Nervige Reaktionen auf Gewichtsverlust

[Stoa]

Hallo mal wieder nach langer Zeit,

Dieses neue (?) Unterforum trifft ja gerade genau meinen Nerv.
Ich habe im vergangenen Dreiviertel Jahr mein Gewicht um 20 kg reduziert und seit einigen Wochen sieht man das auch deutlich. Und ich bekomme viele Reaktionen, mehr als ich dachte. Einige davon nerven sehr. Noch relativ erträglich ist das ungläubige wiederholte Nachfragen, ob ich wirklich keine Pillen, Wundermittel und Pulver genommen habe (nein), richtig auf die Palme bringen mich Bemerkungen, dass es "nun aber genug sei" und ich nun aber nichts mehr abnehmen "dürfe" (dabei habe ich noch Größe 42, bin von anorektisch durchaus noch weit entfernt). Ich gerate dann manchmal in einen Rechtfertigungsdruck. Ging das hier noch jemand auch so und wie seid ihr dann damit umgegangen?

Stoa

[HopiStar]

Hallo,

bei Menschen, die mir nicht nahestehen, denke ich mir meinen Teil und lass sie labern. Ich meine, sowas sagt was über sie aus, nicht über mich und ich wollte mein Gewicht nie zu einem zentralen Thema machen und werde das auch jetzt nicht tun. Sollen sie reden und spekulieren, was sie wollen.

Bei Menschen, die mir nahestehen, nehme ich es ernster aber sage auch, dass ich durchaus einen Blick für meine Daten habe und sie mir da einfach vertrauen müssen. Und dass sich keiner von uns malen kann . Meinem Mann sage ich immer - wenn er wieder versucht, mir was "unterzujubeln" - für jedes Kilo, dass er mir anfüttern möchte, nehme ich 2 Kilo ab

[Stoa]

Hallo,
danke für die Antwort.
Mein Mann kommentiert gar nichts ausser der Haarlänge, er lässt mich da in Ruhe. Ich habe nochmal überlegt von wem die Rückmeldungen kommen. Eigentlich kommen die kritischen Stimmen nur von Frauen aus meiner Nähe. 2 Nachbarinnen, Mutter, eine Schwester, 2 Kolleginnen. Die Antwort mit dem Vertrauen ist gut, zumindest gegenüber Schwestern und Mutter werde ich sie anbringen, sollte wieder was kommen. Im Kollegenkreis habe ich irgendwie keine Lust, das Thema auszuweiten.

Stoa

[Iridia]

Ich hab gerade, weil es in einem anderen Thread Thema war, "Fettlogik überwinden" gelesen, eigentlich ein psychologisches Buch zum Abnehmen. Da gibt es ein ganzes Kapitel zu genau diesem Thema. These ist u.a. auch, dass schnelle Abnahmen halt sehr auffallen, das aber nachlässt und gut gefunden wird, wenn man sein Zielgewicht einige Zeit hat. Das spricht in meinen Augen auch gegen den ebenfalls angesprochenen Neid, an den ich nicht so recht glaube. Ich denke eher, das ist so was Archaisches aus der Urzeit, jemand nimmt schnell ab -> krank, möglicherweise absteckend -> Sippe stirbt.
Das ist vermutlich nicht böse gemeint, aber auch andere haben ein Bild von einem und sind verstört, wenn sich das plötzlich ändert und brauchen da Zeit. Mir selber ging es auch so. Ich hab mich gefühlsmäßig noch lange wie früher gesehen, als ich schon sehr abgenommen hatte. Ich hatte erst ein Aha-Erlebnis, als mir eine Verkäuferin sagte, ich würde wie ein Sack in einem Kleid hängen, dass ich "bequem" fand. Auch das Selbstbild braucht möglicherweise Zeit.

Ich staune auch, wenn in Zeitschriften sichtbar Übergewichtige, sogar Adipöse nach sichtbarer Abnahme gleich in Richtung Magersucht assoziiert wird, nur weil man die Abnahme deutlich sieht. Die Zunahme ging dagegen über lange Zeit und ist vermutlich nur für jemanden ein Thema, der denjenigen oder diejenige lange nicht gesehen hat.

[frl-v-boedefeld]

Das letzte Jahr war durch die Abnahme einer der nervigsten Zeiten meines Lebens. Geht es von schwer übergewichtig zu leicht übergewichtig, sind die Leute begeistert und werden nicht müde, das immer wieder zu betonen. Als hätte man für Weltfrieden gesorgt, ganz extrem. Geht es dann weiter vom leichten Übergewicht in den Normalgewichtsbereich oder (Gott bewahre!) sogar Richtung Idealgewicht, schlägt das meiner Erfahrung nach komplett um.

