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Thema: Terror - der Film in der ARD am 17.10.2016

  1. #41
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    Ja, ich habe mir aufgrund dieses Films eigentlich eine lebhafte Diskussion über Werte erhofft.
    Welchen Wert hat ein Leben?
    Wann ist man bereit, Ausnahmen zu machen, zu entscheiden, welches Leben weniger wert ist als ein anderes?

    Die Medizin beschäftigt sich schon länger mit solchen Fragen, gerade auch im Zusammenhang mit Transplantationsmedizin und/oder mit teuren und aufwändigen Operationen.

    Ob der Film nun in den Augen von Herrn Fischer doof war interessiert mich weniger.

  2. #42
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    Mich beschäftigt am ehesten die Frage wer bestimmt welches Leben welchen Wert hat.
    Das ist ja grundsätzlich erstmal subjektiv.
    Für einen Mörder oder Terroristen ist ein Leben nichts wert. Für einen normalen Menschen hat es unendlichen Wert.
    Für die meisten ist das Leben von Tieren weniger Wert als das von Menschen, ich zB sehe das nicht so.
    Und ich muss mich dem fügen was das Gesetz sagt. Das hätte der Pilot auch tun sollen aber hier geht es wohl weniger um den Wert des einzelnen als um die Menge der Leben.
    Ich halte ihn nicht generell für unschuldig in diesem Punkt.
    Schuldig sind für mich aber rechtlich die, die zB das Stadion hätten räumen können und es bewusst nicht getan haben. Das ist der Grund, warum ich für Freispruch gestimmt habe.
    Der Pilot wurde mMn selbst zum Opfer gemacht.

  3. #43
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    Weil bei der Abstimmung nur ca. 600.000 Zuschauer durchgekommen waren, hat die ARD hat im Nachgang
    jetzt nochmal über Infratest dimap representativ umfragen lassen.

    Ergebnis: für schuldig 15%, für nicht schuldig 74%, der Rest hat sich dahingehend geäußert, sich ein Urteil nicht zuzutrauen.

    Quelle: ARD Moma

  4. #44
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    Ich habe es gestern im Theater gesehen und für "Schuldig" gestimmt.
    Der Pilot hat sich wissentlich über ein geltendes Recht, das ihm wohlbekannt war und das er noch einmal in Form des "Nicht-Abschuss-Befehls" von seiner obersten Dienstherrin bestätigt bekommen hat - hinweggesetzt und damit war sein Verhalten eindeuitig rechtswidrig. Er hat mit seinem Handeln 164 Menschen getötet und sich damit im strafrechtlichen Sinne schuldig gemacht.

    Mich hat die ganze Zeit aber was gestört, weshalb mir die Entscheidung erstmal nicht leicht fiel. Glücklicherwesie gabs Pause nach der Beweisaufnahme, sodass ich mich bei einem Glas Sekt nochmal sortieren konnte .

    Mir stieß auf, dass es "um's Prinzip" gegangen ist und explizit nicht um den Einzelfall, und ich den Piloten mit meinem Votum sozusagen der Verurteilung im Falle des 164fachen Mordes preisgegeben habe. Um das Prinzip geht es aber nicht in einer Strafsache - das "Prinzip" hat das BVG klar geregelt, indem es den Abschuss als verfassungswidrig eingestuft hat -, sondern um das Handeln eines Angeklagten in einem speziellen, klar umrissenen Fall, wegen dem er vor Gericht steht.
    Das hat das Stück überhaupt nicht berücksichtigt und darüber hat mir heute erst der Artikel in der ZEIT die Augen geöffnet:

    "Der Richter" (Vorsitzender) belehrt den Angeklagten nachdrücklich, auf seine "innere Sicht", seine subjektiven Meinungen und Motive komme es im Strafverfahren überhaupt nicht an; hier gehe es "allein um die Feststellung der Tatsachen". Dieses ist eklatant falsch und geradezu die Umkehrung des rechtsstaatlichen Ansatzes.

