Meine Kritik bezog sich einzig auf die öffentliche Inszenierung eines privaten Konfliktes. Dass Konflikte bei Familie Kohl nicht zu knapp vorhanden sind/waren, dass sie prägen und man als erwachsenes Kind noch immer daran leiden kann, ist mir auch klar. Dieses Leiden spreche ich auch Walter Kohl nicht ab. Die Frage ist, wie geht man als alternder Erwachsener (und selbst Vater) damit um.
Unabhängig davon, was bei Kohls gelaufen ist, hat sich mir das Bild des vor der wuchtigen, dunklen und offensichtlich verschlossenen Tür stehenden Sohnes eingeprägt. Dem haftet schon etwas Ikonisches, fast Kafkaeskes an. Es muss ihm doch klar gewesen sein, dass sich diese Tür nicht öffnen wird. Warum sollte die Witwe ihn ausgerechnet jetzt, erzwungen und unter dem Blitzlichtgewitter der Öffentlichkeit, plötzlich einlassen?
Für mich hat er auf eine unreife Weise versucht, das Drama des abgewiesenen Sohnes noch einmal öffentlich zu inszenieren, was ihm gelungen ist.
Es wird ihm dennoch keinen Seelenfrieden gebracht haben, höchstens die kurze Genugtuung, das Leid und die Ungerechtigkeit, die ihm angetan wurden (und die Demonstration, wie böse und herzlos Kohl-Richter ist), von der breiten Masse bestätigt zu bekommen. In der Psychologie nennt man das Ausagieren, die Flucht vor der Anerkennung und anstehenden Bewältigung eines Problems. Ständiges Ausagieren zementiert den Konflikt und verhindert seine Lösung.