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Thema: One Year Ago....

  1. #1
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    Standard One Year Ago....

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    ....und ich habe ein ganz mulmiges Gefühl in der Magengegend.....

    Was/Wie denkt ihr ein Jahr nach dem 11. September?

    Ich bin eigentlich gar nicht so der Amerikafan, ich war zwar auch noch nicht dort aber irgendwie zieht es mich auch nicht wahnsinnig an.

    Trotzdem hat mich der Anschlag so getroffen, zu meiner Schande mehr, als alle Schreckensmeldungen die man sonst so tagtäglich durch die Medien erfährt.

    Ich denke mir , dass dies wohl damit zusammenhängt, dass die Staaten unterschwellig immer so etwas vom "Großen unverwundbaren Boss" haben...und jeder wohl zwangsläufig mit den schrecklichsten Konsequezen gerechnet hat.

    Eigentlich weiss ich gar nicht, wie ich politisch zu den zukünftigen Interventionen stehen soll.
    Ich weiss auch nicht, was ich von Amerika halten soll. Zur Zeit bin ich da relativ Meinungslos.
    Einerseits höre ich Lobeshymnen von einem Freund der schon lange in New York wohnt, dass (solange man sich nicht ohne Gettobluster in der Bronx verirrt) er sich noch nie so sicher wie in N.Y. gefühlt hat, diese Stadt einfach die grenzenlose Freiheit bedeutet..., anderseits klagt meine Schwester die in den Südstaaten lebt, über den Patriotismus und immer noch deutlich Rassistische Züge der Amis(Germany? You go there by car?)

    Über Sendungen wie "*** & the city" sorry, aber da kann ich einfach nur kotzen....(Ich kann darüber einfach zerozero lachen)
    Mich nervt auch der zu dominante USA Einfluss in vielen Bereichen der Gesellschaft, ich arbeite selber in einer Firma frei nach amerikanischer Philosophie, manches ist "Great" anderes einfach nur Fragwürdig.

    Wie denkt ihr im Allgemeinen oder auch im Speziellen?
    Ich würde mich über Denkanstösse freuen!

    Eure Guilia (very open minded)



  2. #2
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    Liebe Giulia,

    da will ich doch gleich mal antworten. Ich habe ja eine besondere Beziehung zu Amerika, denn nach dem Abitur war ich ein Jahr hier als au-pair (eher zufällig, denn damals wollte ich eigentlich lieber nach England ), und diese Erfahrung hat mich definitiv geprägt und verändert. Das Jahr darauf habe ich dann meinen Mann kennengelernt, er ist Amerikaner, und wir sind seitdem zusammen. Zuerst haben wir in Deutschland gelebt, und seit fast 2 Jahren leben wir nun hier in Atlanta.

    Am 11. September letzen Jahres waren wir zufällig gerade in Deutschland und haben alles nur im TV mitgekriegt. Mein Mann arbeitet bei CNN und bekam auch gleich einen Anruf, ob er nicht sofort in die Arbeit kommen könnte. Zu diesem Zeitpunkt wußten wir allerdings überhaupt noch nicht, wie wir zurück in die Staaten kommen sollten. Unser Flug war für den 21. Sept über Canada gebucht, und bis dahin gingen dann auch die Flüge wieder. Die Stimmung hier im Land war dann echt beklemmend, und ja, der Patriotismus war noch ausgepägter als sonst. Ich glaube, der Grund, warum den meisten Europäern und besonders Deutschen der amerikanische Patriotismus so aufstößt, ist eben, daß man in Deutschland "das" nicht macht. Der deutsche Normalbürger hat eben keine deutsche Flagge daheim hängen und schon gar nicht vor der Tür. Die Amerikaner sind eben stolz auf ihr Land, die meisten sind ja auch Immigrants, die sich hier den American Dream verwirklicht haben. Daß der Patriotismus hier im Süden wahrscheinlich ausgeprägter ist, als in den eher internationalen Großstädten ist sicher richtig.

