Willkommen im Board, Vivica
Ich schreibe mal einfach, was mir durch den Kopf geht: Es klingt danach, als steckte bei dir und deinem Mann ein grundsätzliches Problem hinter eurer Corona-Problematik. Es ist nicht ungewöhnlich, dass auch sich nahe Menschen unterschiedlich damit umgehen, wichtig ist eine Bereitschaft, sich gegenseitig zu respektieren und die unterschiedlichen Bedürfnisse so auszutarieren, dass sich keiner überfahren oder in eine Ecke gedrängt fühlt. Gerade in der Beziehung sollte das Bedürfnis, die Sache dem Partner nicht schwerer zu machen, als sie ohnehin ist, im Vordergrund stehen. Wenn ihr schon so weit seid, dass körperlicher Kontakt vermieden wird, ist das Gefüge schon recht angeknackst.
Seid ihr schon immer so gegensätzlich gewesen – dein Mann eher gesellig, du eher eine Einzelgängerin? Wie sah euer Leben (zu zweit oder mit Familie/Freunden) vor der Pandemie aus? Wie ist euer Umgang bei Meinungsverschiedenheiten vorher gewesen?
Vielleicht ist das sorglose bis nachlässige Verhalten deinen Mannes auch eine Reaktanz auf deine Ängstlichkeit. Auch das wäre nicht ungewöhnlich. Ich habe als Mutter festgestellt, dass meine Jugendlichen damals umso mehr zu Risikoverhalten neigten (zumindest verbal), je ängstlicher ich war und je mehr ich sie warnte vor möglichen Gefahren, die in meiner mütterlichen Angstphantasie oder real da und dort lauerten.
Zweitens: Mir fällt auf, dass du sehr ängstlich wirkst. Bist du Risikoperson? Immunsupprimiert? Falls nicht, sehe ich keinen Grund, weshalb du jetzt, angesichts der doch recht niedrigen Zahlen, keine Kontakte nach außen haben solltest. Natürlich wäre es gut, die Zahlen deiner Region im Auge zu behalten und klassische Risikosituationen zu meiden, aber bei einem Treffen mit anderen Menschen, zu zweit oder zu mehreren mit Abstand und im Freien sehe ich kein Problem, sofern die anderen nicht gerade in einem Risikogebiet oder auf heimlichen Raves waren. Oder auf Kreuzfahrt . Das praktizieren wir und viele, die ich kenne, auch. Jetzt ist es Hochsommer und die ideale Zeit dafür.
Freunde, die einen belächeln, weil man jetzt nicht auf Partys geht, kann man aussortieren. Aber ich sehe kein Problem bei einem Treffen mit Freundin im Park auf der Decke, im Biergarten mit Abstand (kann man auch nachmittags machen, wenn es nicht so voll ist), in einem Café, wo die Tische nicht nah beieinander stehen. Du gehst gerne lange spazieren im Wald? Dann frage jemanden, der/die Zeit hat, ob er oder sie mitgeht. Das würde dir sicher guttun und deine Psyche wieder aufhellen. Kein Wunder, dass du niedergeschlagen bist und den Bunkerkoller hast, wenn du seit März keine sozialen Kontakte mehr hattest. Wir werden noch eine ungewisse Zeit mit dem Virus leben müssen, wir können nicht aufhören, uns sozial zu bewegen, uns Kontaktnischen zu schaffen, sonst werden wir krank, aber nicht an Corona.
Arbeitest du? Hast du ein Hobby, ein Ehrenamt?
Ich glaube, dass Corona bei vielen Menschen latente Ängste und Depressionen triggert oder akute verstärkt. Es gab anfangs Corona-Hotlines für solche Fälle, allerdings weiß ich nicht, ob es die noch gibt. Wenn du dich leer und traurig fühlst und der Kontakt zu deinem Mann schwierig ist, wäre es gut, du hättest einen externen Ansprechpartner.
Also mal bei der KK nachfragen, ob es eine Anlaufstelle gibt, sonst vllt. eine Beratungsstelle anrufen. je nachdem, wie du wohnst, in größeren Städten sind die meist gut aufgestellt.
Choose your battles wisely