    (
    Quelle: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2016-10/ard-fernsehen-terror-ferdinand-von-schirach-fischer-im-recht/seite-4)

    Kurzum: Ich bin mit dem BVG einer Meinung und halte das Recht auf Leben für nicht verhandelbar. Der Pilot hat rechtswidrig gehandelt und ist deshalb schuldig im strafrechtlichen Sinne.
    Mein Unbehagen bei der Urteilsfällung im Theater: Das Stück ist dem Angeklagten nicht gerecht geworden, weil man ihm auf der Bühne nicht eingeräumt hat, was er im echten Leben bekommen hätte, nämlich einen fairen Prozess, der seine inneren Motive und seine Notlage berücksichtigt hätte und zu einem angemessenen, differenzierten Urteil gekommen wäre. (Schon die Anklage des 164fachen Mordes wäre nicht zustande gekommen, es handelte sich um Totschlag.)
    Die Urteilsbegründung fand ich unbefriedigend und hätte gerne mal die Gegenseite gehört.

    Ich bin ehrlich gestanden etwas schockiert über die hohe Zahl der Freisprüche. So verständlich der menschliche Impuls ist - ich hatte den auch und tendierte anfangs mal kurz zu Freispruch -, so kurzsichtig finde ich den Freischein für Polizei, Militär und andere Akteure staatlichen Handeln, sich auf einen "übergesetzlichen Notstand" zu berufen und eigene Vorstellungen von Richtig und Falsch zur Maxime des Handelns jenseits bestehender Gesetze zu machen. Wo das hinführt, haben wir in der eigenen Geschichte gesehen und können es derzeit zB in der Türkei gut verfolgen. Damit ist dem Aushebeln rechtsstaatlicher Grundsätze Tür und Tor geöffnet.

    Ausgegangen ist es gestern in der Vorstellung (kleines Kellertheater) übrigens 57:31 für den Freispruch. Die Ergebnisse der anderen Vorstellungen sehen ähnlich aus, manchmal sogar fast Patt, eine Vorstellung endete mehrheitlich mit "Schuldig".
    Choose your battles wisely

  5. #45
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  6. #46
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    Zitat Zitat von paulinka Beitrag anzeigen
    Ich habe es gestern im Theater gesehen und für "Schuldig" gestimmt.
    Der Pilot hat sich wissentlich über ein geltendes Recht, das ihm wohlbekannt war und das er noch einmal in Form des "Nicht-Abschuss-Befehls" von seiner obersten Dienstherrin bestätigt bekommen hat - hinweggesetzt und damit war sein Verhalten eindeuitig rechtswidrig.
    Ist jeder Sachverhalt, bei dem sich ein Mensch wissentlich aufgrund seiner unerschütterlichen Überzeugung über geltendes Recht hinwegsetzt, rechtswidrig?
    H.G. eve

    Wozu braucht man ein Gehirn, wenn man es nicht benutzt?

  7. #47
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    @ Eve
    Grundsätzlich ja, wenn kein Rechtfertigungsgrund vorliegt. Sehe ich in dem Falle aber nicht.
    Ich bin keine Juristin und muss auf Wikipedia zurückgreifen:

    Nach dem deutschen dreistufigen Deliktsaufbau ... begründet allein das Verletzen eines Strafgesetzes (die sogenannte Tatbestandsmäßigkeit) noch nicht die Strafbarkeit des Täters. Vielmehr ist schon auf der zweiten wichtigen Prüfungsstufe die Rechtswidrigkeit der Tat ausgeschlossen, wenn dem Täter ein Rechtfertigungsgrund zukommt. Unrecht wird nicht begangen, wenn der Täter sich auf einen solchen Rechtfertigungsgrund berufen kann. (Quelle Wikipedia)

    Andersrum formuliert: Liegt kein Rechtfertigungsgrund vor, ist die Tat rechtswidrig.

    Was im Falle des entführten Flugzeuges als Rechtfertigung diskutiert wurde, ist der "übergesetzliche Notstand". Der wäre kein Rechtfertigungsgrund, sondern könnte in einem Strafverfahren nur entschuldigend wirken.Auch hierzu ein Auszug aus Wiki:

    Es verbleiben also nur Entschuldigungsgründe, wobei der gesetzlich geregelte entschuldigende Notstand nach § 35 StGB schon wegen der dort erforderlichen Nähebeziehung ausscheidet. Letztlich könnte ein Abschussbefehl also nur auf den übergesetzlichen Notstand gestützt werden. Dieser macht das Handeln aber nicht rechtmäßig, sondern entschuldigt unter engen Voraussetzungen (vgl. das Trolley-Problem) rechtswidriges Handeln. Der übergesetzliche Notstand ist also im juristischen Sinne keine Rechtsgrundlage für den Abschuss von entführten Passagierflugzeugen. Dementsprechend lautet die Empfehlung des Bundeswehrverbandes und des VBSK, einen entsprechenden (rechtswidrigen) Abschussbefehl nicht auszuführen.[12] Nach § 11 Abs. 2 SG darf ein Soldat einen Befehl nicht ausführen, wenn dadurch eine Straftat begangen würde.
    Choose your battles wisely