Ich bekomme seit Monaten fast nur noch besorgt-kritische-umgotteswillen Reaktionen. Von Gerüchten, ich sei schwer krank (was mir beruflich fast geschadet hätte) bis zu mein Mann hat mich verlassen war alles dabei. Bezeichnet als heruntergewirtschaftet, abgemagert, als "ehemals tolle Frau", eingefallen etc. war ebenfalls alles dabei. Bevorzugt von Übergewichtigen, die da wirklich brutal sind. Egal wo ich bin, das Thema kommt immer wieder auf mein Gewicht, ich spreche das von mir aus nicht an (außer bei den Leuten, mit denen ich sehr eng bin) und bin immer dankbar, wenn andere dies auch nicht tun. Oder nur kurz, und dann muss auch gut sein.

Ich habe alles versucht an Reaktionen, weglächeln, kleinreden, nicht drauf eingehen, sich rechtfertigen und erklären - aber den meisten Erfolg habe ich leider mit verbal zurückschlagen. Klar sagen, dass das zu weit geht gerade und absolut unverschämt ist. Das Gegenüber aufs eigene Übergewicht hinweisen und auf die Folgen für die Gesundheit. Sich verbitten, über meinen Hintern zu diskutieren. Empfehlen, mal einfach selbst mehr Sport zu machen statt über meine Essstörung nachzudenken.

Wollte ich nie, lässt sich aber nicht vermeiden. Die Menschen sind leider furchtbar übergriffig.

[Beautybuendel]

Unfassbar!

Ich habe ja mal 35 Kilo abgenommen und bekam solche Reaktionen nicht. Allerdings hatte ich mich zwischendurch (bin lange bei 20 Kilo stehen geblieben) örtlich verändert und hatte ein anderes Umfeld. Ich war aber auch viel jünger.

Furchtbar, was Du erzählst, Bödi! Ich hoffe das legt sich bald und vergrätzt Dir nicht das unfassbar tolle Ergebnis!

[VuittonVictim]

Ich handhabe das ganz einfach:

Leute, die mir nicht nahestehen: "Hier rein, da raus"

Leute, die mir nahestehen: würden sowas nicht sagen

Habe jetzt auch knappe 20 kg abgenommen und bekomme immer nur positives zu hören, aber ich bin auch noch sehr "fleischig" und da würde noch keiner auf die Idee zu sagen "Jetzt reichts mal!"

Und selbst wenn: das hat man ja wohl selbst zu entscheiden, was das Ziel für einen ist. Du sagst der Kritik übenden Person ja auch nicht, dass du ihre tätowierten Augenbrauen lächerlich findest

[Beautybuendel]

Unfassbar!

Ich habe ja mal 35 Kilo abgenommen und bekam solche Reaktionen nicht. Allerdings hatte ich mich zwischendurch (bin lange bei 20 Kilo stehen geblieben) örtlich verändert und hatte ein anderes Umfeld. Ich war aber auch viel jünger.

Furchtbar, was Du erzählst, Bödi! Ich hoffe das legt sich bald und vergrätzt Dir nicht das unfassbar tolle Ergebnis!

Mit jünger meine ich, dass ich zwischen 20-25 war und kein eigenes Geschäft hatte, von dem man behaupten könne, ich würde es durch Abnahme in den Ruin treiben. Und auch keinen Mann, der mich schändlich behandelt hat, weswegen ich mich kasteie...

*Erklärbär*

[frl-v-boedefeld]

Ich handhabe das ganz einfach:

Leute, die mir nicht nahestehen: "Hier rein, da raus"

Leute, die mir nahestehen: würden sowas nicht sagen

Hab ich monatelang so gemacht, aber irgendwann gings mir dann doch aufs Selbstbewusstsein, wenn ich ehrlich bin. Wenn du immer wieder hörst wie furchtbar/krank/schlecht du aussiehst, geht das dann irgendwann an die Substanz (bei mir zumindest). Ich hatte immer ein gutes Selbstbewusstsein, aber nach der 20. derartigen Reaktion hab ich abends heulend zuhause gesessen und mich so richtig schlecht gefühlt. Mich gefragt, ob ich blind bin oder all die anderen. Inzwischen geht's aber wieder.

Bündelmaus, danke.
Ja, es ging soweit, dass im Raum stand, Verträge nicht zu verlängern, weil man nicht sicher war, wie lange ich denn überhaupt noch "einsatzfähig" bin. Da wird dir anders.

[paulinka]

Unglaublich, aber ich kann es mir gut vorstellen. Ich denke gerade, wie eine Freundin von mir (nicht übergewichtig) reagiert hat auf eine Kollegin, die von ihrem Mann verlassen wurde und als Reaktion darauf mehr als 20 Kilos abnahm. Sie hat sich den anfänglichen Mitleidsbonus dann damit verspielt, dass sie mit 50 superschlank in H&M-Kleidchen und Röhrenjeans ins Büro kam. Ich war gelinde entsetzt, was meine Freundin über die all-gemeinen Lästereien im Team erzählt hat und mit welchem Spott auch sie selbst reagierte. So kannte ich sie noch gar nicht.
Irgendwas scheint da bedrohlich zu sein, das hat ja auch die Autorin von fettlogik so erlebt.