Hallo,
Danke für den interessanten Link.
In dem Text steht
"The question to be decided is whether the State has proven beyond a doubt that the appellant subjectively foresaw the possibility that his actions would result in the death of the deceased, and nevertheless persisted in his conduct.”
Ich verstehe zwar die rechtlichen Ausführungen (entspricht der ö Rechtslage), aber ich kann die Beurteilung in diesem konkreten Fall eben nicht nachvollziehen. Im Text wurde subjectively hervorgehoben (nicht durch mich), in Wahrheit ist das Wesentliche doch viel mehr "beyond a doubt".
Dh die Richterin hatte Zweifel daran, dass er, der 4 Mal schießt, nicht damit rechnet und sich nicht damit abfindet, jemanden zu töten. Sollte dieser Fall nicht die erforderliche Überzeugung eines Eventualvorsatzes bei ihr hervorrufen, kann man das gesamte Dolus Eventualis-Konzept überhaupt umschmeißen. So lange der Angeklagte auf einen anderweitigen inneren Willen beharrt, dürfte konsequenterweise niemand mehr danach verurteilt werden. Ich habe einen Prozess erlebt, da wurden ein Teilnehmer an einer Messerstecherei wegen Mordes mit Eventualvorsatz verurteilt. Natürlich meinte er selbst auch, er hätte eigentlich niemanden töten wollen.
Ich habe schon oft mild anmutende Urteile verteidigt, weil das Rechtssystem oft eine andere Sprache spricht. Ich kritisiere nicht die rechtliche Beurteilung. Sie ist aber das konsequente Ergebnis einer absolut haarsträubenden Beweiswürdigung (zur Schuldfrage). Zugeben muss ich aber, dass ich nat nur das kenne, was man in den Medien berichtet hat.
Immer noch nicht ganz klar ist mir aber überhaupt, ob die Richterin nun die Notwehrsituation gefolgt ist oder ihr keinen Glauben geschenkt hat. Sie spricht später nur mehr von "der Person, die hinter der Tür war". Ich hab Unterschiedliches dazu im Netz gefunden.
Achja, natürlich glaube ich auch, dass Pistorius es "eigentlich nicht wollte"...und zwar im Nachhinein, wie so viele, die im Affekt handeln. Das hindert aber den Vorsatz nicht.
Wie kam Pistorius (in seiner Version) eigentlich dann drauf, dass er Reeva erschossen hat? Warum wurde er auf einmal mutig und hat die Badezimmertür geöffnet? Wieso wusste er plötzlich, dass die Person nicht mehr gefährlich sein konnte (weil ja tot) und traute sich offenbar doch, die Tür zu öffnen? Die Person hat ja, in seiner Version, weder geschrieen noch sonst irgendwas getan, was sie plötzlich nicht mehr tat (weil tot).
Naja, ich bin gespannt auf das Strafausmaß. Im Ergebnis ist ja das fast noch entscheidender.
Edit: Okay, sie glaubte offenbar die Version mit dem Einbrecher. Dann geht's aber doch wiederum nicht um den Eventualvorsatz des Erschießens, sondern um die Beurteilung eines Putativnotwehrexzesses.