Foto von alter Liebe

[Iridia]

Heute morgen schlage ich die Zeitung auf und sehe eine alte große Liebe von mir, mit seiner Frau und seinen Kindern, der Junge sieht aus wie er und meine Gedanken gehen zurück an damals.

Er, der anfangende Schauspieler, den man ohne Federlesens ruhig als hässlich hätte bezeichnen können, der mich in einer ziemlich schrägen Nacht mit so einem Charme und Intelligenz beeindruckt hat, das ich die ganze Nacht von ihm geträumt habe, ich liebte sein Aussehen, seine Besonderheit. Er rief ich morgens an und fragte, ob ich mich noch an ihn erinnere. Meine Gedanken schweifen weiter, an damals, als wir mal eng umschlungen aufwachten und er mir sagte, ab jetzt (Mitternacht) hat er Geburtstag und wie es war, seine Eltern kennenzulernen. Ich denke an unsere wilden Nächte, an das, was uns damals verband und dass ich gar nicht gemerkt habe, in eine Beziehung eingebrochen zu sein, weil er es mir nicht erzählt hat und von der ich auch keine Spur gesehen habe.

Mir fällt wieder ein, wie ich ihm einige Zeit der Wahl gelassen habe und er sich gegen mich entschieden hat und wie unglücklich und untröstlich ich war.

Lange Jahre später traf ich ihn wieder, inzwischen gestandener Schauspieler, eine Kollegin sagte mir: sei froh, dass du ihn los bist, er hat Familie und geht ständig fremd und auch ohne das zu wissen, war da nichts mehr zwischen aus außer alter Sympathie und einer Vertautheit, die schön war, aber lange her. Ich sehe ihn immer mal in den Medien finde interessant, was er so macht und fühlte nichts Besonderes.
Aber heute morgen beim Anblick seines Sohnes hab ich einen kurzen Moment daran gedacht, nein: gefühlt - wie es war und was ich damals erhofft habe. Ich hatte Sehnsucht nach meiner Unbeschwertheit damals, der Naivität, des Neuen. Dann war es wieder vorbei und jetzt ist es weg.

Heute sieht übrigens schon sehr viel besser aus und ich muss ziemlich grinsen beim der Erinnerung an die Kommentare meiner Freundinnen damals, die mein Faible für ihn nicht nachvollziehen konnten. Schon seltsam, da hat man über viele Jahre nicht mehr daran gedacht und plötzlich kommt ein Traum, ein Gefühl oder irgendwas und man hat das Gefühl, es ist alles so präsent wie damals. Als ob keine Zeit dazwischen liegt. Für einige Monate damals war ich wie im Rausch und obwohl ich dachte, mich nur daran erinnern zu können, war es auf einmal kurz da. Ein Schnellbesuch eines vergangenen Gefühls.

Irre das. Kennt das jemand?

[Mayanmar]

Ach Iridia... das geht einem unter die Haut und ans Herz......

Ja, ich kenne das auch. Meine 1. Liebe war ein 17jähriger, der eine Freundin hatte, ich war totunglücklich und er hatte sich gegen sie, aber für mich entschieden. Leider funkte mein Vater damals dazwischen und ich durfte mich nicht mehr mit ihm treffen. Mein Vater hatte seiner allein erziehenden Mutter mit rechtlichen Schritten gedroht (ich war 15), sollte es zu weiteren Treffen kommen.



Ich war untröstlich, lange habe ich getrauert.

Und vor ca. 2 Jahren habe ich per Zufall etwas gefunden... auf dem Speicher meines Ex stehen viele Kartons mit meinen Büchern. Auch frühere Schulbücher von mir und ich suchte nach meiner franz. Grammatik. Plötzlich viel mir ein Kästchen mit einem Bündel Briefe in die Hand, mit einem Baumwolltaschentuch mit den Initialen des damaligen Freundes. Seine Liebesbriefe....

