Reisst Ihr Euch am Riemen?

[Exuser64]

Naja, ob ich mich streite und/oder anschreie und einer heult sich dabei die Augen aus oder ob mir in einer sachlichen Diskussion in der Wut ein paar Tränen aufsteigen, die 3 Minuten später verraucht sind, ist das wohl ein gewaltiger Unterschied.
Und wenn das dann ein oder zweimal im Jahr vorkommt, ja, ich denke, das ist schon grundsätzliche eine harmonische Beziehung.

[Exuser65]

Ja, so ist das wohl.

[Exuser64]

Denk ich mir schon. Man hat ja auch in diesem Thread gesehen, dass das für viele ganz normal ist. Es ist halt keine Partnerschaft, in der ich leben möchte. Aber es muss ja auch niemand so leben. Topf und Deckel passen dann schon.

So ist es.

[Exuser64]

Was mir noch dazu einfällt: Egal wo auf der Welt, es ist nirgend gewollt, dass man sich anschreit oder zum Weinen bringt, sei es im Büro, im Supermarkt, bei Freunden, egal wo, man würde sich so niemals verhalten, wenn einem was nicht passt (bis auf wenige Ausnahmen).
Aber gerade bei den wichtigsten, liebsten, engsten Vertrauten scheint es für Leute an der Tagesordnung und völlig normal zu sein. Irgendwie doch völlig verquer, oder?

[Cosmanova]

Hallo Ballkönigin,

ich kann das sehr gut nach'empfinden' und würde persönlich auch nicht hingehen. Mach dir da keine Sorgen, du bist da wahrscheinlich auch kein Typ, der plötzlich 'Heiter-Sonnenschein' spielen kann und das ist auch völlig in Ordnung so. Nur weil viele das in der Gesellschaft so können (eine Maske aufsetzen) und so handhaben heißt es nicht, dass dies besser oder richtig ist. Und das dein Partner das nicht versteht und dich auch noch unter Druck setzt tut mir sehr leid. Das macht die Situation für dich sicher nicht einfacher. Du hättest dir wahrscheinlich zumindest wenigstens da etwas Verständnis gewünscht...

Zudem finde ich es traurig das Menschen, die viell. weniger sensibel sind / nicht so nah am Wasser gebaut sind oder einfacher gestrickt sind... tatsächlich meinen, weinen wäre würdelos und passiv-aggresiv und einem erwachsenen Menschen nicht angemessen. Auch die Bezeichnung Drama-Queen empfnde ich als unsensibel -> und genau da liegt das Problem:

Nur weil man selbst nicht in diesem Maße emotional empfindet oder fühlen kann ist es doch unsinnig sowas als schlecht anzusehen. Gerade solche Menschen sind es, die sich eben mehr Gedanken machen als das was die Allgemeinheit für richtig hält. Denen wirklich was an anderen liegt und im wahrsten Sinne des Wortes sich in diese hineinfühlen können (heißt nicht dass das andere nicht können, nur in diesem Maße viell. nicht). Zudem haben es solche Menschen schwerer, weil es eben nicht so viele Leute gibt die genauso einfühlsam und sensibel sind wie sie selbst und man sich dadurch viell. öfter unverstanden und durch unachtsame Worte und/oder Handlungen die andere als normal empfinden verletzt fühlen.

Zudem erschließt sich mir der Sinn nicht warum man anderen gegenüber eine gewisse Pflicht haben 'soll' und sich daher zusammenreißen MUSS? . Weil das die Allgemeinheit so suggeriert? Weil es der Anstand gebietet und weil es sich nicht schickt aus der Reihe zu tanzen und man gefälligst so sein soll wie alle anderen? Und nicht seine Meinung äußern darf und immer schön einschließen soll, was man wirklich empfindet? Ich sehe hier genug Menschen, die tagtäglich eine Maske tragen und dennoch merke ich, dass sie doch eine traurige Seite an sich haben.
Ich sehe Kollgen an, wenn sie nicht froh sind - auch wenn kein anderer das bemerkt. Genauso ist es mir schon andersrum ergangen: Ich war über Wochen absolut niedergeschlagen und neben der Spur (wegen einer sehr hässlichen Trennung) und habe dann irgendwann den Mut gefunden es der Chefin zu sagen, weil ich dachte meine Arbeit würde drunter leiden und ich würde mehr Fehler machen... und sie meinte ohne eine Miene zu verziehen "Ach... das hab ich ja gar nicht gemerkt". Da frag ich mich auf welcher Seite ich lieber stehen würde...

Sicher sind solche Situationan nicht optimal und schon gar nicht für denjenigen der so reagiert. Aber da kann man sich auch fragen, warum es für einen selbst viell. so unangenehm ist? Was ist denn schlimm daran, wenn ein anderer mir seine Gefühle mitteilt und warum habe ich ein Problem damit? Ich kenne auch Menschen die sich abwenden, wenn sie einen anderen weinen sehen. Das wiederum verstehe ich nicht. Wenn ich sehe das jemand traurig ist möchte ich trösten. Da bedarf es noch nichteinmal Worte. Aber einige sind dazu einfach nicht im Stande - und darüber müsste man dann auch mal reden, wenn weinen würdelos wäre.

Jeder der 'nicht so nah am Wasser gebaut ist' kann sich glücklich schätzen und unglücklich zu gleich:
Glücklich, weil er womöglich noch nie so eine tiefe Verletzheit und Traurigkeit und Verzweiflung empfunden hat und unglücklich, weil er womöglich nie in der Lange sein wird, sich wirklich mit ganzem Herzen in einen anderen Menschen einfühlen zu können (zumindest nie so wie eben der ganz Sensible und Feinfühlige).

