Teil 2

Dann fing ich irgendwann wieder mit meinem geliebten Krafttraining an. In dem Studio, in dem ich früher war, war eine Art Bistro dabei und da durfte geraucht werden. Das neue Studio war ein kompletter Nichtraucherbau. Die Mitglieder und Trainer sehen allesamt nicht so aus, als würden sie dem Rauchen frönen. Na ja, war mir nach anfänglichem Schreck egal, ich dachte, die 2 – 3 Stunden werde ich schon aushalten. Aber sobald ich raus war – ins Auto und Zigarette anzünden. Aber erst ausser Reichweite – nicht dass die Trainer sehen dass ich so ein grässliches Laster habe. Mit der Zeit war mir die Wolke von altem Qualm, die mir entgegenschlug, wenn ich meinen Spind in der Garderobe aufmachte, nicht mehr nur peinlich sondern auch lästig.

Wie ich überhaupt merkte, dass mich die Raucherei mehr und mehr NERVTE. Wie mein Schreibtisch immer aussah! Alles voller Asche und Tabakkrümel, inklusive Tastatur, Telefon usw. Wenn man den Mülleimer aufmachte, kam ekliger Gestank von alten Kippen raus. Wenn man etwas reinstopfte wenn er schon etwas voll war, staubte die Asche in der ganzen Küche rum. Wenn ich aus der frischen Luft in die Wohnung kam, nervte mich der Gestank nach Qualm. Obwohl ich nach wie vor rauchte, nervte es mehr und mehr. Vor allem der Gestank. Alles stank. Ich selbst, meine Haare, meine Kleider, meine Wohnung, mein Auto, alles.

Und mich nervte die Erkenntniss und das Wissen, dass nicht mehr ich mein Leben im Griff habe, sondern dass mich die Zigarette im Griff hat und mir diktiert, was ich wann wo wie tue: wen ich besuche und wen nicht weil ich da rauchen kann oder nicht, wo ich im Urlaub hingehe, wie lange ein Einkauf dauern darf, wie lange ein Krankenbesuch, wie lange eine Trainingseinheit, ob die anderen endlich mit dem essen fertig sind, damit ich rauchen kann, dass ich mich nicht über die Einladung zu einem supertollen Essen freuen kann, weil es in einem Nichtraucherrestaurant stattfindet, usw.

Ich kapierte, dass mich das Zeug unglaublich einschränkt und meine Lebensqualität erheblich beschneidet, weil sie mir unendlich viele Möglichkeiten raubt. Das hatte überhaupt nichts mit gesundheitlichen Überlegungen zu tun: jeder Raucher kann sich X Bilder von Raucherlungen ansehen, das hilft überhaupt nix. Solange man nichts merkt davon und selbst wenn man es merkt steckt man es immer noch nicht. Ich kenne Leute die rauchen mit Lungenemphysem ....
Nein, ganz normale, alltägliche Dinge wie oben beschrieben.

Trotz all dieser Erkenntnisse und all dem Nerv hatte ich immer noch einen riesigen Bammel vor dem Aufhören. Ich habe diese ganzen Monate auch mit niemanden über mein Vorhaben geredet. Angst vor Versagen, Angst vor der eigenen Courage? Als das alles recht weit gediehen war, bin ich immer noch vor dem Gedanken zurückgeschreckt und habe für mich selbst Gründe gefunden, warum ich jetzt nicht aufhören kann. Es ging nicht, weil meine Mutter zu Besuch kam, die raucht. Es ging nicht, weil ich einen extrem stressigen Auftrag zu erledigen hatte. Es ging nicht weil ich noch eine Woche zu meinen Eltern fahren und ihnen den Rechner installieren wollte. Es ging nicht, weil ich da Urlaub habe und im Urlaub soll man sich den Stress ja nicht antun.. Aber wenn ich arbeite habe ich auch Stress. Und so weiter und so fort. Ausreden über Ausreden.

