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Thema: Kindermörder Gäfgen erstellt Strafanzeige

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  1. #1
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    Das ist auch nicht selten der Fall, Geruchsvictim. Trotzdem hat jeder Mörder ein Anrecht auf einen Verteidiger und im Zivilprozess ist es in der Schadenshöhe sogar Pflicht, sich durch einen Anwalt vertreten zu lassen, sonst kann man so eine Klage gar nicht führen.

    Es ist eine rein juristische Frage, die ich nicht unspannend finde. Nur weil Gäfgen - platt gesagt - alles falsch gemacht hat, heißt das nicht, dass andere auch alles falsch machen dürfen, vor allem, wenn es sich bei den anderen um Polizisten und Ermittlungsbehörden handelt.

    Ihm das Recht zur Geltendmachung seiner Ansprüche zu nehmen - ob den Ansprüchen statt gegeben wird, werden die Richter wohl und weise abwägen - wäre aus meiner Sicht ein Armutszeugnis für unseren Rechtsstaat. Art. 3 GG schließt verurteilte Straftäter ein, auch denen steht der Rechtsweg offen. Das müssen wir hinnehmen, auch wenn die Folgen grotesk scheinen.

    Fakt ist, dass der Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg die Bundesrepublik Deutschland wegen Verstoßes gegen das Folterverbot verurteilt und Gäfgen damit teilweise Recht gegeben hat. Die Große Kammer bezweifelte, dass die Behörden angemessen auf den Ernst der Lage reagiert hätten und bemängelte, dass die Beamten nur zu geringen Geldstrafen auf Bewährung verurteilt wurden. Die Verurteilung Gäfgens zu lebenslanger Haft stellten die Richter aber nicht in Frage. Zurecht, klar.

    Trotzdem muss man den Vorfall von mehreren Seiten betrachten, mit allen Konsequenzen.

    Hier ein meiner Meinung nicht schlechter Artikel zu dem Thema. http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,698946,00.html

    Man stelle sich vor, Gäfgen sei unschuldig gewesen. Was würden wir dann zum Einsatz von Folterandrohungen sagen? Wir würden Folter und die Androhung oder gar Ausübung von Gewalt sicher ablehnen. Das muss unser Maßstab sein, nach dem wir urteilen, auch wenn das schwer fällt.

  2. #2
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    Ich unterschreibe bei Abendkleidchen. Ich hab eben noch mit einer Kollegin darüber gestritten. Sie findet es unmöglich, dass Gäfgen sich herausnimmt, Strafanzeige zu erstatten und der solle den Ball flach halten. Der Polizist sei schon gestraft genug, da Gäfgen ihm eh schon die Karriere kaputt gemacht habe. Das Argument, dass in einem Rechtsstaat wie Deutschland nunmal Folter(-androhungen) bei Polizeiverhören zum Glück verboten sei und dies für alle Menschen gelte, wollte sie nicht gelten lassen, da zum Zeitpunkt der Androhung klar gewesen sei, dass Gäfgen der Täter war. Für mich ist es menschlich, so zu handeln, wie der Polizist es getan hat. Das macht es aber nicht legal. Schließlich möchte ich nicht mal zu unrecht verdächtigt werden und in so eine Situation geraten - das Gesetz muss für alle gleich sein und ist eben auch in diesem Fall keine Auslegungssache.
    "Es gibt Windhunde und es gibt Möpse. Und ich werde nunmal in diesem Leben kein Windhund mehr."

  3. #3
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    Sie werden Gäfgen deswegen nicht in die Freiheit entlassen, er ist schuldig am Tod des Jungen. Das ist schon mal klar und beruhigend.
    “These are used emotions. Time to trade them in. Memories were meant to fade, Lenny.”
    — Mace, Strange Days


