Hallo Ihr,

gleich vorneweg bitte ich um Entschuldigung, dass ich mir extra für dieses Problem einen neuen Namen zugelegt habe, aber keinesfalls möchte ich, dass durch irgendeinen dummen Zufall dieser Beitrag meinem Arbeitgeber mit realem Namen bekannt wird. Ich bin schon viele Jahre hier, durch Treffen und Tausch ist mein echter Name vielen bekannt.

Zu meinem Dilemma.
Ich arbeite seit einigen Jahren in einer Unternehmensberatung, bin direkt meinem Chef zugeteilt als Assistentin und bereite mit und für ihn Projekte vor.
Es ist recht klassisch, er ist der Mann vor Ort, ich bin die Frau im Hintergrund (nicht seine Sekretärin).
Letztes und vorletztes Jahr hatten wir eine ziemliche Flaute umso dankbarerer sind wir alle, dass es seit Winterbeginn richtig brummt (wir sind quasi dankbar für jedes Projekt).
Mein Chef hat zum Winter einen neue Kunden an Land gezogen, der startete mit uns ein Projekt, mittlerweile sind es fünf.
Bei dem Kunden handelt es sich um Rüstungsindustrie.
Ich versuche das emotionslos zu beschreiben, gleichzeitig kommt mir die Galle hoch!
Ich lese worüber sie in den Meetings diskutieren, welche Ergebnisse sie erzielen möchten, was sie bereits geschafft haben... es geht um Mörser, Zünder, Patronen, Raketen... und wir "beraten" sie darin wie sie höher, schneller, weiter (was? schießen???) können?
Meinem Chef geht es nicht ums Produkt, er kann seine beratende Tätigkeit in allen Bereichen ausführen, genauso hatten wir bereits Krankenhäuser oder Behörden als Kunden.

Ich merke wie ich damit ganz schlecht klar komme
Ich bin Pazifist, ich lehne das von ganzem Herzen ab und nun bin ich ganz unverhofft hinein gerutscht.
Zwar nicht als aktiver Part (ich bin nicht beim Kunden, ich mache ja "nur" die Hintergrundarbeit), aber dennoch arbeite ich da in eine Richtung, die ich moralisch für mich überhaupt nicht vertreten mag.

Für mich ist das aktuell ein unlösbares Dilemma.
Anfangs dachte ich "okay, ein Projekt, das geht vorüber", auch wenn es mich abstieß, aber jetzt lese ich den ganzen Tag nichts anderes, da die Firma uns gut beschäftigt.
Ich weiß nicht wie mein Chef persönlich darüber denkt, aber ich weiß, dass er aus wirtschaftlichen Gründen keinesfalls die Aufträge ablehnen könnte.
Gleichzeitig weiß ich auch, dass ICH aus wirtschaftlichen Gründen keinesfalls meinen Job einfach aufgeben könnte. (nein, so leicht würde ich definitiv nichts Neues finden - abgesehen davon, dass ich meinen Job sehr mag)

Mir macht das ziemlich zu schaffen mittlerweile, früher habe ich Zielvereinbarungen des Kunden bearbeitet wie am Fließband, jetzt läuft mein Kopfkino, wenn ich die Ziele lese (Ihr wisst schon, höher schneller weiter...)

Warum ich das hier schreibe kann ich gar nicht so genau sagen, die große Lösung wird mir keiner bieten können, aber einen Denkanstoß oder Eure Meinung dazu würde mich sehr interessieren.
Früher hätte ich gesagt "mache ich nicht, da bin ich sofort weg", heute habe ich eine Familie, die mit meinem Gehalt versorgt werden muss und da stehen sich Theorie und Praxis gegenüber.

Ziemlich verzweifelte Grüße