einen Denkanstoß oder Eure Meinung dazu würde mich sehr interessieren.
    Früher hätte ich gesagt "mache ich nicht, da bin ich sofort weg", heute habe ich eine Familie, die mit meinem Gehalt versorgt werden muss und da stehen sich Theorie und Praxis gegenüber.

    Ziemlich verzweifelte Grüße

  2. #2
    Avatar von Babs
    Babs ist offline Hurra! Ach nee doch nicht
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    Eine Lösung habe ich nicht für dich.

    Es spricht sehr für dich, dass du ein Problem damit hast, wie viele Leute verschwenden da wohl überhaupt einen Gedanken dran?

    Gibt es die Möglichkeit, Aufgaben wenigstens zum Teil an andere Personen abzugeben, die dass anders sehen als du?

    Weiß dein Chef von deinem Dilemma?

    Im Moment ist ein Ende der Aufträge nicht abzusehen, hab ich das richtig verstanden?
    "Nichts auf der Welt ist so gerecht verteilt wie der Verstand. Denn jedermann ist überzeugt, dass er genug davon habe." René Descartes

  3. #3
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    Mist. Dilemma.

    Ich finde, zu seiner Überzeugung muss man stehen. Auch wenn es mal unbequem wird.

    Ich würde meinen Gefühlen in einem Gespräch mit dem Chef Ausdruck verleihen und ihn fragen, wie intensiv und lang er diese Zusammenarbeit mit der Rüstungsindustrie noch fortführen wird, oder ob noch andere Auftraggeber anstehen.

    Dann würde ich mich entscheiden.
    Wenn seine Antworten und deren Konsequenzen für mich nicht zu tragen wären, würde ich mich nach einem anderen Job umsehen.

  4. #4
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    Zitat Zitat von Babs Beitrag anzeigen
    Eine Lösung habe ich nicht für dich.

    Es spricht sehr für dich, dass du ein Problem damit hast, wie viele Leute verschwenden da wohl überhaupt einen Gedanken dran?

    Gibt es die Möglichkeit, Aufgaben wenigstens zum Teil an andere Personen abzugeben, die dass anders sehen als du?

    Weiß dein Chef von deinem Dilemma?

    Im Moment ist ein Ende der Aufträge nicht abzusehen, hab ich das richtig verstanden?
    Auf diese Frage möchte ich kurz antworten, dann bin ich offline, habe wegen eines Arzttermins heute Nachmittag frei und muss längst los...

    Es gibt nicht die Möglichkeit Aufgabengebiete an Kollegen abzugeben oder gar den Platz ganz zu "tauschen".

    Mein Chef weiß nichts von meinen Gedanken, ich plane aber ihn in absehbarer Zeit anzusprechen wie er das eigentlich sieht (ganz neutral formuliert).
    Ich bin auf keinen Fall in der Position ein Ultimatum zu stellen, wenn es mir nicht passt, müsste ich gehen um es mal flapsig auszudrücken.

    Bin heute Abend wieder online!

  5. #5
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    Hmm, schwierig.

    Kommt halt drauf an ob man es sich leisten kann so einen Auftrag abzulehnen. Das weisst du schlussendlich am besten. Als ich noch angestellt war, habe ich mich auch mal geweigert einen Auftrag anzunehmen, resp. daran zu arbeiten. Mein Chef hat dann alles abgelehnt, er wusste dass er mich nicht dazu gebracht hätte hier mit zu arbeiten. Aber ich/wir konnten uns diesen Entscheid leisten. Die Firma ging deswegen nicht Bach ab. Aber ohne diesen Kunden waren wir alle froher.
    “You must be shapeless, formless, like water. When you pour water in a cup, it becomes the cup. When you pour water in a bottle, it becomes the bottle. When you pour water in a teapot, it becomes the teapot. Water can drip and it can crash. Become like water my friend.” Bruce Lee

  6. #6
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    Na, wie dein Chef das sieht, ist doch eigentlich klar. Wer als verantwortlicher Auftragnehmer da Bedenken hätte, würde das ablehnen. Zumindest sind die Bedenken bei deinem Chef nicht so hoch, dass er das getan hätte!