Und um die ganzen extremen Sonderfälle (absichtlich mit Tränen manipulieren oder Selbstmorddrohungen, Gewalt, Menschem mit ernsthaft psychischen Problemen,...) gings ja jetzt nicht ganz.
Und zu denen zähle ich sensible Menschen definitv nicht. Sie brauchen einfach nur die richtigen Leute um sich ... und den richtigen Partner....

Also Ballkönigin, es gibt auch andere, die sensibler sind und einfühlsamer und es dir auch nachempfinden können. Schade nur, dass man so von der Meinung der Allgemeinheit selbst abhänging ist, dass es einem peinlich ist, dass man sich entschuldigt, versucht sich zu ändern und wirklich meint, mit einem stimme was nicht...

[*LV*]

@cosmanova
Das hast du schön geschrieben ich glaube auch, dass die Menschen die sich zusammenreißen hohe Erwartungen an sich stellen. Wäre für mich zu anstrengend mein Leben nach anderen auszurichten nur damit ich gut dastehe.

[sunshine lady]

Ich sehe das völlig anders.


Ob man schnell oder garnicht weint hat in meinen Augen absolut überhaupt nichts damit zu tun, wie stark die Gefühle sind und wie einfühlsam man ist!

[apia]

Sehe ich auch so.
Und ich glaube auch nicht, dass Menschen, die schnell Weinen generell mehr zur Emphatie fähig sind.
Das KANN sein. Es gibt aber auch Menschen, die schnell weinen, aber so extrem auf sich bezogen sind, dass sie für die Belange der anderen besonders blind sind.
Ich habe eine Freundin, die dazu neigt. Sie ist so empfindlich was sie selbst angeht, dass sie die Welt um sich herum verzerrt wahrnimmt.
Nämlich, dass sie Welt sich nur um sie dreht, meist zwar im negativen Sinne, aber um sie.
Sie kommt gar nicht auf die Idee, dass Menschen auch eigene Probleme haben könnten, nein sie sitzen den ganzen Tag rum und denken darüber nach wie schlecht sie ist. Und dann weint sie. Und jedes Wort und jedes Verhalten von anderen Menschen wird als beweis genommen, dass sie die schlechterste ist. Ehrlich gesagt nervt das. Ich kenne sie nun 14 Jahre und die ersten Jahre habe ich versucht ihr zu erklären was sie alles besonders gut kann, warum Menschen sie schätzen, wie wertvoll sie ist usw. Ergebnis: 0.
Es bringt absolut nichts, denn sie kann es nicht annehmen und kommt immer mit neuen Beispielen warum der Blick von jemandem schlecht war usw. Wir haben stundenlang darüber geredet, hundertfach, es hat gar nichts genutzt.

Da wir noch befreundet sind, mache ich das jetzt anderes. Ich sage ihr " du steigerst dich wieder rein, lass das mal" und gehe nicht so intensiv darauf ein ob die Arbeitskollegin, die ich gar nicht kenne, sie nun hasst oder nicht.
Sie denkt von sich übrigens, dass sie besonders emphatisch ist, das stimmt aber nicht. Alles was sie glaubt von anderen zu empfangen ist durch die " alle reden über mich" Brille gefärbt.

Deswegen würde ich dieses empfindlich sein nicht so auf ein Podest stellen wollen. Es gibt auch den negativen Narzissmus.
Auch das mit der Maske empfinde ich als falsch. Ich habe geschrieben, ich bin jemand der kurz intensiv sauer ist und danach keine negativen Gefühle mehr verspürt. Keine Maske wird aufgesetzt.
Ich kann mir dann sagen: " Naja, du hast nun gut klar gemacht was dich genervt hat, und die Wut ist raus. Der Mann ist ja grundsätzlich ein guter Mann, also reicht es jetzt mal mit diesem Drama für heute." Und dann ist es auch gut für mich.

[Chiquitita]

Du liebe Güte, Apia, das grenzt ja an Paranoia bei Deiner Freundin!

[Medha]

Wenn man wirklich einfühlsam und sensibel ist, dann nimmt man auch auf die Gefühle anderer Menschen Rücksicht. Das heisst, dass man seine eigenen aufwallenden starken Gefühle wie Verletztheit, Schmerz, Wut und Enttäuschung erst mal mit sich selbst abmacht und reflektiert, was da passiert ist. Denn die eigenen Empfindungen haben in erster Linie mit einem selbst zu tun und nicht damit was ein anderer sagt oder tut. Wenn man dann herausgefunden hat, was los war und tatächlich etwas überbleibt was mit jemand anderem geklärt werden muss, dann ist es doch produktiver und respektvoller in einem ruhigen Gespräch eine Klärung zu suchen.

Man kann sich ausheulen und Telefonbücher zerreissen. Aber andere an solch starken Gefühlen teilhaben zu lassen, finde ich nicht emphatisch sondern rücksichtslos und aufmerksamkeitsheisschend. Das heisst jetzt nicht, dass ich vor Freunden nicht weinen würde, aber es kommt auf die Situation an. Wenn es lediglich um meine eigene Verletztzeit geht, dann ziehe ich mich erst mal zurück. Geht es um Anteilnahme, dann kommen mir schnell die Tränen und das finde ich auch gut so.

Meistens neige ich auch eher zum Weinen, wenn sich eine Zeit lang durch äussere Umstände viel Stress aufgebaut hat. Das ist für mich dann ein Zeichen, es was die Termindichte betrifft mal wieder etwas ruhiger angehen zu lassen oder mich durch Bewegung etwas mehr auszupowern.