Weiter @Fides:
Manchmal ist es wünschenswert, wenn in Diskussionen angegeben wird, worauf sich bestimmte Betrachtungen eigentlich beziehen. Die Vorstellung, meine Ausführungen seien rassistisch gewesen, lassen zwar viele Interpretationsmöglichkeiten darüber offen, was genau Du rassistisch fandest allerdings keine, die Sinn machen würde. Du hättest es mir einfacher gemacht, wenn Du gesagt hättest, wie Du zu dieser Einschätzung kommst.
Rassistisch ist jemand, der unterstellt, es gäbe in irgend einer Form eine biologische Rasse von Menschen, die sich von irgend einer anderen oder mehreren anderen Formen biologischer Rassen von Menschen in einer Weise unterschieden, die Auswirkungen auf das soziale Verhalten hätten oder haben sollten. So etwas ist zwar in der Geschichte der Menschheit recht beliebt gewesen, das macht es aber nicht weniger eklig. Zwar gibt es einen signifikanten biologischen Unterschied zwischen Menschen mit schwarzer und denen mit weißer Hautfarbe, daraus folgt aber kein Unterschied für das soziale Leben und auch keine Notwendigkeit den ekligen Begriff Rasse zu benutzen. Wenn doch (was so selten wiederum nicht ist), wäre das eben rassistisch und soll nicht sein. Ich habe an keiner Stelle weder von einer Rasse von Menschen gesprochen, noch davon, dass aus biologischen Differenzen auch soziale Differenzen folgen würden. Weder gehe ich davon aus, dass Juden eine Rasse bilden würden (denn die sind eine Religionsgemeinschaft), noch Israelis (denn die eint, dass sie Staatsangehörige des Staates Israels sind), noch Deutsche im oben näher skizzierten Sinne (denn die eint, dass sie einen positiven Bezug auf ein vermeintliches Deutschsein haben), noch sog. Palästinenser (denn die eint der Wunsch nach einem eigenen Staat bzw., dass sie in einer bestimmten Region der Welt leben), noch Antisemiten (denn die eint, dass sie eine bestimmte widerliche Form von pathischer Projektion haben). Was alle diese Gruppen von Menschen aber NICHT eint, ist irgendeine biologische Komponente. Der wesentliche Unterschied zwischen dem Biologismus, der jeden Rassismus kennzeichnet, und einer sozialen Gemeinschaft ist der, dass man sich von einer Gemeinschaft lossagen und z.B. einer anderen Gemeinschaft beitreten kann, von der eigenen Biologie kann man sich aber ausschließlich auf dem Wege lossagen, den Möllemann gerade gegangen ist: durch den Tod. Deswegen ist Rassismus ganz doll widerlich und ich weise es weit von mir, irgendwo rassistisch argumentiert zu haben.
Was aber ist mit der Diskriminierung? Vom Wortsinn her meint Diskriminierung erst einmal nur "Unterscheidung" und in diesem Sinne ist jeder Satz (jedes Wort, jeder Buchstabe, jedes Satzzeichen) meiner Ausführungen eine Diskriminierung all der anderen Sätze, die ich statt dessen hätte schreiben können (einschließlich der Möglichkeit, gar nichts zu schreiben). So meinst Du es aber wohl kaum. Du meinst es eher in dem Sinne, wie man z.B. von der Diskriminierung der Frauen spricht. Wen aber habe ich Deiner Ansicht nach in diesem Sinne diskriminiert? Die Juden, indem ich sie aus ihrer tragischen Geschichte heraus zu jenem "auserwählten Volk" erkläre, das ihre Religion schon immer von ihnen behauptet hat? Dann hast Du recht und ich habe dafür ein recht gutes Argument geliefert, wie ich meine. Die Palästinenser, weil ich ihre Forderungen nach einem eigenen Staat auf dem Territorium Israels erstens nicht unterstütze und zweitens die damit einhergehende Forderung, alle Israelis ins Meer zu treiben, antisemitisch finde? Dann hast Du unrecht ich habe nichts dagegen, dass die Palästinenser einen eigenen Staat auf dem Territorium gründen, auf dem sie auch jetzt leben. Alles weitere ist eine Anmaßung und der Plan zu einem millionenfachen Killerkommando. Würde man es als Diskriminierung bezeichnen, einen solchen Plan nicht gut zu heißen, würde der Diskriminierungsbegriff seinen Sinn völlig verlieren analog zu dem Toleranz-Begriff oben (denn jeder Diskriminierer könnte sich dann sofort als Diskriminierter darstellen, wenn jemand ihn als Diskriminierer tituliert). Die Deutschen im oben skizzierten Sinne, weil ich denke, dass ihr Nationalgefühl eine widerliche und im Zweifelsfall sehr blutige Angelegenheit ist (wie sich historisch nicht bloß einmal gezeigt hat) und systematisch mit der ebenso widerlichen Projektion des Antisemitismus zusammenhängt? Dann hast Du aus einem ähnlichen Grund unrecht wie bei den Palästinensern. Oder vielleicht die Antisemiten? Dann dürftest Du selber ein ziemlich hartnäckiger sein... Oder vielleicht die Möllemanns der Welt? Dann hast Du unrecht weil dann jeder Mensch von jedem Menschen diskriminiert würde, von dem er aus irgendwelchen Gründen nicht gemocht wird. Das aber würde den Sinn von Diskriminierung ziemlich verwässern.
