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Thema: LyrikliebhaberInnen unter uns?

Hybrid-Darstellung

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  1. #1
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    Zur Feier des Sonnenscheins am heutigen Tag:

    Frühling von Theodor Fontane

    Nun ist er endlich kommen doch
    In grünem Knospenschuh;
    »Er kam, er kam ja immer noch«,
    Die Bäume nicken sich's zu.

    Sie konnten ihn all erwarten kaum,
    Nun treiben sie Schuß auf Schuß;
    Im Garten der alte Apfelbaum,
    Er sträubt sich, aber er muß.

    Wohl zögert auch das alte Herz
    Und atmet noch nicht frei,
    Es bangt und sorgt: »Es ist erst März,
    Und März ist noch nicht Mai.«

    O schüttle ab den schweren Traum
    Und die lange Winterruh:
    Es wagt es der alte Apfelbaum,
    Herze, wag's auch du.
    "To get back my youth I would do anything in the world, except take exercise, get up early, or be respectable." - Oscar Wilde

  2. #2
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    Alles, was zu besitzen sich lohnt, lohnt auch, daß man darauf wartet. Marylin Monrone
    Die Kunst eines erfüllten Lebens ist die Kunst des Lassens: zulassen - weglassen - loslassen.

    Was wir spüren, hinterlässt Spuren.

  3. #3
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    Wie man sich irren kann

    Ich hielt dein Herz einst für ein tiefes Meer,
    Auf dessen Grund viel edle Perlen lägen.
    Beim Tauchen fand ich alle Muscheln leer,
    Scheußlich Gewürm nur tat die Tiefe hegen.
    Ich fand den Schwertfisch roher Wankellaunen,
    Das Molchgezücht der Heuchelei und Lüge -
    Entsetzen fasste mich und schmerzlich Staunen,
    Ist's möglich, dass die Außenseit' so trüge.

    Die Oberfläche war so spiegelglatt,
    Die Flut schien mir so durchsichtig und helle,
    Sie ließ nicht ahnen, was die Tiefe hat,
    So manchen Riff, so manche Klippenstelle.
    Die Leidenschaften, die dort schrecklich stürmen,
    Sind wildverzerrte, scheußliche Gestalten,
    Die bald sich flieh'n, bald aufeinander türmen,
    Im steten Kampf als feindliche Gewalten.

    Ich hing an einem spitzen Felsenriff,
    Vom Wogensturm zerwirbelt und zerschlagen;
    Da hat mich einer Welle kühner Griff,
    Zur Oberfläche rasch zurückgetragen.
    Am Ufer lieg' ich nun mit meinen Wunden,
    Und keine Hand kann Balsam für sie pressen,
    Denn was ich in der dunkeln Tief' gefunden,
    Kann ich im Sonnenlichte nicht vergessen

    Zitz, Kathinka (1801- 1877)

  4. #4
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    Blatt im Wind

    Lass mich das Pochen deines Herzens spüren,
    dass ich nicht höre, wie das meine schlägt.
    Tu vor mir auf all die geheimen Türen,
    da sich ein Riegel vor die meinen legt.

    Ich kann es, Liebster, nicht im Wort bekennen,
    und meine Tränen bleiben ungeweint,
    die Macht, die uns von Anbeginn vereint,
    wird uns am letzten aller Tage trennen.

    All meinen Schmerz ertränke ich in Küssen.
    All mein Geheimnis trag ich wie ein Kind.
    Ich bin ein Blatt, zu früh vom Baum gerissen.
    Ob alle Liebenden so einsam sind?

    Mascha Kaléko

  5. #5
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    1968

    Alles nahm der Krieg
    So klagten die Alten
    Die Jungen
    Den Tod noch auf den Schultern
    Lachten
    Die stürzten
    Schwer versehrt
    Kopfüber in den Frieden
    Und bauen
    Fernab vom Wirtschaftswunderland
    Sich aus der Asche eine eigene Welt
    Schön wild und schräg
    Und lebten Leben dreifach
    Und Liebe ebenso
    Ich habe es gesehen

    Gerlind Reinshagen

  6. #6
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    Spätsommer

    Noch schenkt der späte Sommer Tag um Tag
    Voll süßer Wärme. Über Blumendolden
    Schwebt da und dort mit mildem Flügelschlag
    ein Schmetterling und funkelt sammetgolden.

    Die Abende und Morgen atmen feucht
    Von dünnen Nebeln, deren Naß noch lau.
    Vom Maulbeerbaum mit plötzlichem Geleucht
    Weht gelb und groß ein Blatt ins sanfte Blau.

    Eidechse rastet auf besonntem Stein,
    Im Blätterschatten Trauben sich verstecken.
    Bezaubert scheint die Welt, gebannt zu sein
    In Schlaf, in Traum, und warnt dich, sie zu wecken.

    So wiegt sich manchmal viele Takte lang
    Musik, zu goldener Ewigkeit erstarrt,
    Bis sie erwachend sich dem Bann entrang
    Zurück zu Werdemut und Gegenwart.

    Wir Alten stehen erntend am Spalier
    Und wärmen uns die sommerbraunen Hände.
    Noch lacht der Tag, noch ist er nicht zu Ende,
    Noch hält und schmeichelt uns das Heut und Hier.

    Hermann Hesse

  7. #7
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    So schön.
    Alles, was zu besitzen sich lohnt, lohnt auch, daß man darauf wartet. Marylin Monrone
    Die Kunst eines erfüllten Lebens ist die Kunst des Lassens: zulassen - weglassen - loslassen.

    Was wir spüren, hinterlässt Spuren.

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