Eine ganze Nacht habe ich gelesen, es sind ca. 60 Briefe. Und ich meinte, seinen Duft (er hatte damals sein Parfum auf das Taschentuch gesprüht) noch riechen zu können.

Alle Bilder kamen wieder hoch. Wie er mit dem Fahrrad heimlich an der Schule stand, mein 1. Kuss (viel mehr ist auch nicht passiert damals), unsere Treffen. Wei unglücklich er über die Intervention meines Vaters war. Und wie naiv wir waren, zarte 1. Liebe.

Hach... bitter-süße Erinnerungen....

[Spatzeline]

Ja, ich kenn das. Und es ist, als würde einen die Vergangenheit einholen.

1999 lernte ich hier im Ort auf einer Sommerparty unsere Eishockeyvereins einen Kerl aus Rosenheim kennen. Das war schon zu vorgerückter Stunde, ich stand auf einer Bank und sang lauthals mit und er stand auf einmal vor mir und schaute zu mir hoch, ich bemerkte den Blick aus seinen grünen Augen und winkte ihn zu mir rauf. Es war einfach die berühmte Liebe auf den ersten Blick- dachte ich.
9 Wochen dauerte die Sache. 9 Wochen Achterbahn der Gefühle.
Meine Familie war total dagegen. Weil er so weit weg wohnte, sie redeten mir ein, er würde mich nur veräppeln, seine Familie sei nur so freundlich zu mir, weil sie mich nach Rosenheim ziehen wollten, in Wirklichkeit würden die mich gar nicht mögen, sogar der Hund war angeblich abgerichtet, nett zu mir zu sein.
Ich war damals gerade 21 Jahre alt und meiner Familie nicht gewachsen. Dem Druck und der dauernden Beeinflussung konnte ich nicht stand halten und trennte mich von ihm.
Danach hab ich nie mehr was von ihm gehört. Vergessen hab ich ihn aber nie.

Ich hatte einen Bekannten, der auch ihn kannte durch das Eishockey. Den fragte ich nach einigen Jahren mal nach ihm. Da bekam ich dann die Auskunft, er sei tot. Das zog mir natürlich ziemlich die Füße weg, aber irgendwas sagte mir, dass das nicht stimmt.
Kurz nach der Trennung von meinem Mann gab ich eines Abends aus einer Laune heraus seinen Namen bei Lokalisten in die Suche ein.
Ihr könnt euch vielleicht vorstellen, wie mir das Herz in die Hose rutschte, als ich ihn tatsächlich fand! Ich erkannte ihn sofort. Hab ihn natürlich auch gleich angeschrieben und er hat geantwortet, sich riesig gefreut, dass ich mich melde. Und im Juni 2009 stand ich ihm dann nach 10 Jahren wieder gegenüber.
Mittlerweile sind wir gut befreundet und haben immer noch Kontakt zueinader.
Die Info über seinen Tod kam übrigens durch einen Druckfehler zustande. Sein Vater war verstorben und im Jahr 1937 geboren, beim Druck der Todesanzeige passierte aber ein Zahlendreher, und es stand 1973 in der Zeitung, das Jahr in dem er geboren war. Und da er und sein Vater den selben Vornamen hatten, glaubten eben viele, dass er gestorben sei.

[Minerva]

Ja, das kenne ich. Du hast aus meiner Sicht übrigens schriftstellerisches Talent, Iridia, du schreibst sehr bildhaft und schön, wenn ich das sagen darf

Ich überlege auch hie und da. Es sind oft nicht mal direkt auf eine alte Liebe bezogene Gedanken. Manchmal schon, manchmal eher allgemein. Wie wäre es gekommen, wie wäre es gewesen, wenn ich diese Abzweigung statt jener genommen hätte? Ich finde es sehr spannend, so einen Lebensweg. Wie "zufällig" sich die Wege oft ergeben, aber doch hat alles seinen Sinn. Und dennoch würde ich manchmal gerne wissen, was gewesen wäre, wenn.

Ich denke, in der einen oder anderen Form kennen das viele Menschen. Interessantes Thema, ich werde da gern mitlesen.