    Das bringt mich zum Punkt der Ignoranz der Amerikaner (von wegen per Auto nach Deutschland ) Man muß sich hier mal vor Augen führen, wie groß dieses Land ist. Die USA sind ja eigentlich nicht ein Land, sondern (geographisch gesehen) 50 Staaten = Länder, von denen sicherlich so die Hälfte größer ist als Deutschland (nagel mich hier nicht fest mit der Zahl, wahrscheinlich so alles westlich des Missisippi). Da ist es ja eigentlich nachvollziehbar, wenn man sich eher mit den Staaten um einen herum und nicht so mit Europa befaßt, oder? Ich will damit nicht die Ignoranz verteidigen, aber so läßt sie sich zumindest erklären. Europäer sind eben einfach wegen ihrer geographischen Lage viel mehr anderen Ländern, Sitten und Sprachen ausgesetzt und müssen sich zwangsläufig mit den Nachbarn befassen. Dazu kommt, daß man sich hier aktiv darum bemühen muß, internationale Nachrichten zu bekommen, in den örtlichen Zeitungen sind international news eine Spalte und im Fernsehen wird es auch recht knapp gehalten. Again, eine Erklärung, keine Verteidigung.

    Was mich auch oft nervt, ist, daß ich Leuten gegenüber, die noch nie in den Staaten waren, und auch nicht daran interessiert sind, herzukommen (das soll kein Angriff sein, es ist ja keine Pflicht, to each his own), die Weltpolitik und unseren idiotischen Präsidenten rechtfertigen soll. Ich finde Bush unmöglich und halte nicht viel von der (derzeitigen) amerikanischen Außenpolitik (or lack thereof), und auch das global cop Getue finde ich nicht so berauschend. Und dennoch ist Amerika so viel mehr als flaggenwedelnde revolverschwingende Texaner - das Land selbst ist unglaublich schön, von der Küste South Carolinas bis hin zu San Francisco, das verrückte Las Vegas, der Mississippi, die Great Lakes, DAS ist eben auch Amerika. Die Leute sind wahnsinnig nett und freundlich (jaja, hier kommt sicher gleich das Argument, wie oberflächlich das doch alles ist - aber ehrlich gesagt ist es mir lieber, wenn jemand in einem Geschäft oder Restaurant oberflächlich nett und höflich zu mir ist, als schlecht gelaunt und grantig, wie das in good old Germany so oft der Fall ist) und man kann sich hier so verwirklichen, wie man will. Das klingt jetzt seltsam, ich meine, man kann sich anziehen und verhalten, wie man will und wird einfach akzeptiert. Wenn ich an die abschätzenden Blicke von Münchner Yuppie-Zicken in Schwabinger Cafes denke, wird mir kotzübel. (Das nur nebenbei.)

    Liebe Giulia, sorry daß ich Dich hier so volllabere (mit 3 "l" nach Rechtschreibreform??), aber ich kann Dir nur den Tip geben, schau es Dir einfach mal an. Bis jetzt kenne ich niemanden, der nach einem Besuch hier nicht zumindest beeindruckt war.

    Es ist übrigens inzwischen der 11. September, 1 Uhr nachts, und wir sind gerade von einem Baseballspiel Atlanta-NewYork nach Hause gekommen, und bei der amerikanischen Nationalhymne kriege auch ich als Deutsche Gänsehaut.

    Ich hoffe und bete, daß morgen nichts passiert, daß mein Mann bei CNN sicher ist und wir diesen Tag in Ruhe und Frieden begehen und danach zu einer Art Normalität zurückkehren können.

    Viele liebe Grüße
    Beans

    Ich geh jetzt ins Bett, nachdem ich das alles 2x getippt habe, weil es mich vorher irgendwie aus dem BB geworfen hat.

  3. #3
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    ... und *** and the City finde ich übrigens klasse! Aber das ist sicher Geschmackssache

    LG Beans .... und tschüß!

  4. #4
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    Hi,

    mein bester Freund hatte ja den Anschlag auf das Pentagon um ein paar Minuten verpasst, weil er wieder mal verschlafen hatte...

    Aber es gab ja eine Beauty, die Verwandte drüben hatte (Bruder) - wie geht es ihm heute??


    Viele Grüße
    Britta
    Life must go on.

