Teil 1

Ich bin jetzt 42 Jahre alt und rauchte ca. seit meinem 15. Lebensjahr, ca. 20 – 30 Stück am Tag, manchmal mehr. Seit 2,5 Jahren bin ich Nichtraucherin.

Lange Zeit konnte ich mir überhaupt nicht vorstellen, mit dem Rauchen aufzuhören. Ich wollte das nicht, ich rauchte ja gerne und nicht etwa weil ich süchtig bin. Ausserdem hatte ich (leider) nie extreme Erscheinungen wegen dem Rauchen wie z.B. einen schlimmen Raucherhusten morgens.

Ich hatte früher einige halbherzige Versuche hinter mich gebracht, damit aufzuhören, aber eigentlich wollte ich ja nicht aufhören. Ich rauchte ja schliesslich gerne und nicht etwa weil ich süchtig bin. Eimal hatte ich eine fürchterliche Erkältung und zu der Zeit hatte ich auch erst ca. 4 Jahre geraucht und es fiel noch nichtmal sehr schwer, nicht zu rauchen. Das nächste Mal war es zusammen mit einigen Arbeitskollegen, weil die anderen sich über den Qualm beschwerten. Einmal war es, weil mein Partner plötzlich mit dem Rauchen aufhören wollte und ich mich verpflichtet fühlte, da mitzumachen. Aber ich fing immer gerne wieder mit dem Rauchen an.

Vor 5 Jahren lernte ich dann meinen Mann kennen. Er war sein Leben lang Nichtraucher, fühlte sich aber durch meine Qualmerei überhaupt nicht gestört. Wirklich nicht. Auch in total verqualmten Kneipen etc. hat er kein Problem. Als ob er überhaupt nicht dafür empfänglich wäre. Ich dachte manchmal wenn wir nach Hause kamen „Puh, hier muss dringend mal gelüftet werden“, ihm fiel das gar nicht auf. Von daher kam von ihm auch nie ein Wort in der Richtung, ob ich nicht endlich mal die Raucherei aufgeben wollte oder so. Das einzige war ab und zu mal eine Bemerkung wegen der Gesundheit, aber auch das nicht aufdringlich.

Trotzdem könnte das irgendwas in mir ausgelöst zu haben. Plötzlich fing ich an, mich mit dem Gedanken zu beschäftigen, wie es wäre, nicht mehr zu rauchen. Das war lange Monate bevor ich aufhörte zu rauchen.

Anfangs war die Vorstellung unvorstellbar. Ich rauchte doch schliesslich gerne! Ich rauchte doch nicht weil ich süchtig war!

Allein bis ich diesen Gedanken zugelassen habe war ein ziemlich langer Prozess. Es vor mir selber (geschweige denn vor anderen) zuzugeben, dass ich süchtig bin nach diesem Zeug. Dass ich mir ein Leben ohne nicht vorstellen kann. Was sollte ich denn mit der ganzen Zeit anfangen, in der ich jetzt rauche? Wie soll ich eine lange Autofahrt, Bahnfahrt oder Flug ohne Zigaretten überstehen? Wie das Warten auf Zug oder S-Bahn oder sonst irgendwas? Was soll ich nach dem Essen ohne Zigarette machen? Wie soll ich ohne Zigarette telefonieren? Am Computer sitzen? Auf dem Balkon sitzen und lesen? Fernsehen? Putzen ohne Zigarette? Bügeln? In der Badewanne sitzen?
Ihr merkt schon, ich war ein ziemlich hartnäckiger Fall weil eigentlich habe ich überhaupt nichts gemacht ohne zu rauchen (ausser schlafen, duschen und Sport im Fitnesszentrum. Danach aber SOFORT eine anstecken!!).
Wie gesagt, das war Monate vor dem Aufhören und nachdem sich dieser Gedanke erstmal im Kopf festgesetzt hatte, war ich sehr viel in diversen Foren unterwegs, auf entsprechenden Seiten im Internet, habe Bücher gelesen usw. usf.

Trotzdem habe ich dabei noch nicht wirklich ans aufhören gedacht. Jedenfalls nicht richtig. Ich konnte mir einfach ein Leben ohne Zigarette nicht vorstellen!

Die Erfahrungsberichte vieler Exraucher haben mich auch nicht gerade ermutigt. Ich habe eigentlich wenig über Leute gelesen, denen es leicht fällt. Die meisten leiden unter physischen und psychischen Entzugserscheinungen. Verlangensattacken, Schmacht, Unleidigkeit, Aggresivität, Gewichtszunahme, usw. usf.

Ich haben Allen Carr und Lindinger gelesen. Ich habe sonst alles möglich gelesen. Es hat nicht KLICK gemacht.

Aber so nach und nach muss sich doch etwas getan haben. Meine Wahrnehmung änderte sich.

Ganz langsam wurde mir z.B. bewusst, dass die Situationen, in denen ich NUR rauche, weil ich sonst nichts zu tun habe, sehr selten sind, wie Warten auf jemanden oder etwas. Das ist eigentlich alles. Den Rest raucht man unbewusst nebenher. Wenn man sich das mal klar macht und seine Zigaretten wirklich nur noch raucht und sonst gar nichts tut – nicht lesen, nicht fernsehen, nicht computern, einfach nur rauchen – stellt man fest, wie langweilig und nervig das eigentlich ist, dass man jetzt seine Sucht befriedigen muss.

Als nächstes wurde mir klar, dass meine Angst, dass sich nach dem Aufhören alles Denken nur noch um die Zigarette dreht, völliger Blödsinn ist. Denn was mache ich denn als RAUCHER? Ich denke doch ununterbrochen an Zigaretten!! Habe ich noch genügend dabei? Habe ich genügend Kleingeld für die nächste Packung aus dem Automaten? Wo ist der nächste Automat / Kiosk / Laden / Kneipe etc. wo ich Nachschub bekomme? Hoffentlich ist der Film bald aus, damit ich endlich eine rauchen kann. Ob man wohl bei XY rauchen darf oder in der Kälte auf dem Balkon raus muss (dann würde ich eigentlich lieber auf den Besuch verzichten)? Nach XY kann i ch nicht in den Urlaub fliegen, da fliegt Condor nicht hin und alles andere sind Nichtraucherflüge. Nein, ich hab keinen Bock ins Museum zu gehen (und 3 Stunden keine rauchen zu dürfen). Was, in diesem Hotel gibt es nur Nichtraucherzimmer? Na dann lass uns doch lieber was anderes buchen obwohl das hier natürlich supertoll wäre, schade. Nimmt diese Besprechung denn nie ein Ende? Will ausser mir niemand eine rauchen gehen? Warum gibt es eigentlich immer mehr Nichtraucherbüros und man muss zum Rauchen rausgehen als wenn man aussätzig wäre. Warum haben riesenlange Züge nur noch einen Raucherwagen? Ob es in dem wohl noch Platz gibt? Oh gott, mein Feuerzeug ist leer, hoffentlich sind irgendwo Streichhölzer. Warum muss der mich ausgerechnet jetzt um eine Zigi anpumpen wo ich eh nur noch 2 habe. Die Aufzählung könnte weitergehen, aber ich denke, es ist klar, was ich meine.

Ende Teil 1