Zitat Zitat von bellamo Beitrag anzeigen
Es geht aber in der Doku doch gar nicht um das Thema, dass man nichts ändern soll/muss wenn man krankhaft übergewichtig ist.
Natürlich ist es richtig wenn man wirklich dick ist, sich mit seinem Gewicht und seiner Gesundheit auseinander zu setzen.
Es geht um normalgewichtige Frauen, Frauen mit Übergewicht, welches noch weitab vom Thema Kranksein ist.
Wenn ich mir den Trailer ansehe, geht es auch um Extreme. Bei Minute 1:04, wird eine Frau mit Magersucht gezeigt, die sagt "Niemand sollte sich zu Tode hungern müssen, um so auszusehen ,wie die Frauen in den Magazinen" und das ist Blödsinn. Extrem untergewichtige Körper werden extrem selten in Magazinen propagiert. Ab und zu taucht in der Vogue noch mal was auf aber dann hagelt es Kritik. Bei Minute 1:40 werden Menschen mit extremem Übergewicht gezeigt. Und das ist etwas, was mich schon wütend macht. Leicht oder nicht Übergewichtige, die mit ihrem Körper nicht zufrieden sind, nehmen extrem Übergewichtige her um zu propagieren, jeder solle sich in seinem Körper wohlfühlen und so bleiben wie er ist. Da fällt es dann natürlich leichter, sich in seinem leichten Übergewicht wohl und zufrieden zu fühlen, wenn das sogar extrem Übergewichtige tun. In Berichten, die ich über den Film gelesen habe, wurde gesagt, dass dort auch das Märchen von "Diäten sind schädlich" und "es kann halt nicht jeder schlank sein, wir sind halt alle unterschiedlich gebaut" verbreitet wird. Ich sage nicht, dass jeder abnehmen soll, bitte das soll jeder für sich entscheiden.

Frauen, die schön sind und sich trotzdem hässlich fühlen. Die, die sich operieren lassen weil ihr Busen zu klein/ ihre Nase zu groß ist, die, die magersüchtig werden, weil sie sich zu dick finden.
Es geht darum, dass man tagtäglich von scheinbar perfekten Frauen auf riesen Werbeplakaten im Bikini angegrinst wird. Frauen, die so nichtmal existieren weil sie von obem bis unten gephotoshoppt sind. Ich sehe gen Sommer nie Plakate mit Frauen mit Durchschnittsfigur auf Plakaten. Oder in TV Spots oder in Katalogen. Oversizemodels haben Größe 38. Das ist doch krank!
Ich lese die amerikanische Shape, da sind grösstenteils fitte Traumfiguren drin und einige ziemlich dicke Frauen. Durchschnittliche Bilder sehe ich dort nie. Aber wenn ich mir Essensfotografien in Blogs und Zeitschriften, in Kochbüchern und in der Lebensmittelwerbung ansehe, sieht das auch so durchschnittlich aus wie zu Hause. Werbung und Katalogfotos sind nicht die Realität. Sie sollen verkaufen. Ich finde es gut, dass es in Frankreich und Italien wohl auch mittlerweile geregelt ist, dass Models nicht extrem untergewichtig sein dürfen. Aber ich sehe das eher Arbeitsschutz für die Models, was gut und wichtig ist, als als Instrument die Gesellschaft vor unrealistischen Vorstellungen zu schützen.

