Nein, das hat sie nicht gesagt. Sie hat gesagt, das Gedicht sei "bewusst verletzend", das ist etwas anderes und hat zudem nicht den Zusammenhang zu der Satire hergestellt. Und damit hat sie impliziert, dass eine Beleidigung vorliegt.
Ich wundere mich immer noch, dass Merkel nun ein Hang zur Rechtsstaatlichkeit unterstellt wird, wo sie sich doch in letzter Zeit um Gesetze und Abkommen einen Dreck geschert und massive verfassungsrechtliche Bedenken bezüglich ihrer Vorgehensweise einfach mal locker flockig vom Tisch gewischt hat. Und letztere kamen ja nicht von Vollidioten, sondern von zahlreichen ehemaligen Verfassungsrichtern, Universitätsprofessoren und Anwälten. Aber nein, da gibt die Linke mal lieber ein Gutachten bei Bundestagsjuristen (sic!) in Auftrag, dass das alles schon so seine Richtigkeit hat oder Herr Maas stellt sich an ein Mikrofon und plappert, ohne es in irgendeiner Form auch nur annähernd juristisch zu begründen, man befände sich in vollem Einklang mit den Gesetzen und der Verfassung.
Das ist doch mal richtige Satire. Brillant fand ich auch seine Äußerung zu dem Gutachten von Udo di Fabio, er habe es zwar nicht gelesen, aber selbst wenn, müsse das ja nicht richtig sein. Irgendwie erinnert mich das an die Äußerungen von Merkel in einem anderen Zusammenhang - keine Ahnung von Sachverhalt, aber Hauptsache widersprochen.
Und dann schließt Europa getrieben von Frau Merkel einen menschenrechtlich erbarmungswürdigen Deal mit der Türkei ab und nun wird Merkel für ihr Eintreten für die Rechtssaatlichkeit gefeiert, weil sie dem Diktator Erdogan den Schutz seiner "Ehre" gewährt, den er sich auch über § 185 StGB einklagen kann. Und plant gleichzeitig, den verfassungsrechtlich sowieso ausnehmend fragwürdigen und veralteten Paragraphen § 103 StGB erst 2018 abzuschaffen, damit sich Erdogan bis dahin noch munter durch alle Instanzen klagen kann.
Einer Person wie Merkel, die Rechtsstaatlichkeit nach Belieben und nach ihrem Gutdünken einfach mal an und ausschaltet, kann ich leider die Absicht, sich hier ausschließlich an bestehende Gesetze halten zu wollen, nicht abnehmen. Vielleicht sollte sie lieber einmal die neueren Gesetze studieren, als sich an eines von 1871 zu klammern.
Und dann werfen wir abschließend doch nochmals einen Blick auf den umstrittenen § 103 StGB und dessen Voraussetzungen - hier gibt es zwei juristisch sehr interessante Abhandlungen dazu, die auch auf den Kontext zur Satire Stellung nehmen. Besonders pikant ist hier der Schutzzweck des § 103 StGB - der Schutz der deutschen Rechtsordung vor ausländischer Einmischung. Ich würde sagen, da ist im Fall Böhmermann ja der Schutzzweck voll erfüllt worden - willkommen in Absurdistan:
http://www.juraexamen.info/jura-und-...nienkompetenz/
http://www.juraexamen.info/erdogan-v...2%A7-103-stgb/
Ein netter Artikel, aber bedauerlicherweis hat Herr Augstein hier eines übersehen, und zwar den § 104 a StGB, der die Voraussetzungen für die Strafverfolgung festlegt. Die türkische Regierung muss ein sogenanntes "Strafverlangen" stellen, was sie getan hat. Und die Bundesregierung muss eine "Ermächtigung" erteilen, damit die Staatsanwälte wegen Beleidigung von ausländischen Staatsorganen ermitteln dürfen. und das das ist allein eine
politische Entscheidung. Womit wir also wieder bei der Politik und nicht bei einem juristisch eindeutig zuordenbaren Sachverhalt wären, wie hier aber von Herrn Augstein suggeriert wird. Und wie diese politische Entscheidung ausgefallen ist, ist ja bekannt. Ein Schelm, der hier den Zusammenhang zum Flüchtlingsdeal mit dem Diktator, der in seinem Land reihenweise Menschenrechtsverletzungen begeht, herstellt.
Wo bitte soll eine Verletzung der Rechtsstaatlichkeit liegen, wenn die Bundesregierung auch ohne Weiteres politisch hätte anders entschieden können und es nur eine Strafverfolgung nach § 185 StGB gegeben hätte? Auch das wäre vom Gesetz gedeckt gewesen.