Ich möchte mal zu Bedenken geben, dass eine bipolare Erkrankung viele Gesichter haben kann. Manche Patient:innen sind über lange Phasen sehr stabil und haben nur selten eine depressive oder auch mal eine leichte manische Episode. Andere sind von rapid cycling betroffen, also einem sehr schnellen Wechsel zwischen beiden Extremen mit wenigen "Ruhephasen". Die medikamentöse Einstellung ist dementsprechend schwierig und Phasenprophylaxe nicht immer verlässlich. Lithium wird häufig gegeben und da weiß man ja bis heute nicht, warum und wie das genau wirkt. Dementsprechend wirkt es auch bei Betroffenen unterschiedlich.

Spears mit anderen betroffenen Personen des öffentlichen Lebens zu vergleichen, hinkt also, weil Bipolar eben nicht gleich Bipolar ist.

Menschen in massiven manischen Phasen zeigen häufig ein extrem impulsives Verhalten, beispielsweise bezogen auf Finanzen (da macht dann eine gesetzliche Betreuung Sinn, um sie davor zu schützen, sich beispielsweise zu verschulden. Eine Klientin von mir hat mal in der Manie eine Yacht kaufen wollen, zum Glück sind solche Kaufverträge dann nicht rechtsgültig. Sie war ALG II Empfängerin).

Aber das kann eben auch für das S.e.x.ualverhalten gelten. Viele Betroffene sind dann froh, dass sie sich in einer stabilen Phase eine Spirale haben setzen lassen, da sie sich selbst in der Manie nicht wiedererkennen und heilfroh sind, dass sie zumindest vor einer ungewollten Schwangerschaft geschützt sind.

Natürlich ist das ein absolut heißes Eisen - wie geht man mit Selbstbestimmung um, wenn Menschen in manchen Phasen einen anderen Willen artikulieren?!

Ich will damit gar nicht sagen, dass bei Spears alles richtig gelaufen ist, sondern lediglich darauf hinweisen, dass es Fälle geben kann, in denen manche Vorkehrungen ihre Richtigkeit haben und von den Betroffenen auch absolut gewünscht sind.

Wie das bei Spears ist, wissen wir nicht und es ist auch für Fachkräfte letztlich nicht möglich, da aus der Ferne eine fundiertes Urteil abzugeben.

Ich wünsche ihr sehr, dass sie gut klar kommen wird. Familiäre Vormundschaften fand ich meistens problematisch, aber das ist wieder ein anderes Thema.