Selbstbestimmtes Sterben.....endlich!

[Tommasina]

Danke, Tommasina, das hatte ich mir tlw. schon durchgelesen, aber meine Fragen sind das nicht.

Vielleicht hat paris recht und es ist psychoambulanz, aber ich kann für mich nicht dauerhaft oder langfristig entscheiden, ob, wie und wann ich mein Leben beenden will, Ich brauche das "Gelaber", um eine Entscheidung treffen zu können. Schön, dass sich andere da so unwiderruflich sicher sein können. Und ja, auch meine Gedanken und Gefühle drehen sich manchmal wie der Wind. Das halte ich eigentlich nach dem Stand der Dinge nun doch eher für normal. Aber wenn das ein Beifall-Klatsch-Thread sein soll, bin ich hier eh falsch. Dafür finde ich das Thema zu tiefgehend und überlasse gerne paris den Platz für ihre freundlichen Wortbeiträge.

Gästin, ich glaube, das kann niemand (sich dauerhaft und langfristig entscheiden, ob, wie und wann er sein Leben beenden will).
Und das soll auch niemand, das wäre ja grauenhaft.
Das ist aber mMn auch nicht die Absicht hinter der Legalisierung der Beihilfe zum Suizid.
Sondern eben, dass man, wenn man sich entschieden hat (!), aus welchen Gründen auch immer, die Möglichkeit dazu hat.

Ich nehme an, dass eine Beratungspflicht selbstverständlich dazugehört.
Niemand wird aus einer Laune heraus beschliessen können, dass er am nächsten Tag Beihilfe in Anspruch nehmen will.

Ich weiss nicht, auf welche Annahme sich deine Befürchtungen gründen, vielleicht hab ich dich auch falsch verstanden.

Edit: ich spreche aus den Erfahrungen der Schweiz, in Holland läuft es offenbar anders und wie das Gesetz in Deutschland aussehen wird, weiss ich nicht.

[PEARLI]

Ich habe schon Zeiten gehabt, da war ich vor Schmerzen trotz Schmerzmittel fast besinnungslos und wäre dankbar gewesen, wenn in dem Moment das Leben vorbei gewesen wäre. Wenn mich da jemand bestärkt hätte, womöglich jemand, der einen Haufen Geld für das Bestärken bekommt, na, dann Gute Nacht, Marie, dann wäre ich jetzt nicht mehr und aktuell habe ich gerade unbändige Lust am Leben, auch mit oder vielleicht sogar trotz Schmerzen. Lebenswille und Lebensunlust ist auch ein Prozess und genau das darf man bei all der Verfügerei nicht aus den Augen verlieren.
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Ich gehe immer von Menschen aus, die unheilbar an Krebs erkrankt sind, vom Hals abwärts gelähmt sind, oder andere Muskelschwundkrankheitrn haben.

[paulinka]

Ja, daran denken wohl die meisten. Abgesehen davon, dass man erst mal die Palliativmedizin mit allem Drum und Dran (Hospize, angemessen bezahlte Pflegekräfte, bezahlte! ärztliche Hausbesuche erc.) ausbauen müsste, was vielen Menschen die Angst vorm Sterben nähme (ist nachgewiesen), hätte man hier die bestehende Regelung lassen und Ausnahmeregelungen zulassen können, die in Härtefällen ein humanes Sterben ermöglichen und den ÄrztInnen Rechtssicherheit gegeben hätten. Geht ja beim § 218 auch.

Dignitas und die DGSH haben schon eine Hotline eingerichtet mit dem zugkräftigen Namen "Schluss.Punkt". Sehr schön. *Ironie*
Ich bin noch immer entsetzt über das Urteil.

[PEARLI]

Ich bin noch immer entsetzt über das Urteil.

Warum bist du entsetzt?

Würdest du deinem Hund nicht qualvolle Schmerzen ersparen wollen?
Ich habe bei meinem Tierarzt viele Hunde gesehen, die dreimal am Tag Cortison, Schmerztabletten, und Herztabletten bekamen, bis sie endlich von ihren Besitzern, natürlich schweren Herzens, erlöst wurden.

[clinique-freak]

Also Katzen, Hunde und allgemein Haustiere lässt man ja aber auch sterilisieren/kastrieren.. Einfach weil Nachwuchs unliebsam wäre.

Daher weiß ich gerade nicht, wie sinnvoll das ist, medizinische Eingriffe bei Tieren und Menschen zu vergleichen?!

Ich hatte auch schon Haustiere, eins davon musste eingeschläfert werden... Trotzdem erlaube ich mir, eine differenzierte Meinung zum Urteil des BVG zu haben.

