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Thema: Schöffenamt und Beruf

  1. #1
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    Standard Schöffenamt und Beruf

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    Ich bin ehrenamtliche Richterin an einem Verwaltungsgericht und komme seit der Flüchtlingskrise relativ selten zum Einsatz.
    Nun habe ich eine Ladung erhalten zum 21.12.2020.

    Die Sitzungstage gehen in der Regel von 9.00 Uhr bis Nachmittags und ich habe eine Fahrtzeit von insgesamt 3 Stunden, d. h. ich fehle immer ganztags in der Arbeit. Komme teilweise später heim als wenn ich arbeiten gegangen wäre.

    Dieser Tag ist beruflich ein wichtiger Termin für mich, da ich gesetzliche Fristen der Sozialversicherung einhalten muss. An diesem Tag muss ich die Lohnabrechnung erstellen und den Krankenkassen bis 24 Uhr die Beiträge melden.

    Das Gericht argumentiert, ich könnte die Lohnabrechnung auch eher machen. Was aber
    definitiv nicht geht, der 21. ist eh schon sehr früh. Später geht auch nicht, weil mein Arbeitgeber dann von den Krankenkassen geschätzt wird, sehr wahrscheinlich zum finanziellen Nachteil meines Arbeitgebers (zumindest kurzfristig).

    Vertreten kann mich niemand, die Aufgabe erfordert spezielles Fachwissen.

    Ich weiß, dass berufliche Hinderungsgründe nur in absoluten Härtefällen eine Entbindung rechtfertigen. Ich weiß auch, dass schon Urteile aufgehoben wurden, weil Hauptschöffen leichtfertig entbunden wurden.

    Ich finde, dass in meinem Fall so ein Ausnahmefall vorliegt. Ich verstehe ehrlich gesagt auch nicht, warum das Urteil eines anderen Schöffen weniger zählen sollte.
    Ich verstehe, wenn ein Anwalt in einem Strafverfahren das als Argument für eine Berufung aufgreift, aber in einem verwaltungsrechtlichen Verfahren?

    Erfahrungsgemäß werden wir ehrenamtlichen hier kaum in die Urteilsfindung aktiv eingebunden. Vom Verwaltungsrecht haben wir ja auch keine Ahnung. Im Grunde wird der Empfehlung der Berufsrichter entsprochen. Das kann aber ein anderer Schöffe ebenso gut wie ich, das sagt mir jedenfalls mein gesunder Menschenverstand, den ich als ehrenamtlicher Richter ja einbringen muss.

    Kann das Gericht verlangen, dass ich die Lohnabrechnung außerhalb meiner regulären Arbeitszeit erstellen muss, z. B. Samstags oder in den späten Abendstunden nach dem Sitzungstag?

    Ich habe mich erneut für dieses Amt beworben und bin nun 5 Jahre dran gebunden. Dass mir meine berufliche Verpflichtung so schwer gemacht wird, wird mich von einer weiteren Bewerbung definitiv abhalten. Schade, eigentlich hat es mir immer viel Spaß gemacht!
    "Was ich morgen kann besorgen, hat auch Zeit bis übermorgen!"

  2. #2
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    Ärgerlich....aber kannst Du die Beitragsübermittlung nicht tatsächlich schon am Freitag davor machen?
    Dezember ist generell ätzend durch den 24. und 31., letztes Jahr war noch übler.
    Wir müssen aufgrund des Jahresabschlusses aber ohnehin im Dezember immer für unsere Buchhaltung bis zum 16. alles fertig haben.

    Ob das Gericht von Dir verlangen kann, das außerhalb Deiner regulären Arbeitszeit zu erledigen, weiß ich nicht.
    Grundsätzlich sind aber auch bei zwei Tätigkeiten die täglichen und wöchentlichen Höchstarbeitszeiten einzuhalten, ebenso die Ruhepausen. Also wenn Du am 21. dann über 10 Stunden kommst bzw. Du danach keine 11 Stunden Ruhezeit bis zum Beginn Deines Hauptjobs am nächsten Tag hast, ist das nicht zulässig.

    Ob es da aber vielleicht Ausnahmen für Schöffentätigkeit gibt, bzw. ehrenamtliche Richter, da Richter keine Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsschutzgesetzes sind, weiß ich nicht.