[Minerva]

Meine Familie war total dagegen.

Interessant, dass das alle Geschichten fast gleich haben. Sind es vielleicht sogar die verbotenen, unmöglichen, nicht gewollten Geschichten, an die man sich am Längsten erinnert?

[verone*]

Oh ja, das kenne ich.
Meine 1. große Liebe habe ich mit 18 kennengelernt. Wir waren über 2 Jahre ein Paar. Ich empfand die Beziehung anfangs als perfekt. Zum Ende hin habe ich einen riesigen Fehler begangen und er trennte sich von mir. Ich war einfach unreif. Es hat über ein Jahr gedauert, bis ich wieder normal denken konnte. Sehnsucht, Wut und Trauer hatten mich zerrissen. Vor 1,5 Jahren sah ich ihn zufällig auf einer Party. Mit seiner Neuen. In diesem Moment blieb die Welt stehen. Trotz der langen Zeit, die uns trennte - mir kam es vor, als wäre alles erst gestern passiert.

[Carrie Ann]

Ja kenne ich und es nicht gut für mich gewesen.

[Exuser66]

Klar sind es die Dramen der unerfüllten Liebe, an die man sich am besten erinnert. Ina Müller hat da ein wunderbares Lied drüber gemacht, nach dem Motto, so intensiv lebe sie nicht mehr wie damals in der Zeit mit dem verheirateten Mann. Ich finde es ohne Drama noch viel schöner und angenehmer.... Außerdem ist es das Privileg der Jugend, kompromisslos zu lieben und zu leiden, später hat man dazu nicht mehr soviel Zeit. Oder lässt sich auch gar keine Vorschriften mehr machen.

[Iridia]

hach, ist das schön, damit nicht allein zu sein.

@ Mayanmar

wie traurig.

Mir ging auch die alleinerziehende Mutter nah, deren Sohn sich irre verliebt hatte und der noch gedroht wird. Klingt nicht so, als hättest du ihn jemals wieder gesehen oder?
Ja, bittersüß klingt das. Was für eine schöne und traurige Geschichte.

Als ich das erste Mal verliebt war, war ich 16 und er 14.
Ich ging zu seiner alleinerziehenden Mutter, wartete auf ihn und nahm unser Gespräch heimlich mit dem Kassettenrecorder auf, das ich mir dann immer wieder blöde lächelnd angehört habe um keine Nuance dessen, "was er noch gemeint haben könnte" zu verpassen. Wir hatten eine schräge Romanze und die Schule stand kopf. Ich ging von der Schule und zog weg und es ging auseinander. Kurz bevor ich in dem Hotel, in dem ich viele Jahre später arbeitete in Schwangerenurlaub ging, hörte ich, er würde dort beginnen zu arbeiten. Wir haben uns nicht wieder gesehen und gerade so verpasst. Das wäre doch was gewesen.

@ Spatzeline

auch eine wunderbare Geschichte. Wie schön, dass ihr euch wiedergefunden habt, dass es nicht ganz so endete, wenn vermutlich auch als Liebesgeschichte. Ich hab richtig Herzklopfen gehabt, als du schriebst, wie du ihn gesucht hast!

@ Minerva



ja, das: was wäre, wenn? War auch so ein Gedanke, den ich heute hatte. Wenn man sich trennt, trennt man sich ja schmerzlich von allen Dingen, die hätten sein können, die man erhofft und sich gewünscht hat. Später sieht man das manchmal aus anderer Perspektive wieder: so und so hat er es tatsächlich weiter gemacht und so und so du selber. Falls die Wege zufällig sehr parallel verlaufen, macht man sich schon seine Gedanken, auch wenn sie sinnlos sind.

@ Verone

kann ich gut verstehen und richtig nachfühlen. Man überlegt sich ja oft, wie das zufällige Wiedersehen wird und dann trifft es einen oft ganz unvorbereitet.

[Iridia]

@ Janne

wie heißt denn das Lied?