Und leider geht das BVG eben nicht nur von unheilbar terminal erkrankten Menschen aus

[Belladin]

Ich bin zumindest erstaunt über die Häufigkeit, der aktiven Sterbehilfe in den NL. Es wurden Zahlen (in einigen Regionen?) genannt zwischen 10 und 15 %! Das finde ich extrem viel! Dachte bislang, es wären eher Ausnahmefälle um die es geht.
Wenn man bedenkt, dass aktive Sterbehilfe ja noch für viele Neuland ist und sich erst langsam nach und nach durchsetzt, dann werden diese Zahlen sicher noch ansteigen und zu "Normalfällen" werden.
Das bedeutet wiederum ein gewisser gesellschaftlicher Druck, der dadurch ausgeübt wird und die Selbstbestimmung infrage stellt (?)
Ich sehe da sowohl Vor- als auch Nachteile für alle. Aber das Thema ist ohnehin sehr komplex und nicht so einfach zu bewerten. Die Gefahren sollte man dabei meiner Meinung nach nicht außer acht lassen.

[Beautybuendel]

Auf dem WDR lief gerade die Story über Sterbehilfe und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts.
Es kamen Betroffene zu Wort, Ärzte und auch Gegner der Sterbehilfe. Sehr interessant.

Erschreckend fand ich die sinngemäße Aussage eine Palliativmediziners, man könne ja Essen und Trinken einstellen
und dann unter ärztlicher Begleitung verhungern und verdursten. Sehr human.

Das wird schon seit einiger Zeit durchaus praktiziert. Ist ein "Graubereich". Und tatsächlich durchaus human. Meine Schwiegermutter durfte so sterben und es war recht friedlich.

Ich bin älter und ich bin dafür, dass Beihilfe zum Suizid erlaubt ist.
Ich lebe in der Schweiz schon seit zig Jahren im Bewusstsein, dass es hier legal ist und ich finde es nach wie vor gut so.

Es ist ja absolut freiwillig.
Das liest dich manchmal so, als ob das nicht der Fall wäre.
Im übrigen kann ja eh jeder, der will, sich umbringen, die Selbstmordraten sind ja leider (!) hoch.
Aber wenn man weiss, dass man im Fall der Fälle (und eben wohlüberlegt und nicht als Kurzschlusshandlung) und nach entsprechender Abklärung und Beratung mit Hilfe und schmerzlos seinem Leben ein Ende setzen kann, dann ist das doch eine Erleichterung und Beruhigung - für diejenigen, die das in Anspruch nehmen möchten.
Die anderen brauchen sich ja nicht aktiv damit zu befassen.

Genau!

Es ging hier anfangs darum, dass der BGH entschieden hat, dass es ein "Recht auf selbstbestimmtes Sterben" gibt. Und "selbstbestimmt" heißt für mich, dass man selbst bestimmt. Basta.

Es uferte dann hier aus in Richtung "offene Psychiatrieambulanz". Darum ging es aber nicht. Dass es bis zum Sterben tausend verschiedene Wege und Krankheiten und Grausamkeiten gibt, weiß doch nun jeder. Schwer ist das Leben und ist der Tod. Daher ist das BGH-Urteil eine Erleichterung für alle, denen kein anderer Weg bleibt. Und die Möglichkeiten, die das Urteil bietet, muss man doch nicht annehmen. Das kann doch jeder selbst entscheiden. Warum wird denn das von einigen hier diskutiert und in Zweifel gezogen? Seid doch froh, dass es diese Möglichkeit jetzt gibt.

Ich klinke mich jetzt hier aus. Ihr könnt ja weiter labern.

Auch hier stimme ich zu.

In meinen Augen ist es wie bei der Organspende - man könnte so viel Leid verhindern, aber der Mensch ist nicht bereit, über den Tellerrand zu schauen und sich zu informieren. Danke Tomasina und Nyx für die Einblicke in Euer Land, welches Sterbehilfe praktiziert. Und das, ohne das depressive Menschen und Wankelmütige reihenweise umgebracht werden. Wie Ihr das nur schafft? *Ironieaus*

Belladin, Du kannst hier nicht einfach eine Prozentzahl reinwerfen. Worauf bezieht sich 10-15 %? Sicher nicht auf die Gesamtbevölkerung. Wahrscheinlich wird das in Zusammenhang von unheilbar Kranken gesetzt.

[Pummelfee]

Selbst wenn es 10-15% der "Normalbevölkerung" wären ändert es nichts an der Tatsache, dass jeder entweder die Möglichkeit hat, auf den Tod zu warten oder sich dazu zu entscheiden, sein Leben zu beenden. Wenn nun 10% der Bevölkerung das möchten (davon ausgehend, dass sie zurechnungsfähig sind, eigene Entscheidungen zu treffen), dann sollen sie die Möglichkeit haben, unabhängig davon, ob jemand 10% zu hoch findet. Das ist ja gerade der Punkt, keine moralische Instanz hat irgendein Recht (jetzt ja auch offiziell), selbstbestimmtes Sterben zu unterbinden. Ich sehe das ehrlich gesagt eher nüchtern. Nur, weil es jetzt legal die Möglichkeit gibt, ist der Schritt sich zum begleiteten Sterben zu entscheiden immer noch so groß (und halt auch irreversibel), dass das kaum jemand "einfach so" machen wird.

[Belladin]

ich hatte es aus einem Interview mit dem Ethiker T.A. Boer. Hier wurde diese Zahl auf "gewisse Regionen" der NL bezogen. Also nicht auf die Gesamtbevölkerung.