Und in dieser Situation hat mir dann das Buch von Allen Carr geholfen, obwohl ich es da schon zweimal gelesen hatte und bis dahin nicht gefunden habe, dass es mir etwas hilft. Plötzlich habe ich diese ganzen Argumente als Ausreden erkannt und von da an bewusst angefangen, mir klarzumachen, dass ich mir nichts wegnehme, dass ich nichts verliere, sondern ganz viel gewinne!! Die Zigarette ist kein guter Freund, dem ich mit leisem Bedauern nachweinen muss. Sie ist ein ganz gemeiner Sklaventreiber, der mich im Griff hat und der mir diktiert was ich wann zu tun habe!!!!!

Und dann habe ich mir den 1. Mai 2001 als Termin zum aufhören gesetzt. Das war Anfang April. Nach 2 Wochen hat es mich so sehr genervt, dass ich den Termin auf den 15.4. vorverlegt habe.

Nun, ich bin ja wirklich ein harter Fall und habe eine lange Raucherkarriere geschafft. Also war ich trotz all dieser Erkenntnisse trotzdem sehr skeptisch und traute mir wohl auch nicht so richtig. Und wie gesagt, auch die ganzen Erfahrungsberichte, die ich gelesen habe, haben mich veranlasst, mehr als wachsam zu sein.
Nach dieser ganzen langen, teilweise unbewussten, Vorbereitung habe ich also beschlossen, den Versuch mit Niquitinpflastern zu starten (Zyban war mir zu gefährlich). Ich habe bis zum 14. April gequalmt wie ein Schlot. Die letzte um kurz vor Mitternacht habe ich sogar richtig zelebriert: mit Sekt und Abschied nehmen. Wie geplant, um 23.59 h die letzte ausgedrückt und schlafen gegangen.

Am nächsten Morgen das erste Pflaster draufgeklebt und gewartet. Darauf dass was passiert. Auf die Entzugserscheinungen und so. Eigentlich warte ich heute noch. Wie gesagt, nach meiner Raucherkarriere war ich SEHR vorsichtig und wachsam. Und konnte es kaum glauben wie einfach es ist wenn man es wirklich will und bereit ist dazu. Ich habe bereits nach 1,5 Wochen von 21 mg auf 10,5 mg halbiert und machte das Pflaster dann nachts ab. Keine Veränderung. Also habe ich sie wohl noch so 2 Wochen geklebt, dann war Schluss. Klar hatte ich ab und zu einen Schmachtanfall, aber viel weniger schlimm als ich mir das jemals vorstellen konnte. Die waren auch nie sehr lang und werden immer weniger. Interessanterweise fielen mir die Momente, die ich mir NIE ohne Zigi hätte vorstellen können, am leichtesten: die am morgen zum Kaffee, die nach dem essen, die in der Kneipe mit Freunden. Ich habe mich relativ schnell wieder in Kneipen gewagt, denn wie heisst es so schön: ich höre auf zu rauchen, nicht zu leben !!! Auch dachte ich z.B. ich müsste sicher morgens von Kaffee auf Tee umsteigen, weil das so miteinander verbunden ist. Überhaupt kein Problem.

Jetzt sind es über 2 Jahre dass ich nicht mehr rauche. Ich bin immer noch so glücklich über mein rauchfreies neues Leben und über meine saubere, wohlriechende Umgebung, dass ich ziemlich sicher bin, dass ich nicht rückfällig werde.

So, das ist jetzt ein ziemlicher Roman geworden. Ich hoffe, euch wurde beim Lesen nicht langweilig sondern zeigt, dass auch hartnäckige Fälle, langjährige starke Raucher mit Angst vor dem Aufhören es schaffen können, wenn sie sich gut vorbereiten und die richtige Motivation haben.

Zum Nichtrauchen braucht es vor allem Motivation, die Fähigkeit, sich vorzustellen, Nichtraucher zu sein und Durchhaltevermögen. Dieser Satz, den ich irgendwo gelesen habe, war für mich sehr hilfreich und ich halte ihn für sehr wahr.

Ich drücke allen Aufhörwilligen die Daumen und wünsche euch viel Erfolg !!!!!!