Manchmal erscheint es mir legitim, plakativ zu sein. Das Wort "dreckig" ist kulturgeschichtlich lang und breit negativ konnotiert. Damit habe ich rhetorisch gearbeitet. Allerdings habe freilich gerade ich ein durchaus anderes Verhältnis zu Dreck... 
Wer einige Probleme an der Kulturgeschichte sieht, dem werden auch solch auffällige Konnotationen merkwürdig erscheinen. Und gerade zum Verhältnis der Menschen zu Dreck, gäbe es Vieles zu sagen. Das will ich aber nicht tun. Möllemann hat sich als Politiker zweifelsohne in einer recht abstrakten gesellschaftlichen Sphäre herumgetrieben und hatte insofern mit Dreck wohl letztlich nicht so viel zu tun (auch wenn er am Ende in selbigen ziemlich tief gefallen ist). Als Anzugträger und gewichtiger gesellschaftlicher Funktionär, wäre er sicherlich hätte die Geschichte ihn 60 Jahre früher leben lassen nicht einer von jenen kleinen Soldaten gewesen, die eine perverse Freude am Manschen in Erde, halbtoten und toten Körpern gehabt haben (wie es für etliche Wehrmachtssoldaten dokumentiert ist), sondern einer von jenen, die in Büros Fragen entschieden haben, wie die, ob man Züge lieber für die Deportation von Juden oder für die Lieferung von an der Front dringend benötigtem militärischem Equipment einsetzen solle (und es gehört zur erschütternden Irrationalität der Nazis, dass sie sich mehr als einmal für die erste Alternative entschieden). Insofern wäre es vielleicht sinnvoller, Möllemann einen sauberen Antisemiten zu heißen. Wobei ich, hätte ich das getan, einige Ausführungen dazu hätte machen müssen, warum denn ein sauberer Antisemit unter Umständen noch ein schlimmerer Antisemit als ein dreckiger ist. Manchmal ist es insofern legitim, plakativ zu sein (und Sprache würde letztlich ohne irgendeine Form von Plakativität wohl kaum funktionieren).
(Dass Möllemann übrigens geschickter politischer Taktierer gewesen ist, dem man unterstellen kann, dass sein Engagement für die sog. Palästinenser sich auch finanziell gelohnt hat, und er vielleicht gar nicht geglaubt hat, was er so von sich gegeben hat sondern das aus politischem und finanziellem Gewinnstreben gemacht hat würde ihn auch nicht sympathischer machen, im Gegenteil.)
@Zoia:
Das Darstellungsideal feinstziselierter Geschwurbeltheit ließe sich vielleicht relativ simpel begründen. (Woher Motivation und Ausdauer kommt, will ich hier nicht en detail entfalten, habe dazu ja oben aber ein paar Anmerkungen gemacht.) Wenn, wie irgend jemand sagte, dessen Namen ich vergaß, Wahrheiten immer einfach sind so sind Lügen, Halbwahrheiten, Ideologien, Projektionen und was immer das Gegenteil von Wahrheit sein mag meist ziemlich komplex. Die Wahrheit über diese Dinge muss dann auch notwendig einige Komplexität mit sich bringen, will sie ihnen gerecht werden und einzig im Gerechtwerden kann Wahrheit wohl liegen. Dass unsere Sprache unerschöpflich mannigfaltig und in sich von reicher Komplexität ist, könnte man als Indiz dafür nehmen, dass die Menschen bereits über die Werkzeuge verfügen, die ihnen eine versöhnte Welt ermöglichen würde nur haben sie noch nicht gelernt, mit diesen Werkzeugen umzugehen.
charlie brown: \"pig-pen, why are you always so dirty? when in the world are you going to clean up?\" - pig-pen: \"i have affixed to me the dirt and dust of countless ages - who am i to disturb history?\"
Junior Member
Berechtigungen
Zitieren