Augstein hat ganz sicher eine eigene Nähe zum Thema.

Ich meinerseits kann völlige Verbitterung des Sohnes schon verstehen, über die vom Vater inszenierte heile Welt, seine Abwesenheit, ganz besonders in den Zeiten des Freitods seiner ersten Frau, bei dem "Lichtallergie" für mich wie ein diplomatischer Grund genannt wurde, ihre Todesnachricht der Mutter von Kohls Büroleiterin knapp und sachlich überbracht, dann eben die sehr viel jüngere Frau, die Abwendung des Vaters von seiner alten Famlie, die Abschottung durch die Frau.
Ich sehe in Hannelore Kohl eine Frau, die ihr Leben einem Mann gewidmet hat, der seinerseits zwar seinen Nutzen aus der Verbindung zog, aber immer hinten an kam, selbst nach ihrem Tod werden die gemeinsamen Kinder verstoßen. Stattdessen wird quasi Diekmann zum Sohn gemacht. Einer mit gewaltigem eigenen Einfluss auf die Deutungshoheit.
Familie bedeutete offenbar für Vater Kohl nur dann was, wenn es um ihn ging und keine Probleme machte. Dass der Sohn dieses inszenierte Bild aufbrechen möchte und nicht noch der Nachwelt erhalten, dafür habe ich volles Verständnis.
Dieser Meike kam es vermutlich sehr gelegen, ich sehe die Verantwortung dafür aber allein beim Vater. Nur weil sie eine Frau ist, muss sie nicht Vater Kohls Probleme lösen, die sein Problem waren, dass er wie üblich ausgesessen hat.

Walter Kohl hatte nie das Privileg, ein normales Kind zu sein und dazu nicht mal einen Vater, der zu ihm stand. Gerade weil hier vieles sehr öffentlich war, verstehe ich, dass er es in der Öffentlichkeit zu klären versucht. Im Moment ist er zudem in der Situation, den gerade Vater verloren zu haben, um den sich seit frühester Kindheit alles drehte und der seinen Anteil bei der Einheit - ob Europa und vor allem der Euro so eine gute Idee war, muss sich erst noch erweisen - überhaupt nicht gewürdigt findet. Ein Staatsmann, dessen Haupttrauerfeier im Ausland stattfindet. Ich finde das auch befremdlich.
Ihn ins Trauerhaus nicht vorzulassen, finde ich völlig unsagbar und dieser Vorwurf geht direkt an Meike. Der erhärtet sicher auch die Meinungen, dass sie da eine treibende Kraft beim Verwürfnis war. Jetzt ist sie es jedenfalls.
Die Fotos, wie der Sohn vor dem Haus des gestorbenen Vaters weggeführt wird, ohne eingelassen worden zu sein, wie es die Presse berichtet hat, sind beispiellos und das werde ich vom Tod Helmut Kohls in Erinnerung behalten. Meikes Verdienst.

"Vater der Einheit" reichte wohl auch Kohl nicht, "Vater Europas" stand ihm mehr an. Er war zwar beides, aber die Priorität nach so langer Kanzlerschaft deutet auch auf eine Entfremdung zum eigenen Volk hin. Man bleibt wohl halt, wie man ist.

Orban sprechen zu lassen, wie wohl ursprünglich geplant, fühlt sich für mich deshalb auch stimmig an. Falls das doch nicht stimmt, ist es saugut an seiner Psyche dran.