  5. #5
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    Liebe Beans,

    ehrlich gesagt, ich hatte (habe?) auch nicht allzuviel für die Vereinigten Staaten übrig. Es sind aber nicht die Leute für die ich nichts übrig habe, sondern vielmehr das "Bild" was man sich von diesem Land macht.

    Es ist schön, wie Du ein paar Gedanken mit uns geteilt hast und ich muß gestehen, manches von dem was Du geschrieben hast, leuchtet mir jetzt mehr ein und ich werde sicherlich noch darüber nachdenken. Ich hab das Gefühl Du liegst mit einigen Deiner Argumente sehr richtig (vor allen Dingen was die Größe des Landes anbetrifft und daß die US keine "richtigen" Nachbarn haben mit denen sie sich auseinandersetzen müssen...).

    Ich muß gestehen, daß mir gestern erneut die Tränen kamen, als ich einen Bericht über den 11. September gesehen habe mit den ganzen Einzelschicksalen...

    Liebe Grüße
    Edda

  6. #6
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    @ Beans

    Superklasse Beitrag! Sehr interessant geschrieben! Ich bin ganz deiner Meinung (nicht dass der Beitrag DESHALB so gut ist ). Ich selber habe noch nie in den USA gelebt, war auch nur einmal dort, bis jetzt. Mein Freund (und bald Ehemann) ist auch Amerikaner, er ist von NY. Ausserdem war ich hier in der Schweiz zwei Jahre lang in einer internationalen Designklasse, mit fast ausschliesslich Amerikanern. Deshalb habe ich viele amerikanische Freunde und habe sozusagen zwei Jahre mit Amerikanern gelebt und so auch vieles mitbekommen (denk ich zumindest mal) Muss aber dazu sagen, dass diese Amerikaner alle aus der oberen Mittelschicht bis Oberschicht kamen und sich deshalb gute Universitäten leisten konnten, die meisten haben in Yale studiert.... So gesehen, ist dass natürlich auch kein repräsentativer Querschnitt durch die amerikanische Bevölkerung.

    Aber was will ich eigentlich damit sagen..... Hmmm, eigentlich genau was du gesagt hast. Ich bin keine Amerika-Fan, war es noch nie und werde es nie sein. ABER, es gibt dort, genau wie überall auf der Welt, so viele wunderbare, freundliche Menschen, die Natur ist atemberaubend schön und die Politik lasse ich jetzt einmal aussen vor....

    Was die globale Amerikanisierung betrifft, der stehe ich mit Skepsis gegenüber. Ich mag diese ganz Verherrlichung diesem Land gegenüber nicht leiden. Zumal sie oft von Menschen kommen die noch die dort gewohnt haben... Differenzierung ist da gefragt und genau dass hast du so schön zum Ausdruck gebracht.

    Liebe Grüsse
    Caroline
    “You must be shapeless, formless, like water. When you pour water in a cup, it becomes the cup. When you pour water in a bottle, it becomes the bottle. When you pour water in a teapot, it becomes the teapot. Water can drip and it can crash. Become like water my friend.” Bruce Lee

  7. #7
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    @ Edda - vielen Dank für Dein Feedback! Da hat sich die ganze Tipperei ja schon gelohnt.

    @ Caroline - Wenn Dein zukünftiger Mann ( congratulations!) aus New York kommt, muß er ja noch viel tiefergehende Emotionen mit dem 11. September verbinden. Hier läuft natürlich schon den ganzen Tag auf so ziemlich allen Sendern "Rückblick auf 9/11", Veranstaltungen in NY, Pennsylvania und dem Pentagon. Mein Mann ist gerade in die Arbeit gefahren, und ich hoffe, es bleibt ruhig

    Bin froh, wenn dieser Tag vorbei ist.

    LG
    Beans

  8. #8
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    Hallo Beans,

    ich danke Dir für Deinen wahnsinnig informativen und ehrlichen Beitrag.

    Ich werde mir ihn jetzt nochmal in Ruhe durchlesen, über einige Hintegründe habe ich so noch nicht nachgedacht.

    Vielen Dank und liebe Grüße

    Giulia

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