Liebes Board,
eins vorneweg: ich möchte nicht unter meinem regulären Usernamen schreiben, weil dieses Thema mir zu persönlich ist.
Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll... Ich denke, es ist der Zeitpunkt gekommen, an dem ich mich von meinem langjährigen Partner trennen möchte. Ich bin jetzt Anfang 30 und wir sind seit einigen Jahren zusammen, wohnen auch zusammen, sind aber weder verheiratet und haben auch keine Kinder.
Ich denke, wir sind an einem Punkt angekommen, an dem grundsätzliche Charaktereigenschaften das Problem sind: Ich bin ein eher organisierter Mensch. Ich möchte mich weiterentwickeln, effizienter werden, liebevolle Menschen in meinem Umfeld haben, mir einfach meine kleine heile Welt schaffen. Mein Partner ist eher introvertiert und oftmals pessimistisch. Er sitzt in seiner Freizeit am liebsten vor dem Computer, schaut dabei fern, hat kaum Freunde.
Auch unser Verhältnis zu Geld ist grundsätzlich verschieden. Wir haben beide studiert und arbeiten in ähnlichen Bereichen. Er ist ein paar Jahre älter als ich. Trotzdem ist er beruflich viel erfolgreicher. Er verdient mittlerweile das Dreifache von dem, was ich verdiene und er meint, er sei total unterbezahlt. Wenn ich von jemandem erzälhle oder er jemanden kennenlernt, interessiert ihn zuerst, was derjenige macht und wieviel er verdient. Normalerweise ist Geld bei uns aber kein großes Thema, da er auch recht großzügig ist. Wir teilen unsere Ausgaben so auf, dass jeder prozentual vom Nettoeinkommen ungefähr den gleichen Anteil ausgibt. Im Alltag funktioniert das auch.
Eigentlich haben wir uns ganz gut "arrangiert", wenn da nicht diese Ausfälle wären. Alle 6-8 Wochen passiert es, dass mein Freund zu viel Alkohol trinkt. Das passiert dann meistens unter der Woche spät abends und da ich viel unterwegs und abends oft anderweitig als mit ihm beschäftigt bin, trinkt er dann alleine einige Bier. Mich regt dieses Betrinken alleine maßlos auf. Erstens, weil mein Vater selbst Alkoholiker ist (mein Partner weiß das natürlich und kennt meinen Vater und meine Geschichte auch) und das Thema deshalb schon sensibel ist. Und zweitens, weil diese Situationen mir vorspiegeln, dass mein Partner ein unglücklicher, in sich gekehrter, zutiefst unzufriedener und unsicherer Mensch ist. Die Situation eskaliert dann meistens, weil ich es provoziere. Ich sage dann sowas wie "du hast eine Fahne, deine Säuferei kotzt mich an". Dann haucht er mich extra an und findet das alles total witzig. Meistens werde ich dann handgreiflich und er wird verbal verletzend. Er wirft mir dann vor, dass ich beruflich nichts gebacken bekomme und dass ich es aus finanziellen Gründen eh nicht schaffe, mich von ihm zu trennen. Gestern sagte er sowas wie "und an dieser Stelle würden die meisten Männer ihre Freundin verkloppen". Ich gebe zu, ich provoziere ihn aufs Äußerste und manchmal wünsche ich mir sogar, dass er handgreiflich wird, damit mir die Trennung leichter fällt...
Wie kann eine Beziehung zwei so gegensätzliche Gesichter haben? Im Alltag funktionieren wir gut miteinander. Wir lieben uns. Sind zärtlich miteinander. Kümmern uns um den anderen. Sind für den anderen da. Wenn er mal mehr Stress hat, übernehme ich mehrere Aufgaben. Wenn ich mal mehr Stress habe, kümmert er sich mehr. Haushalt, Geld, familiäre Themen sind bei uns im Alltag nie ein Problem. Wären da nicht diese Aufälle... Ich kann damit leben, dass er ein Eigenbrötler ist und mache oft mein eigenes Ding, aber das Alkoholthema geht für mich einfach an die Substanz.
Ich habe große Angst, mich zu trennen. Es durchzuziehen. Eine Wohnung zu suchen. Meine Sachen zu packen. Mir vor Augen führen zu lassen, dass ich meinen Lebensstandard nicht halten kann. Mein Umfeld kennt nur die rosarote Seite meiner Beziehung. Unsere Familien rechnen eher mit einer Verlobung, als mit einer Trennung. Meine Freundinnen sind derzeit alle mit eigenen, relevanten Problemen beschäftigt (Scheidung mit Kindern, neugeborenes Kind, selbst kurz vor der Trennung, Trennung und neuer Job). Ich habe das Gefühl, dass ich - wenn ich es durchziehe - da ganz alleine durch muss und - ganz ehrlich - ich weiss nicht, ob ich das schaffen kann. Zudem der zerbrochene Traum von einer glücklichen Partnerschaft und der Kinderplanung, die in den nächsten Jahren in Angriff nehmen wollten...
Was soll ich bloß tun?