Vorab – ich habe noch keine dezidierte Meinung. Aber mir ist unwohl. Als Erstes rührt es in mir an etwas tief Verwurzeltes, nämlich das christliche (zivilisatorische) Tötungstabu, und zweitens gehen wir jetzt von der idealen Lösung aus (alter Mensch, unerträgliche Schmerzen, Krebskranke) ... was aber, wenn zB eines meiner Kinder (erwachsen und selbstbestimmt) in eine Depression geraten würde und beschlösse, nicht mehr leben zu wollen? Und jemand würde ihm dabei "assistieren"? Wie würde ich mich dann fühlen? Fände ich das Urteil von gestern dann noch gut?

In einer idealen Welt könnten wir unterscheiden, wann seelische Notlage keinen anderen Ausweg kennt (da fängt es bei mir schon an: gibt es das? Ich kenne persönlich Leute, die in schweren Krisen lebensmüde waren und jetzt gerne leben), wann Schmerzen nicht mehr erträglich sind, wann ein Leben "nicht mehr lebenswert"" ist. Das sind schon ethisch schwierige Fragen. Dazu kommt, dass unser medizinisches System am Kollabieren ist, viel zu wenig Psychotherapieplätze, viel zu wenig palliativmedizinische Angebote vorhanden sind. Vor allem in ländlichen Regionen, wo alte Menschen dahinvegetieren, die nur notdürftig pflegerisch und medizinisch unterversorgt sind und kaum mehr menschliche Ansprechpartner haben.

Wenn wir alle Potenziale ausschöpfen würden, gesellschaftlich, menschlich, sozial ... aber es fehlt doch hinten und vorn, dazu kommen die berechtigen Existenzängste der alten Menschen, deren Rente inzwischen gerade mal für die Miete reicht und die lieber sterben, als ein Sozialfall zu werden oder den Angehörigen zur Last zu fallen.

Für mich ergeben gerade dieses Urteil und die gesellschaftliche Entwicklung ein ganz ungutes Konglomerat.