Zitat von
sabine21
habe neulich einen Bericht über einen Künstler gesehen, das Haus war voll mit Nippes und Krimskram, dass mir schon schlecht würde. Ich denke da an so Zeugs wie Tonigel in holländischer Tracht die vor Windmühlen stehen
im Eingangsthread hatte Belamo ja geschrieben, dass sie keinen asketischen Minimalismus anstrebt, einige Post gingen aber doch schon sehr in die Richtung
und es muss nur ein Horter und Sammler um die Ecke kommen, dann wird sich der Rest auch outen
Für die ist es wohl vermutlich aber kein unnützes Zeug, sondern Sachen, die ihnen gute Energie geben. Das ist völlig in Ordnung, wenn es das ist, was sie wollen.
Horter und Sammler sind beim Thema Minimalismus auch nur dann richtig, wenn sie etwas daran stört, ansonsten nicht ihr Thema, oder?
Auch wenn bellamo das nicht sucht, ich lese die Postings, die weiter als das gehen, voller Interesse. So kann man also auch gut leben.
Die Sache mit dem asketischen Minimalismus finde ich großartig, bin aber lange nicht so weit, strebe das momentan oder bisher auch nicht an. Ich finde toll, glücklich leben zu können, ohne diese und jene Sachen für die Lebensqualität zu brauchen oder im Gegenteil, ohne diese Sachen viel mehr Möglichkeiten zu haben. Das ist für mich Freiheit. Das direkte Brauchen bestimmter Sachen ist schon mal keine Freiheit, aber es erleichtert einiges. Das ist halt der Widerspruch.
So suchen die meisten, wie ich auch, vermutlich nicht das Ende der Entwicklung, an deren anderem Extrem Messies stehen, sondern eine Mischung aus Behaglichkeit, Auswahl und dem Gefühl, einen guten Überblick und Pflegeleichtigkeit seiner Wohnung zu haben und die Möglichkeit zu haben, ohne Probleme auch neue Schwerpunkte zu setzen, eben weil nicht zu viel passiver Besitz Platz bindet. Wer nicht glaubt, dass das reine Energie ist, sollte mal sein Gefühl vor und nach Ausmistaktionen vergleichen.
Ein Zuviel in der Wohnung kann einem das Gefühl geben, dass alles schon besetzt ist und nichts Neues im Sinne von Veränderung erlaubt. Das ist der tiefere Grund, der mich daran stört. Als ich meinen Mann kennenlernte, lebte der in einer fast leeren Wohnung, ich dachte: super. Platz für mich.
Als einer unserer Freunde noch in London lebte, hat mich besonders beeindruckt, dass sein Wohnzimmer extrem überschaubar war. Die meisten Dinge, die er nutzte, waren digital. Er las viel, Bücher, riesige Musik- und Büchersammlung, Filme, Fernsehen - alles digital. Er hatte auch ein sehr gutes, kaum sichtbares Lautsprecher- und behagliches Lichtsystem. Was mir auffiel war, dass man auch als Besuch so einen Menschen gar keine Schubladen aufmachen kann. Mit ihm war erst mal alles möglich. Wenig später verkaufte er sein Haus und zog mit einer neuen Freundin ans andere Ende der Erde. Da war kein: "aber ich lebe hier und sie zieht dorthin, wir haben keine Chance". Er war wirklich so frei, wie er eingerichtet war. Sein Haus putze er selbst, weil nicht so viel herumstand, war er ruckzuck fertig. Alles nicht groß - ich fand es perfekt. Bis jetzt ist er Inspiration für mich. Ich hab auch so eine Großtante, die lebt genauso. Als ich dort war, gab es nur türkischen Apfeltee, tranken wir tagelang, war herrlich, alles war geräumig, alle Schranke nur halbvoll, an der Garderobe hing nur ein Mantel. Dafür hat sie viele Bilder. Inzwischen ist sie über 90 und kommt immer noch allein zurecht. Auch sie ist Inspiration für mich. Was mir gefällt, sehe ich manchmal über Möglichkeiten, die andere bereits geschaffen haben. Volle Wohnungen haben noch nie mein Herz schneller schlagen lassen, sondern eher die, die die um sich herum Raum hatten, jedenfalls viel mehr als ich.
Die Frage, ob meine Möbel noch zu mir passen, kann ich mir viel eher stellen, wenn Veränderung keine große Sache ist. Die DVD-und CD-Regale z.B. sind es nicht mehr. Wir gucken und hören anders. Das Zeug muss raus. *grins*
"Das Problem ist nicht das Problem. Das Problem ist deine Einstellung zum Problem."
Jack Sparrow