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  4. #4
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    Zitat Zitat von Puckprinzessin Beitrag anzeigen
    Ich unterschreibe bei Abendkleidchen. Ich hab eben noch mit einer Kollegin darüber gestritten. Sie findet es unmöglich, dass Gäfgen sich herausnimmt, Strafanzeige zu erstatten und der solle den Ball flach halten. Der Polizist sei schon gestraft genug, da Gäfgen ihm eh schon die Karriere kaputt gemacht habe. Das Argument, dass in einem Rechtsstaat wie Deutschland nunmal Folter(-androhungen) bei Polizeiverhören zum Glück verboten sei und dies für alle Menschen gelte, wollte sie nicht gelten lassen, da zum Zeitpunkt der Androhung klar gewesen sei, dass Gäfgen der Täter war. Für mich ist es menschlich, so zu handeln, wie der Polizist es getan hat. Das macht es aber nicht legal. Schließlich möchte ich nicht mal zu unrecht verdächtigt werden und in so eine Situation geraten - das Gesetz muss für alle gleich sein und ist eben auch in diesem Fall keine Auslegungssache.
    Ich stimme dem und natürlich Abendkleidchen absolut zu... aber um es mal ganz emotional auszudrücken, in meinem Herzen bin ich Mutter und kann den Polizisten gut verstehen und würde solche Typen lieber häuten als ihnen ein gerechtes Verfahren zukommen zu lassen. Sowas darf ich denken, das bedeutet aber nicht, dass ich so handeln möchte oder dies für tatsächlich sinnvoll erachte!
    Liebe Grüße
    Cordu

  5. #5
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    Zitat Zitat von Cordu Beitrag anzeigen
    Ich stimme dem und natürlich Abendkleidchen absolut zu... aber um es mal ganz emotional auszudrücken, in meinem Herzen bin ich Mutter und kann den Polizisten gut verstehen und würde solche Typen lieber häuten als ihnen ein gerechtes Verfahren zukommen zu lassen. Sowas darf ich denken, das bedeutet aber nicht, dass ich so handeln möchte oder dies für tatsächlich sinnvoll erachte!
    das bestreitet ja auch keiner

    emotionen, persönliche, dürfen eben nur keine grundlage für gesetze sein. was weiß ich wie ich handeln würde, wenn jemand aus meinem engen kreis bedroht wäre - ich glaube, in bestimmten situationen könnte ich auch für nichts garantieren. und vielleicht würde mir das eine oder andere auch absolut nicht leid tun. ich wäre dann allerdings trotzdem für eine sehr strenge strafe für mich - weil gehen tut selbstjustiz o.ä. eben halt gar nicht.
    Auch die hohlste Nuss will noch geknackt sein. (F. Nietzsche)

  6. #6
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    Zitat Zitat von Susi Simpel Beitrag anzeigen
    emotionen, persönliche, dürfen eben nur keine grundlage für gesetze sein. was weiß ich wie ich handeln würde, wenn jemand aus meinem engen kreis bedroht wäre - ich glaube, in bestimmten situationen könnte ich auch für nichts garantieren. und vielleicht würde mir das eine oder andere auch absolut nicht leid tun. ich wäre dann allerdings trotzdem für eine sehr strenge strafe für mich - weil gehen tut selbstjustiz o.ä. eben halt gar nicht.
    Das ist der Punkt. Ich denke, niemand weiß, wie er als Betroffener, sei es nun Opfer bzw. Angehöriger oder Freund eines geliebten Menschen, in bestimmten Extremsituationen handeln würde. Da wird alles Vorangegangene zur Theorie und die Welt steht Kopf. Da kann man sich nur wünschen, niemals in eine solche Situation zu kommen.
    H.G. eve

    Wozu braucht man ein Gehirn, wenn man es nicht benutzt?

  7. #7
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    Peinlich für Deutschland...da bekommt ein Mörder 3.000,- Schadensersatz...

    Gericht spricht Kindermörder Gäfgen Schmerzensgeld zu
    Magnus Gäfgen entführte und ermordete einen Bankierssohn, jetzt bekommt er Schmerzensgeld vom Land Hessen. Das Frankfurter Landgericht hat dem 36-Jährigen 3000 Euro zugesprochen, weil ihm ein Polizist nach seiner Festnahme Gewalt angedroht hatte.
    http://www.spiegel.de/panorama/justi...778343,00.html

  8. #8
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    *LV*, vielleicht ziehst du demnächst in eine schöne Diktatur, dort ist Folter gesetzlich meist nicht verboten, bzw. dort muss sich der Staat nicht an seine Gesetze halten. So sehr ich es menschlich verstehen kann, was der Polizist getan hat: Es geht nicht nach unseren Gesetzen und in unserem Rechtsstaat. Dass der Typ ein Mistkerl (das ist noch untertrieben) ist, steht außer Frage. Trotzdem ist er durch seine Taten nicht vogelfrei. Peinlich für Deutschland wäre gewesen, wenn er kein Recht bekommen hätte. Auch Verbrecher (bzw. in seinem Fall Verdächtige eines Verbrechens, denn der Polizist handelte ja vor der Verurteilung) haben in unserem Land Rechte.
    "Es gibt Windhunde und es gibt Möpse. Und ich werde nunmal in diesem Leben kein Windhund mehr."