  8. #48
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    paulinka, mir ist das bekannt - sorry, wenn das anders herüberkam. Mir geht es einfach um die Frage, ob es grundsätzlich gerechtfertigt ist, geltendes Recht aus eigener Überzeugung außer Kraft zu setzen, ohne die im Strafrecht oder in anderen Gesetzen geltenden Rechtfertigs- oder Entschuldigungsgründe.

    Falls nein, ist der Fall klar. Dann ist geltendes Recht für jeden und alle darunter zu subsumierenden Sachverhalte verpflichtend.

    Falls ja, in welchen Fällen darf man das und wer oder was bestimmt, aus welchen Motiven man dies darf?

    Welche Meinung hat das Board dazu?
    H.G. eve

    Wozu braucht man ein Gehirn, wenn man es nicht benutzt?

  9. #49
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    Zitat Zitat von all about eve Beitrag anzeigen
    paulinka, mir ist das bekannt - sorry, wenn das anders herüberkam. Mir geht es einfach um die Frage, ob es grundsätzlich gerechtfertigt ist, geltendes Recht aus eigener Überzeugung außer Kraft zu setzen, ohne die im Strafrecht oder in anderen Gesetzen geltenden Rechtfertigs- oder Entschuldigungsgründe.

    Falls nein, ist der Fall klar. Dann ist geltendes Recht für jeden und alle darunter zu subsumierenden Sachverhalte verpflichtend.

    Falls ja, in welchen Fällen darf man das und wer oder was bestimmt, aus welchen Motiven man dies darf?

    Welche Meinung hat das Board dazu?
    Sorry, ich dachte, du fragst mich das echt sachlich, hab mich schon gewundert .

    Nein, natürlich darf man das nicht - Recht brechen, ob mit oder ohne Rechtfertigungsgründe. Sonst gäbe es ja einen rechtsfreien Raum mit unabsehbaren Folgen.

    Bewusste Übertretungen kann man sich viele vorstellen - jemand entscheidet gegen geltendes Gesetz, weil er für sich überzeugt ist, das Richtige zu tun. So wie der Pilot in "Terror". Die Frage aufzuwerfen war ja auch von Schirachs Absicht. Sie wird ja schon lange diskutiert, spätestens seit der Aufklärung, siehe auch Weichenstellerfall. Die Frage ist heikel und kontrovers, weil sie ein moralisches Dilemma berührt. Die Werte und Motive des einen gelten aber nicht zwangsläufig für den anderen. In meiner Vorstellung im Theater stimmten zB 40% der Zuschauer für schuldig, der Rest für Freispruch.
    Deshalb bin ich froh, dass wir eine unabhängige Justiz haben, Gesetze und eine stabile Verfassung und nicht jeder für sich entscheiden kann, wann der "übergesetzliche Notstand" für ihn ausgebrochen ist.

    Klar kann man Fälle konstruieren, indem zB das Töten eines Menschen eine gute Tat ist, Hitler in die Luft jagen zB oder das eigenmächtige Erlösen eines Schwerkranken von seinen Schmerzen (wobei ich da schon wieder Zweifel habe), aber justiziabel ist es trotzdem.
    Ansonsten fällt mir nichts ein, was ohne Rechtfertigungsgrund gerechtfertigt wäre. Sonst wären wir nämlich zivilisatorisch wieder irgendwo um Jahrhunderte zurück.
    Choose your battles wisely

  10. #50
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    Mir fällt da der Begriff "ziviler Ungehorsam" ein - siehe Geschwister Scholl (ziviler Ungehorsam im Nationalsozialismus) oder M. Gandhi (diverse Aktionen), etc. Das waren eindeutige Vergehen die nicht im rechtsfreien Raum getätigt wurden. Sie wurden selbstverständlich aufgrund dem gültigem Recht ordnungsgemäß bestraft. Auch die Tötung von Flüchtenden an der damaligen DDR Grenze fanden nicht im rechtsfreien Raum statt.

    Nun ja, das was hier und heute Recht und Gesetz ist, ist morgen vielleicht Unrecht und wird auch nachträglich bestraft.
    ****** under construction ******

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