  7. #7
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    ich find das schon schlimm.
    ich kenne das Gefühl, manche Aspekte seines Jobs/Unternehmens nicht ethisch korrekt zu finden, Rüstungsindustrie find ich aber schon sehr heftig und kann deine Gedanken völlig nachvollziehen.

    vor allem, nachdem du ja geschrieben hast, du musst deine Familie ernähren.
    bist du Alleinverdienerin?
    und warum schreibst du, dass du nichts sonst finden wirst? Assistenz mit guten Projektmanagementkenntnissen ist doch gefragt, ausbaufähig und hört sich vielseitig an...

    wenn der Chef nett ist, würd ich erst mal mit ihm reden und mal hören, was er so dazu sagt. sag kurz, dass dich das Thema etwas bedrückt (nicht dramatisieren) und hör dir dann mal an, wie er die ganze Sache und die Zukunft des Unternehmens so sieht

  8. #8
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    Nun ja. Für mich gäbe es da nur zwei Alternativen. Machen oder gehen. Ob das jetzt jemand am Nebentisch erledigt oder ich selber wäre für mich sekundär.
    “You must be shapeless, formless, like water. When you pour water in a cup, it becomes the cup. When you pour water in a bottle, it becomes the bottle. When you pour water in a teapot, it becomes the teapot. Water can drip and it can crash. Become like water my friend.” Bruce Lee

  9. #9
    Avatar von Medha
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    Zitat Zitat von Deichgräfin Beitrag anzeigen
    Na, wie dein Chef das sieht, ist doch eigentlich klar. Wer als verantwortlicher Auftragnehmer da Bedenken hätte, würde das ablehnen. Zumindest sind die Bedenken bei deinem Chef nicht so hoch, dass er das getan hätte!
    Das lässt sich meiner Meinung nach nicht so leicht sagen. Es ist auch möglich, dass er auch im Dilemma steckt, weil er sich den Mitarbeitern gegenüber verantwortlich fühlt und der Laden laufen muss, da sonst betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen werden müssen.

    @heuteanonym: wenn es geht, dann solltest Du offen mit Deinem Chef sprechen. Nicht als Drohung aber ich finde, er kann schon wissen wie es aussieht und falls das eine längerfristige Zusammenarbeit wird, würde ich mich nach einem neuen Arbeitsplatz umsehen. Ich kann Deine Haltung nachvollziehen und eben solche Zwänge, denen man als Angestellte unterworfen ist, haben dazu geführt, dass ich mich selbständig mache.

  10. #10
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    Liebe h.a.,

    ich kann deine Bedenken sehr gut nachvollziehen. Auch ich habe schon AG gehabt, wo ich mich mit der Kundschaft nicht sehr wohl gefühlt habe und auch sogar moralische Bedenken (z.B. Umweltschutz) hatte.

    Ich würde dir auch raten - wenn das Verhältnis zu deinem Chef gut ist - mit ihm in einer guten Situation darüber zu sprechen. Manchmal bietet sich das an, wenn man Abends noch länger im Büro ist. Ich könnte mir vorstellen, dass dein Chef evtl. auch in einer Zwickmühle ist. Auf der einen Seite trägt er die Verantwortung für Firma und Mitarbeiter, zumal die wirtschaftliche Situation ja bis vor kurzem nicht so rosig war. Andererseits muss er "nehmen" was kommt, wenn die Durststrecke an die Liquididät gegangen ist.

    Such mal ein vertrauliches Gespräch mit ihm. Ich denke, das kann vieles Ausräumen, auch wenn es das Problem natürlich nicht schmälert.
    Die letzte Strophe deines Liedes war verklungen, als er deinen Namen rief.
    In mir jedoch wird's nie verstummen. Es singt ganz leise........seelentief.

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