  9. #9
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    Zitat Zitat von *LV* Beitrag anzeigen
    Peinlich für Deutschland...
    Nein, nur ein Beweis für eine objektive Rechtsprechung und eine logische Konsequenz der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.

  10. #10
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    Zitat Zitat von Abendkleidchen Beitrag anzeigen
    Das ist auch nicht selten der Fall, Geruchsvictim. Trotzdem hat jeder Mörder ein Anrecht auf einen Verteidiger und im Zivilprozess ist es in der Schadenshöhe sogar Pflicht, sich durch einen Anwalt vertreten zu lassen, sonst kann man so eine Klage gar nicht führen.

    Es ist eine rein juristische Frage, die ich nicht unspannend finde. Nur weil Gäfgen - platt gesagt - alles falsch gemacht hat, heißt das nicht, dass andere auch alles falsch machen dürfen, vor allem, wenn es sich bei den anderen um Polizisten und Ermittlungsbehörden handelt.

    Ihm das Recht zur Geltendmachung seiner Ansprüche zu nehmen - ob den Ansprüchen statt gegeben wird, werden die Richter wohl und weise abwägen - wäre aus meiner Sicht ein Armutszeugnis für unseren Rechtsstaat. Art. 3 GG schließt verurteilte Straftäter ein, auch denen steht der Rechtsweg offen. Das müssen wir hinnehmen, auch wenn die Folgen grotesk scheinen.

    Fakt ist, dass der Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg die Bundesrepublik Deutschland wegen Verstoßes gegen das Folterverbot verurteilt und Gäfgen damit teilweise Recht gegeben hat. Die Große Kammer bezweifelte, dass die Behörden angemessen auf den Ernst der Lage reagiert hätten und bemängelte, dass die Beamten nur zu geringen Geldstrafen auf Bewährung verurteilt wurden. Die Verurteilung Gäfgens zu lebenslanger Haft stellten die Richter aber nicht in Frage. Zurecht, klar.

    Trotzdem muss man den Vorfall von mehreren Seiten betrachten, mit allen Konsequenzen.

    Hier ein meiner Meinung nicht schlechter Artikel zu dem Thema. http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,698946,00.html

    Man stelle sich vor, Gäfgen sei unschuldig gewesen. Was würden wir dann zum Einsatz von Folterandrohungen sagen? Wir würden Folter und die Androhung oder gar Ausübung von Gewalt sicher ablehnen. Das muss unser Maßstab sein, nach dem wir urteilen, auch wenn das schwer fällt.
    dem schließe ich mich uneingeschränkt an und möchte es dick unterstreichen, vor allem auch den von mir auch schon mehrfach hier zitierten artikel von von schirach.

    es sollte einfach jedem klar sein, dass eben ein staat als institution sich an seine eigenen regeln/gesetze halten muss genauso wie beamten als ausführende organe desselben. und dass der staat, wenn er diesbezügliche verstösse - unabhängig vom anlass! (gäfgen) - duldet, sich selbst und seine fundamente unterminiert und ad absurdum führt, darüber hinaus der willkür tür und tor geöffnet sind.

    das beispiel von abendkleidchen ist durchaus einleuchtend und eines, das ich immer wieder in anderer form bringe: wenn man ein spiel spielt, und der gegner foult, ist man dann berechtigt auch zu foulen?
    heißt das dann, dass die eigenen werte nur so lange etwas wert sind und verfolgt werden, wie sich auch alle anderen daran halten?
    was sind solche werte überhaupt wert wenn sie nicht um ihrer selbst willen verfolgt werden? nichts.

    um humanität, menschenwürde usw. muss man sich nicht mehr scheren, wenn man sie in "gegebenen situationen" (wer entscheidet? und wer wacht über die entscheidende instanz? und wer wacht über die über die entscheidende instanz wachende instanz?) einfach außer acht lassen kann/will - dann sind solche heeren ideale eben keine (mehr) bzw. nichts wert.
    Geändert von Susi Simpel (28.07.11 um 11:27:24 Uhr)
    Auch die hohlste Nuss will noch geknackt sein. (F. Nietzsche)

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