Wir betreuen auf der Arbeit eine Flüchtlingsfamilie intensiv, denen wir ermöglicht haben, bei uns zu wohnen. Es ist sehr zeitintensiv und die Kollegen sitzen auch öfter mal Mitternacht mit deren Kindern beim Notdienst oder über 3 Stunden beim Elternabend im Kindergarten. Die Frau fühlt sich trotzdem oft einsam. In Syrien verbringen Frauen oft den Alltag miteinander und wir arbeiten stattdessen, das ist nicht einfach zu vermitteln. Mit anderen Syrern wollen sie nicht, weil die auch so unterschiedlich sind und ich vermute, auch nicht über Flucht und Krieg reden wolllen, um das nicht immer wieder zu aktivieren. Man merkt aber auch, es ist auch schon in Syrien schwierig gewesen.
Wir organisieren hier auch intensiven Deutschunterricht und gemeinsames Kochen und Treffen von Flüchtlingen generell. Das ist in der Gruppe ziemlich problemlos.
Interessanterweise ist es in unserer Familie mit dem Mann einfach, mit der Frau komplizierter. Die sind supernett und sehr dankbar, aber ich selbst hab auch noch ein Problem mit der Kopftuchproblematik und ich schätze, das kommt noch geballter, wenn die Frauen und Kinder nachziehen. Vielleicht bin ich indoktriniert und hab das Problem nur deswegen, aber ich sehe da nicht den freien Willen, den die immer behaupten.
Für mich ist auch diese sehr tiefe Religiösität fremd, ich sehe aber, dass denen genau das die Erlebnisse im Land und auf der Flucht ganz anders hinnehmbar gemacht hat. Folter als Gottes Wille z.B. Die reden fast nie darüber, da es dazu hier so gut wie keine Resonanzfläche gibt.
In weiten Teilen DDR galt Religion als mittelalterlicher unwissenschaftlicher Aberglaube, bekennende Christen konnte man bei uns mit der Hand abzählen. Wir hatten eine in der Klasse, von 40 Schülern. Außer Großeltern, die fast durchgängig religiös waren, kannte ich niemanden durch meine gesamte Kindheit und Jugend. Jetzt nach einem Jahr, merkt man, dass die Herausforderungen andere sind als die, von denen man es anfangs dachte.
Ich hab mir vorher auch nie Gedanken darüber gemacht, dass man syrischen Frauen leid tun könnte, "weil wir so viel arbeiten und zu wenig den Männern überlassen können." und einiges andere mehr. Hm.