  3. #3
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    Arbeitsschutzgesetze greifen hier nicht. Die Schöffentätigkeit ist keine Erwerbsarbeit, sondern ein Ehrenamt.

    https://www.schoeffen-nds-bremen.de/...on-der-Arbeit/

    Das Gericht verlangt von dir ja nicht, dass du die Zeit nacharbeitest. Das ist dir nicht zuzumuten. Du sollst deiner Schöffentätigkeit nachkommen. Den Rest musst du mit deinem Arbeitgeber klären. Wenn der schwere wirtschaftliche Nachteile nachweisen kann, hast du eine Chance.
    Man darf Wahrheit nicht mit Mehrheit verwechseln. (J. Cocteau)

  4. #4
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    Es geht um Folgendes: Wir haben in Deutschland den Grundsatz des gesetzlichen Richters, das heißt, es muss vorher feststehen, wer entscheidet. Deswegen ist es nicht möglich, Schöffen zu entbinden und zu ersetzen, es sei denn, dass einer der gesetzlich geregelten Ausnahmefälle vorliegt.
    Ich verstehe dein Problem, aber das ist keins, das das Gericht regeln kann. Dein Arbeitgeber darf dich nicht zwingen, die Schöffenzeit nachzuarbeiten. Dass diese Abrechnung nur an dem Tag gemacht werden kann, verstehe ich auch nicht, ein Tag vorher kann doch wohl kein Problem sein. Und wenn das nicht geht, dann musst du eben in den sauren Apfel beißen und sie außerhalb der regulären Arbeitszeit machen, so leid es mir tut.

  5. #5
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    Und schwere wirtschaftliche Nachteile des Arbeitgebers spielen keine Rolle, denn es ist kaum anzunehmen, dass diese wegen eines Tages Ausfall eines Schöffen anfallen. Zudem kommt es nicht auf den Arbeitgeber an, sondern auf die Person des Schöffen.

  6. #6
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    Ich muss auch Stundenlöhne abrechnen, also die geleisteten Stunden bis zum Abrechnungstag.

    Es ist den Arbeitnehmern wohl schwer zu erklären, dass sie diesen Monat xxx € weniger bekommen, weil die Lohnbuchhalterin zu einem Gerichtstermin musste.

    Und durch deutlich höhere Beitragsschätzungen die auf den Vormonatsangaben (Weihnachtsgeld) basieren, können sich durchaus Liquiditätsengpässe für einen Arbeitgeber ergeben. Dass ein Arbeitgeber wegen dem Schöffenamt eines Mitarbeiters das in Kauf nehmen muss, finde ich unmöglich.

    Ich habe gestern 2 Stunden meiner Urlaubszeit mit Telefonaten mit der Geschàftsstelle verplempert. Der Richter braucht nun eine schriftliche Erklärung meines Arbeitgebers. Sie laden jetzt allerdings schon den Ersatzschöffen.

    Mir bleibt im Grunde gar nichts anderes übrig, als am Samstag vor dem Gerichtstermin oder noch nach dem Gerichtstermin zu arbeiten.

    Fakt ist: mein neuer Aufgabenbereich und das Schöffenamt passen nicht zusammen, Die nächsten 4 1/2 Jahre muss ich noch irgendwie rumkriegen, danach ist damit Schluss.

  7. #7
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    @Maureen
    Deinen Job möchte ich nicht haben, was ist wenn du mal für längere Zeit ausfallen solltest? Wer macht dann deine Arbeit oder geht die Firma ohne dich unter ( nicht böse gemeint )

  8. #8
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    Und wenn du krank wärest an dem Tag, würde die Lohnabrechnung auch liegen bleiben.
    Viel Glück, dass du es gut lösen kannst

  9. #9
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    Weihnachtsgeld ist eine Einmalzahlung. Ich weiß ja nicht, mit welchem Programm du arbeitest. Aber normalerweise rechnet das Programm Einmalzahlungen bei einer Schätzung auf Basis Vormonat nicht mit rein. Oder habt ihr sonst so große Abweichungen zwischen den Monaten?

  10. #10
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    Zitat Zitat von Maureen Beitrag anzeigen
    Fakt ist: mein neuer Aufgabenbereich und das Schöffenamt passen nicht zusammen,
    So ist es. Ebenso wenig wie mit Urlaub oder Krankheit. Ich stelle mir daher die gleiche Frage wie LV.

    Ich würde mich an deiner Stelle eher einmal kritisch mit deinem Arbeitgeber auseinandersetzen, weil er das Team so aufgestellt hat, dass dich niemand vertreten kann. Da scheint eine fehlerhafte Ressourcenplanung vorzuliegen, gerade an einer so geschäftskritischen Stelle. Diese Sparbrötchenmentalität ist daher ziemlich fahrlässig. Und offenbar ist auch in den nächsten 4 1/2 Jahren nicht damit zu rechnen, dass sich das ändert. Das würde mir ehrlicherweise ziemlich zu denken geben, völlig unabhängig von deiner Tätigkeit als Schöffin. Ich würde darauf bestehen, dass jemand eingearbeitet wird, der dich vertreten kann.
    Geändert von all about eve (03.12.20 um 22:50:23 Uhr)
    H.G. eve

    Wozu braucht man ein Gehirn, wenn man es nicht benutzt?

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