Und was einem suggeriert wird ist, wenn du so aussiehst, dann wirst du beliebt und erfolgreich. Und das prasselt jeden Tag auf uns ein und verschiebt die Wirklichkeit. Und das fängt nunmal im Kindesalter schon an.
Mir wird von Freunden ständig aufs Ohr gedrückt "bellamo, fang doch wieder mit Sport an, mach doch wieder Sport".
Warum? Ich bin nicht übergewichtig und ich bin völlig gesund. Sport ist gesund, ja, aber die Leute in meinem Freundeskreis machen keinen Sport weil sie gesünder Leben wollen. Sie machen das schlicht und einfach um ihren Körper zu verbessern, um besser und perfekter AUSZUSEHEN.
In meinem Umfeld macht so gut wie niemand Sport und ein schöner Körper wird nicht als Mittel angesehen, erfolgreich zu sein. Da sind wir wohl in völlig verschiedenen Milleus unterwegs. Bei uns gilt Sport eher als Zeitverschwendung, die einem nicht zur Verfügung steht um zu lernen oder im Job etwas zu leisten. Bewegung ja, aber dann eher zum Spass oder in einer bestimmten Sportart wie Paddeln oder Radurlaub. Sich draussen in der Natur zu bewegen und etwas dabei zu erleben ist der Sinn dabei. Ich bin die Einzige weit und breit, die jetzt regelmässig Sport macht. Es spricht mich auch keiner meiner Freunde auf meine Abnahme an. Wir kommentieren unsere Körper gegenseitig nicht. Wir sprechen schon darüber, wenn jemand das Thema aufbringt, es ist nicht Tabu. Aber eher sehr sachlich. Wenn jemand von uns krank aussieht (mein Mann hatte in einer stressigen Zeit von Umzug mal viel abgenommen) dann sagen wir uns auch "geh zum Arzt".

Um darauf zurück zu kommen was du geschrieben hast, das dicke Menschen oft sagen "ich finde mich schön".
Stimmt das immer oder ist es vielleicht einfach ein Abwehrmechanismus?
Eine Freundin von mir war früher sehr dick. Sie hat um die 60 kg abgenommen.
Sie hat damals auch immer gesagt, dass sie sich, trotz ihres Gewichtes, wohl fühlt. Heute, wo sie schlank ist, sagt sie, dass das eine reine Schutzbehauptung war um sich nicht rechtfertigen zu müssen. Sie hat sich nie wirklich wohl gefühlt.
Ich behaupte nicht, dass das bei allen so ist. Aber ich glaube auch nicht, dass alle die Wahrheit sagen.
Ich fand mich nicht hässlich und in Teilen schön, insgesamt war ich mit mir zufrieden, ich hatte wegen des Aussehens keinen Leidensdruck. Etwas wegen der Fitness, aber ich bin auch immer noch ziemlich problemlos in unsere Wohnung im vierten Stock gekommen und konnte Bergwanderungen machen. Ich habe nicht abgenommen, weil der Leidensdruck nicht wirklich gross war und ich Angst hatte, nach einer Diät wieder mehr zuzunehmen als ich abgenommen hatte, denn ich hatte schon ziemlich viele Diäten hinter mir. Vor vier Jahren habe ich dann 20 kg abgenommen und da auch einigermassen gehalten bis ich dann vor zwei Jahren krank geworden bin. Durch die Rheumadiagnose habe ich verstanden, dass Gesundheit keine Selbstverständlichkeit ist und die Gefahr besteht, dass ich meine Beweglichkeit verlieren könnte. Damit habe ich angefangen Sport zu machen, erst wenig und dann gezielter. Mit Anfang des Jahres bin ich die Abnahme angegangen nachdem ich endlich verstanden habe, wie wichtig ein Kaloriendefizit ist. Ich achte auf mich und meinen Körper und freue mich einen Ast, meine Fortschritte zu sehen und welche Möglichkeiten ich noch habe. Mein Ziel ist es nach Uganda in die Rwenzori Mountains zu fahren. Dazu MUSS man fit sein, sehr fit. Ich hätte nie gedacht, dass so etwas überhaupt noch mal im Rahmen meiner Möglichkeiten ist. Klar freue ich mich auch über neue Klamotten aber das ist sehr zwiespältig, denn meine Sachen haben mir immer gefallen und es tut mir eher weh, so viele schöne Sachen aussortieren zu müssen.

Den Film hat mir Netflix gestern in Belgrad noch zum Download angeboten, in Deutschland kann ich ihn leider nicht sehen. Aber wie gesagt, bei dem was ich so mitbekomme, geht es halt zu sehr in Richtung Fatacceptance und die treibt mittlerweile sehr seltsame Blüten. Früher habe ich gedacht nur das Herabsetzen von dicken Körpern sein ein Problem. Wenn ich sehe wie Menschen, die Abnehmen wollen dies abgesprochen wird (Diätwahn, Hungerhaken) und wie Übergewicht, das aus meiner Sicht tatsächlich ein gravierendes gesundheitspolitisches Problem darstellt, verharmlost wird.